Wohnungsmarktlage

Wenn man das wollte, dann müsste man ein anderes Gesetz machen. Da stellt sich übrigens nicht die Frage nach den Kriterien oder Indikatoren einer angespannten Wohnungsmarktlage in den einzelnen Kommunen oder sogar in den einzelnen Stadtteilen. Ich sehe es genauso, dass dieser unbestimmte Rechtsbegriff ­ das wird eine Auseinandersetzung in den Kommunen, die solche Satzungen wollen ­ tatsächlich eine endlose Auseinandersetzung vor Gericht nach sich ziehen wird. Im Prinzip wälzt hier das Land die Verantwortung oder die Aufgabe der Festlegung der Gebietskulisse auf die Kommunen ab, die dann das Risiko tragen. Schwächere Kommunen, zum Beispiel mit schwieriger Haushaltslage oder mit umstrittener Wohnungspolitik, werden das nicht tun. Ich sage noch einmal: Deshalb werden wir kaum Städte haben, die von diesen Satzungsvollmachten Gebrauch machen werden.

Ein völlig anderer Gesetzentwurf würde bedeuten, dass die Gebietskulisse festgelegt werden muss. Die muss dann natürlich auch gerichtsfest sein. Es ist dann Aufgabe des Landes, dafür zu sorgen. Man kann auf die Wohnungsmarktbeobachtung zurückgreifen. Unter dieser Voraussetzung kann ich mir vorstellen, dass man in beiden Fällen und in anderen Fällen Möglichkeiten schafft, dass die Kommunen diese landesweiten Regelungen differenziert anwenden, indem sie bestimmte Ausnahmen erteilen, in denen dafür dann Indikatoren und Kriterien geschaffen werden, wann wir Ausnahmen erlauben.

Dadurch kann auch die Stadtentwicklung genauer gesteuert werden. Wenn ich ein ganzes Stadtgebiet unter einer solchen Verordnung habe und gezielt Ausnahmen machen kann, dann kann ich auch dort, wo eine Umnutzung in Gewerberaum erwünscht ist, diese Ausnahmen zulassen. Dann habe ich tatsächlich eine gezielte Wirkung, die ich beobachten kann.

Wir sind dafür, dass es eine möglichst weitgehende Regelung gibt, von der dann Ausnahmen diskutiert werden und politisch beschlossen werden können.

Jochen Ott (SPD): Dann schließt sich die Frage an Herrn Kiehle an. Sie haben gesagt, Sie glauben, dass Herr Schleicher das in Köln hinbekommt, aber viele Kommunen überfordert sind und Unterstützung brauchen.

Herr Kiehle, sind Sie mit mir der Auffassung, dass, wenn ein solches Unterstützungssystem aufgebaut werden kann, das Land dies besser allein machen kann und die Kommunen einbezieht, weil die Bürokratie ­ wenn wir beim Kollegen Schettler bleiben ­ die gleiche ist?

Knut Unger (Mieterforum Ruhr e. V., Bochum): Herr Ott, ich bin nicht mit Ihnen dieser Auffassung. Denn die Kommunen sollen durchaus diese Diskussion führen, sollen gebietsscharf festlegen, wo sie es machen wollen, und diese Satzung dann anwenden.

Eine landesweite Anwendung führt dazu, dass die sachlichen Voraussetzungen, die Gebiete mit erhöhtem Wohnungsbedarf ­ wie immer man das präzisiert ­, klar definiert werden müssten. Man kommt aus dieser Problematik überhaupt nicht heraus, sondern kommt in ein viel größeres Problem, weil dann für die Städte, die sozusagen aufgrund einer allgemeinen Analyse des Wohnungsmarkts erst einmal infrage kommen, sehr differenziert beschrieben werden muss, wo es geht und wo nicht.

Für Nordrhein-Westfalen halte ich das für eine nicht sinnvoll zu lösende Aufgabe.

Dann würde ich auch denen recht geben, die sagen, dass das dann ein ziemlich großer bürokratischer Aufwand ist.

Ich bin auch politisch der Meinung, dass man den Kommunen diese Verantwortung geben sollte. Auch in den Kommunen wird sich dann, wenn das Instrumentarium anwendungstauglich gemacht wird, eine Diskussion ergeben: Wo machen wir das?

Nehmen wir die Hustadt ­ ich bleibe bei dem Beispiel Hustadt ­ heraus? Machen wir nur ein paar Straßenzüge an der Seite? Da, wo das Gewerbe hin soll, nehmen wir es heraus. Es wird eine Diskussion darüber geben, die ich auf jeden Fall für produktiver hielte, als wenn diese Diskussion hier im Landtag stattfinden würde, mal abgesehen davon, dass sie im Landtag nicht stattfinden kann. Jedenfalls wäre der Ausschuss in der Legislaturperiode zeitlich ein bisschen überfordert.

Insofern finde ich gut, wenn Sie sagen, dass Sie auf die kommunale Ebene gehen wollen. Wenn das Instrument tauglich gestaltet wird, wird es eine eigene Bewegungskraft entfalten, und es wird auch zu Diskussionen in der Kommune führen.

Jochen Ott (SPD): Ich habe noch eine letzte Frage. Wenn Sie ­ zu Recht ­ sagen, dass man das im Landtag nicht im Einzelnen diskutieren kann, so hat der Landtag durchaus durch Exekutive Möglichkeiten, sozusagen Dinge zu steuern. Das wäre auch eine denkbare Variante.

Muss man nicht auch zu Rate ziehen, dass es zum Beispiel in bestimmten Märkten das Problem gibt, dass beispielsweise, wenn eine Kommune wie Köln, um beim Kollegen Schleicher zu bleiben, ein Problem angeht, aber die kleinen Kommunen drum herum andere Lösungen finden, die Kommunen in einem Wohnungsmarkt gemeinsam gesehen werden?

Beispiel: Kleine Kommunen um Köln herum beschließen, wir wachsen nicht mehr, wissen aber durch die Landesbetrachtung, dass in der Rheinschiene zwischen Köln und Bonn ­ Herr von Grünberg hat davon gesprochen ­ Wachstum stattfindet. Das heißt, es wird da definitiv mehr Einwohner geben. Wenn kleine Kommune um die Großstädte herum sagen, das sie nicht mehr wachsen, das heißt, dass sie nicht mehr ausweisen, sondern so groß bleiben, weil sie es nicht anders hinbekommen, hat das Konsequenzen für die Oberzentren, weil das die Einzigen sind, die durch Nachverdichtung eventuell dazu kommen können.

Jetzt sind wir noch nicht so weit und haben ­ wie in anderen Bundesländern oder im Aachener Raum ­ Regios, die schon zusammen denken. Das müsste dann kommunal regional entschieden werden, weil es eng zusammenhängt.

Aber wenn es so etwas nicht gibt und das Bundesland so groß ist, welche Zwischenebene haben wir, um solchen Phänomenen zu begegnen? Wir wissen über die Beobachtung, die es im Land gibt, natürlich sehr genau, was wachsende und was schrumpfende Regionen in Nordrhein-Westfalen sind. Darauf hat Kollege Unger zu Recht hingewiesen. Die Frage ist: Wie ist diese Zwischenebene zu sehen, die über die Interessen einzelner Kommunen hinausgeht?

Wolfgang Kiehle (WohnBund-Beratung NRW GmbH, Bochum): Herr Ott, das Problem haben Kommunen der Regionen, die sich unterschiedlich entscheiden, wie sie sich entwickeln wollen. Das haben Sie richtig beschrieben. Ob es eine Aufgabe ist, dieses Problem zu lösen, indem man den einen zu dem anderen bewegt, will ich dahingestellt lassen.

Mein Argument ist, dass mit den beiden Regelungen, die Sie hier ändern wollen, dem § 17 und dem § 40, Sie dieses Problem, das Sie beschrieben haben, gar nicht in den Griff bekommen. Ich wiederhole es: Dann wird die Erwartungshaltung an diese beiden Kleinstinstrumente völlig überzogen. Sie bekommen die unterschiedliche Entwicklung mit einer Zweckentfremdungsverordnung in Köln nicht geregelt. Habe ich Sie da falsch verstanden?

(Zuruf von Jochen Ott [SPD])

­ Nein. Das habe ich nicht gesagt. So habe ich das nicht wiedergegeben.

Jochen Ott (SPD): Aber dieses Gesetz, das hier vorgelegt worden ist, diskutieren wir ja hier! Das ist nicht dazu da, die Welt zu retten. Frau Schneckenburger hat zu Recht darauf hingewiesen, dass es eine Enquetekommission gibt ­ zum Leidwesen, wie es Herr Unger beschrieben hat ­, die sich vorgenommen hat, bestimmte Grundsatzfragen zu klären. Wir müssen im Zusammenhang mit der Wohnraumförderpolitik

­ da hat Herr von Grünberg die Rahmenbedingungen aus Mietersicht genannt ­ sehr grundsätzlich die Frage der Wohnungspolitik in NRW angehen.

Das sind jetzt konkrete Instrumente, die im Koalitionsvertrag beschrieben sind, die in die Umsetzung kommen. Jetzt geht es um die Frage: Wie werden die umgesetzt?

Dazu dient die Befragung.

Der erste Teil der Darstellung war: Wenn überhaupt, dann die Kommunen, weil die näher dran sind. Herr Unger sagt: Besser wäre es aber, das landesweit zu regeln.

Ich frage jetzt: Kann es bei diesen Instrumenten nicht sinnvoll sein, oder müsste es nicht eigentlich eine Ebene dazwischen geben, weil Wohnraumbetrachtungen nicht nur kommunal, sondern regional zu betrachten sind? Ist da nicht das Land im Sinne von Herrn Unger der richtige Player, nur mit dem Problem, dass das Bundesland Nordrhein-Westfalen deutlich größer ist als andere Bundesländer? Ich frage nur, was die Instrumente und die Zwischenebene angeht.

Wolfgang Kiehle (WohnBund-Beratung NRW GmbH, Bochum): Wenn Sie da eine Zwischenebene schaffen können, könnte man darüber diskutieren. Aber wir haben diese Zwischenebene nicht.

(Jochen Ott [SPD]: Das reicht mir! Danke!)