Altenpflege

Reiner Limbach (AG der kommunalen Spitzenverbände NRW): Aus rechtlichen Gründen sind sie auf jeden Fall refinanzierbar. Wir reden ja auch über die Rechtssicherheit dieser Regelung. Das würde ich an der Stelle für unkritisch halten.

Dr. Peter Hoppe (LWL): Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Veldhues, Sie haben nach den Erhebungsterminen gefragt, was vier Termine anstatt zwei Terminen für das Verwaltungsverfahren bedeuten würden. Man könnte einen geringen Mehraufwand annehmen, wenn die Zahlungen in solchen Verwaltungsverfahren immer problemlos liefen. Die Erfahrungen, die wir in der Zeit gemacht haben, als wir die Verfahren nach altem Muster durchgeführt haben, sind aber andere. Problematisch und zeitaufwendig in der Bearbeitung ist es, wenn Einrichtungen nicht oder nicht sofort in der Lage sind, die Zahlbeträge zu entrichten.

Dann sieht ein geordnetes Verfahren vor, dass Stundungsanträge gestellt werden.

Diese müssen bearbeitet und da, wo keine Zahlungen erfolgen, auch vollstreckt werden. Da gibt es keinen Ausweg, denn das Verfahren muss sicherstellen, dass die Zahlungen erfolgen. Deswegen müssen wir dem konsequent nachgehen. Das ist nur ein Teil des Verfahrens, aber ein sehr zeitaufwendiger Teil, weil zum Beispiel bei Stundungsanträgen immer die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des betroffenen Einrichtungsträgers zu prüfen ist. Dieser aufwendige Teil wird sich bei mehr Zahlterminen prozentual erhöhen. Er wird sich bei zwei statt vier Terminen verdoppeln, weil dann nicht nur an zwei Terminen Stundungsanträge gestellt werden, sondern an vier.

Entsprechend stark wird der Verwaltungsaufwand in diesen Bereichen ansteigen.

Vorsitzender Günter Garbrecht: Sieht der Landschaftsverband Rheinland das ähnlich, oder gibt es da eine andere Einschätzung?

Gabriele von Berg (LVR): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir sehen das ähnlich. Das gilt für beide Landschaftsverbände gleichermaßen.

Thomas Kutschke (Pflegerat NRW / BLGS): Die Frage nach der Grundlage der 2.500 Stellen ist noch offen. Die Zahlen stammen aus der Landesberichterstattung Gesundheitsberufe NRW 2010. Als Grundlage sind Vollkostenstellen hinterlegt, also nicht fehlende Personen, sondern Vollzeitstellen.

Auf die Frage des Übergangs von der Helfer- in die Fachkraftausbildung habe ich nicht reagiert, weil ich nur die Zahlen des zuständigen Ministeriums kenne. Nach den Zahlen von 2008 geht ein Drittel der Helfer in die Fachkraftausbildung, es wechseln also 33 %.

Noch kurz zu dem Bedarf: Wenn mehr Ausbildungsplätze angeboten werden sollen, wird ein neues Nadelöhr entstehen, nämlich das der Lehrer. Es fehlt zurzeit an hochschulisch qualifizierten Pflegekräften, die in der Lehre tätig werden können. Dazu finden schon Sitzungen statt. Der Ausbau der Studienplätze in NRW ist lobenswert, aber da wird ein neues Nadelöhr entstehen. Es muss deutlich mehr in den hochschu lischen Pflegeausbildungsbereich investiert werden, um weitere Lehrkräfte und sonstige Hochschulkräfte zu gewinnen.

Vorsitzender Günter Garbrecht: Sind alle Fragen aus der letzten Fragerunde beantwortet? ­ Dann gehen wir jetzt in die dritte Fragerunde.

Michael Scheffler (SPD): Wir reden ja nicht nur im Bereich Pflege über einen Fachkräftebedarf, sondern auch in anderen Berufszweigen. Da spielt auch das Thema „Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse" eine Rolle. Deswegen will ich die Arbeitsgemeinschaften der kommunalen Spitzenverbände und der Freien Wohlfahrtspflege sowie den Verband der kommunalen Senioren- und Behinderteneinrichtungen fragen, was die Politik tun kann, um ausländische Bildungsabschlüsse eher anzuerkennen, um die Anerkennung zu erleichtern. Ich beziehe das ausdrücklich auf die Menschen, die heute schon bei uns sind und vielleicht als Hilfskräfte in den Einrichtungen tätig sind.

Wir alle können uns sehr viele Gedanken darüber machen, wie wir das Ausbildungsplatzangebot verbreitern. Dazu gehört für mich auch die ganz wichtige und zentrale Frage: Was können Sie als Träger und wir als Politiker tun, um das Image der Altenpflege in der Öffentlichkeit zu verbessern? Gibt es bei Ihnen Überlegungen, was man durch Öffentlichkeitsarbeit, Kampagnen, unter Umständen auch gemeinsam mit dem Land, tun kann? Wir haben vor einigen Jahren schon mal im Plenum dem damaligen Landtagspräsidenten eine Resolution überreicht. So etwas verpufft immer sehr schnell, man müsste wahrscheinlich etwas längerfristig angelegte Dinge auf den Weg bringen. Als Vorsitzender eines Fördervereins für ein Seniorenzentrum stelle ich immer wieder fest, dass der eine oder andere doch die Nase rümpft, wenn ein junger Mensch sagt: Ich gehe in die Altenpflege. ­ Der wird eher mitleidig angeguckt, als dass ihm gesagt wird: Das ist gut, das ist ein Beruf, der Gutes für die Gesellschaft tut und uns allen ­ wie ich immer gerne sage ­ auch sehr viel Last von den Schultern nimmt. Man darf nicht vergessen, dass sie für uns häufig Pflegedienste übernehmen, die wir sonst privat organisieren müssten.

Arif Ünal (GRÜNE): Der Fachkräftemangel in den Pflegeberufen ist schon seit Jahren in der Diskussion. Es gibt unterschiedliche Vorstellungen darüber, warum er entstanden ist und wie wir ihn lösen können. Einer der Gründe ist wahrscheinlich die Verweildauer im Beruf; denn dort findet ein sehr starker Wechsel statt. Gibt es über familienfreundliche Arbeitszeiten, Imageverbesserung usw. hinaus Maßnahmen, die wir auf der Landesebene ergreifen könnten, um den Fachkräftemangel ein bisschen zu entschärfen?

Zur Anerkennung ausländischer Fachkräfte: Es ist verkürzt, zu sagen, dass wir sie einfach abwerben. Wir werben nicht ab, sondern die Menschen sind mit ihren Qualifikationen hier. Es geht darum, wie wir mit ihnen umgehen, ob ihre Qualifikationen zum Beispiel vergleichbar mit deutschen Qualifikationen sind. Wenn nicht, welche Möglichkeiten hat diese Personengruppe, Fort- und Weiterbildung zu betreiben, damit sie gleich qualifiziert, anerkannt wird und in den Beruf einsteigen kann? So gese hen muss man für diesen komplizierten Sachverhalt andere Lösungen finden. Gibt es überhaupt eine Lösung in dem Bereich?

Diese Fragen richten sich an die Gewerkschaften und die Träger, die ausbilden, aber auch die kommunale Seite muss sich damit auseinandersetzen.

Vorsitzender Günter Garbrecht: Hinsichtlich der Darstellung, was die Frage von Herrn Dr. Romberg nach der sektoralen Aufteilung angeht, habe ich mir Ihre Stellungnahme, Herr Treiß, und auch die, die der Bundesverband privater Anbieter abgegeben hat, noch einmal angesehen. Es ist schon sehr erstaunlich, wie man unter Verwendung der gleichen Daten ­ der Pflegestatistik 2009 ­ zu völlig unterschiedlichen Auffassungen kommen kann. Ich erwarte jetzt keine Antwort von Ihnen, sondern wollte nur ­ damit es im Protokoll steht ­ darauf hinweisen, dass man, wenn man nicht die Trennung von SGB V und SGB XI vornimmt, was der bpa ganz offensichtlich gemacht hat, Sie aber nicht, zu völlig unterschiedlichen sektoralen Belastungen kommen kann.

(Christoph Treiß [Landesverband freie ambulante Krankenpflege NRW e. V.]: Dann habe ich aber bestimmt noch die Gelegenheit, einen Satz dazu zu sagen!)

­ Ja, selbstverständlich. Ich habe Sie ja angesprochen.

Der zweite Punkt ist von verschiedenen Seiten ausgeführt worden. Ich möchte den Vertreter der Pflegekassen ansprechen, weil es um eine Vereinbarung mit den Kostenträgern geht. In der Stellungnahme der Wohlfahrtspflege wird auf eine Vereinbarung in Rheinland-Pfalz eingegangen. Vielleicht könnten die Vertreter der Wohlfahrtspflege uns diese Vereinbarung zukommen lassen, wenn sie sich in deren Besitz befindet. Die Pflegekassen Nordrhein-Westfalens könnten sich sicherlich auch mit ihren Kollegen in Rheinland-Pfalz ins Benehmen setzen und den Ausschuss über den Stand der Vereinbarung in Kenntnis setzen, darüber, ob das auch eine Basis für Nordrhein-Westfalen wäre.

Reiner Limbach (AG der kommunalen Spitzenverbände NRW): Herr Scheffler hat nach der Anerkennung ausländischer Abschlüsse gefragt. Es geht weniger darum, Defizite beim Anerkennungsverfahren zu beheben, sondern vielmehr um die Frage:

Welche Anreizfaktoren können noch ausgebracht werden, um die Ansiedlung von Fachkräften zu unterstützen?

Ich mache es an einem Beispiel fest, da wir den Kreis auch jenseits der Pflege ziehen: Bei den Medizinern gehören ausländische Fachkräfte ­ egal, ob das Krankenhaus kommunal oder von einem freigemeinnützigen Träger getragen wird ­ schon heute zum Berufsalltag. Ganz konkret gibt es zum Beispiel in NRW Bestrebungen, Ärzte aus Österreich anzusiedeln. Solche Dinge scheitern letzten Endes nicht an der Anerkennung von ausländischen Abschlüssen, sondern sie stehen und fallen mit der Attraktivität der hiesigen Arbeitsbedingungen. Daher würde ich mich schwertun mit konkreten Hinweisen an das Land, wie die Anerkennung von ausländischen Abschlüssen verändert werden sollte.