Tarifverträge

Ausschuss für Wirtschaft, Mittelstand und Energie (20.) 18.10.

Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr (25.) diesen Punkt der Stabilisierung berücksichtigte. Darum ist im Gesetzentwurf auch ausdrücklich vorgesehen ­ das begrüßen wir ebenfalls ­, nicht einen Tarifvertrag zugrunde zu legen, sondern zu schauen, welche Tarifverträge repräsentativ sind. Dass in diesem Zusammenhang ein beratender Ausschuss vorgesehen ist, wird von uns ausdrücklich unterstützt ­ gerade unter dem Aspekt der Tarifautonomie.

Insofern will ich ­ ohne das zu wiederholen, was Herr Schlotzhauer gesagt hat ­ zur Unterstützung einfach deutlich machen, dass wir diesen Ansatz insgesamt ausdrücklich begrüßen.

Uwe David (Rheinbahn AG): Ich bin Betriebsratsvorsitzender bei der Rheinbahn Düsseldorf und möchte insofern eher aus Sicht der Arbeitnehmer sprechen. Deshalb habe ich mich in diesem Block zu Wort gemeldet. ­ Das Thema „repräsentativer Tarifvertrag" ist uns ganz wichtig. Die Arbeitnehmer in den öffentlichen Nahverkehrsunternehmen begrüßen diesen Anlauf, jetzt ein Tariftreuegesetz zu schaffen, ausdrücklich, zumal sie schon viele Jahre in Restrukturierung darauf warten, ein vernünftiges Tariftreuegesetz zu bekommen. Sie verbinden damit aber gerade die Hoffnung, dass man die Repräsentativität des Tarifvertrages berücksichtigt und damit anerkennt, dass es nur ein Tarifvertrag sein kann, der auch eine gewisse Durchsetzungskraft der Mitglieder bzw. der Arbeitnehmer organisiert, nicht aber ein Tarifvertrag, den ein paar Hundert von zig Tausend Arbeitnehmern mit einem Arbeitgeber abschließen.

In diesem Zusammenhang muss man Folgendes wissen: Wir haben den TV-N als Branchentarifvertrag um die Jahrtausendwende im ersten Schritt geschaffen. Das war auch Teil der Restrukturierung. Die Ziele waren außerdem, das Lohndelta zwischen verschiedenen Tarifverträgen ein Stück weit zu schließen, unsere Unternehmen in die Lage zu versetzen, am Wettbewerb teilzunehmen, und es den Kommunen zu ermöglichen, Kosten für den Nahverkehr zu sparen. Neben anderen innerbetrieblichen Regelungen haben wir da auch eine Menge gemeinsam getan.

Durch das Tariflohndelta kommen wir aber immer wieder in die gleiche Situation. Der Druck wird nämlich alle paar Jahre neu aufgemacht. Zuletzt war das Anfang 2010 der Fall, als die erste Anwendungsvereinbarung des TV-N auslief. Damals sagte uns unser Arbeitgeberverband: Wenn wir wieder die Fremdvergabe begrenzen sollen, müsst ihr noch einmal etwas in der Frage des Entgelts für die Fahrerinnen und Fahrer tun. Es gibt nämlich immer noch ein Tariflohndelta. Wir haben es leider gemeinsam nicht geschafft, hier zu einem Tarifvertrag zu kommen. ­ Daraufhin haben wir noch einmal eine abgesenkte Entgeltgruppe für neu einzustellende Kolleginnen und Kollegen eingeführt und uns damit auf 2019 gerettet.

Wenn es uns jetzt nicht gemeinsam gelingt, hier mithilfe der Politik dafür Sorge zu tragen, dass in dieser Branche ein Entgelt für Busfahrerinnen und Busfahrer sowie für Straßenbahnfahrerinnen und Straßenbahnfahrer gilt, sehe ich schon, dass ich im Jahr 2019, wenn ich dann noch im Amt bin, wieder unserem Arbeitgeberverband gegenübersitze und über das Tariflohndelta ­ das dann sicherlich immer noch vorhanden ist, weil immer wieder Organisationen mit wenigen bis gar keinen Mitgliedern

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Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr (25.) schlechtere Tarifverträge abschließen ­ sowie eine erneute Absenkung für meine Kollegen verhandele.

Unabhängig davon kommt natürlich fortwährend Druck auf uns zu. Als Betriebsrat müssen wir ständig versuchen, dem Tariflohndelta hinterherzulaufen, und zwar durch Maßnahmen, die wir, auch dem Druck geschuldet, innerbetrieblich mit den Arbeitgebern vereinbaren. Dabei handelt es sich um die Kürzung freiwilliger Sozialleistungen, Verschlechterungen der Arbeitszeit und Ähnliches mehr ­ immer unter der Ansage:

Wir müssen diesen Tariflohnunterschied noch aufholen; das ist eben der Wettbewerb; wir wollen ja auch alle Arbeitsplätze erhalten.

Insofern ist es für uns ganz wichtig, in Nordrhein-Westfalen gleichen Lohn für gleiche Arbeit zu bekommen und nicht über Pluralität von Tarifverträgen, wie es genannt wird, oder Mischkalkulation meine Kollegen in den kommenden Jahren weiter auf die Lohnrutsche nach unten zu setzen.

Vorsitzender Dr. Jens Petersen: Vielen Dank. ­ Dann können wir das Teilthema „Verkehr" verlassen und generell zu dem Block der Arbeitnehmervertreter und Gewerkschaften kommen, den wir bereits angerissen haben. Welche zusätzlichen Fragen gibt es dazu?

Wolfgang Zimmermann (LINKE): Meine Fragen richten sich an die Gewerkschaftsvertreter. ­ Erstens. Ich habe einige Probleme mit dem vorgesehenen Schwellenwert von 20.000. Kann diese Regelung nicht dazu führen, dass in vielen Bereichen Aufträge überhaupt nicht erfasst werden?

Zweitens. Welche Erfahrungen haben Sie in Rheinland-Pfalz, Bremen und Berlin gemacht? In Bremen beträgt der Schwellenwert lediglich 10.000, in Berlin gar nur

Darüber kann man trefflich streiten. Nichtsdestotrotz würde uns interessieren, wie die Erfahrungen damit aussehen.

Drittens. Welche Erfahrungen gibt es in den anderen Bundesländern in Bezug auf den immer wieder beschworenen Bürokratieaufwand?

Rainer Schmeltzer (SPD): Das war fast schon eine Steilvorlage. Ich will einmal die erste Frage an die Gewerkschaften aufgreifen. Welche Wirkungen hätte das Tariftreue- und Vergabegesetz nach Ihrer Bewertung, wenn der Schwellenwert noch wesentlich über die 20.000 angehoben würde, nämlich auf 50.000 bzw. 100.000 wie das bei den Statements im ersten Block angeklungen ist? In einigen schriftlichen Stellungnahmen ist diese Forderung auch erhoben worden.

Außerdem lässt mich das Thema „Präqualifikationsverfahren" nicht los. Wir haben von den Verkehrsunternehmen eben gehört, sie würden dieses Verfahren gerne nutzen; leider sei es bei ihnen noch nicht eingeführt. Wir haben von der Bauwirtschaft gehört, dass das Präqualifikationsverfahren zu deutlichem Bürokratieabbau führt.

Wären Sie als Gewerkschaften grundsätzlich bereit, über den Bereich der Bauleis

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Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr (25.) tungen hinaus mit Ihren Partnern, mit denen das dann zu verhandeln ist, weitere Präqualifikationsverfahren auf den Weg zu bringen?

Andreas Meyer-Lauber (Deutscher Gewerkschaftsbund, Bezirk Nordrhein-Westfalen): Ich glaube, dass Arbeitgeber und Gewerkschaften gut beraten sind, bei dem System zu bleiben, das lange gehalten hat ­ nämlich, Tarifverträge verbindlich abzuschließen, sie einzuhalten und zu schauen, dass nicht über unorganisierte oder auch als schmutzig bezeichnete Konkurrenz die Probleme im Markt bearbeitet werden. Meines Erachtens kann das Tariftreuegesetz einen wichtigen Beitrag dazu leisten, den Normalzustand wiederherzustellen. Insofern begrüßen wir es als Gewerkschaften grundsätzlich.

Man ist schon erstaunt, wenn die Verbände hier so vortragen, als habe niemand etwas mit denen zu tun, die Löhne unterhalb des im Gesetzentwurf genannten Mindestlohns zahlen. In Nordrhein-Westfalen gibt es etwa 1,5 Millionen Beschäftigte, die als weniger 8,50 in der Stunde verdienen. Scheinbar haben sie keine Arbeitgeber.

Ich bin manchmal schon ein bisschen verwundert darüber und frage mich, wo sie denn eigentlich beschäftigt sind.

Das heißt, dass wir an dieser Stelle ein wirkliches soziales und marktwirtschaftliches Problem zu lösen haben. Dieser Gesetzentwurf kann und muss dabei helfen. Das ist der Ausgangspunkt unserer Überlegung. Man kann sich dabei auf wirtschaftliche Vernunft beziehen. Man kann sich auch auf die Landesverfassung beziehen, in deren Art. 24 ein klarer Auftrag formuliert ist; ich verzichte darauf, jetzt die Einzelheiten darzustellen.

Zu den konkreten Fragen: Im Gesetzentwurf ist ein Schwellenwert von 20.000 vorgesehen. Wir halten diesen Wert noch für recht hoch. Der Effekt beim Schwellenwert ist nämlich ganz einfach ­ je höher er liegt, desto kleiner ist die Summe der Aufträge, die durch ihn erfasst werden. Wir meinen, dass man den Schwellenwert noch heruntersetzen kann. Andere Bundesländer haben es vorgemacht. Wir glauben, dass das funktioniert. Im Übrigen könnte man auch darüber nachdenken, ab welcher unteren Grenze man zum Beispiel die Pflicht der Nachweise reduziert oder sogar ganz beiseitelässt. Was die Straßenverkehrsordnung betrifft, müssen Sie auch nicht für das ganze Stadtgebiet nachweisen, dass Sie immer nur 50 km/h gefahren sind. Das ist ein ähnliches System. An bestimmten Stellen wird kontrolliert. Es erfolgt aber keine flächendeckende Kontrolle. Wir halten es für sinnvoll, dass das Tariftreuegesetz ab dem ersten Euro einer Vergabe als Grundregelwerk, nach dem öffentliche Aufträge bearbeitet werden, Gültigkeit hat. Der Bürokratieaufwand muss aber natürlich gering gehalten werden.

Herr Schmeltzer, was die Wirkung des Tariftreuegesetzes angeht, können wir uns ein bisschen auf das verlassen, was aus anderen Bundesländern berichtet wird. Neben der unmittelbaren Wirkung auf die öffentlichen Aufträge scheint mir insbesondere in den Bundesländern, in denen es schon länger funktionierende Tariftreuegesetze gibt, die Wirkung interessant zu sein, dass diese Gesetze weit über den staatlichen Bereich hinausstrahlen.