Wenn wir in einem Großteil der Gemeinden Städte und Kreise von NRW ein solches Angebot für die Preisstufe A hätten wäre das super

Ausschuss für Arbeit, Gesundheit, Soziales und Integration (25.) 08.11.

Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr (26.) Sozialticket. Meines Erachtens liegt es aber preislich außerhalb dessen, was ein ALG-II-Empfänger normalerweise aufbringen kann.

Wenn wir in einem Großteil der Gemeinden, Städte und Kreise von NRW ein solches Angebot für die Preisstufe A hätten, wäre das super. Es darf aber definitiv keine zeitliche ­ beispielsweise tageszeitliche ­ Einschränkung haben. Schön wäre auch eine Übertragbarkeit. Das Beispiel von Köln hat uns großen Mut gemacht, dass das funktionieren kann. Köln hat bei seinen Tickets eine Übertragbarkeit eingeführt, sodass mehrere Leute sich die ­ auch dort relativen hohen ­ Kosten eines Tickets teilen können. Das finde ich vorbildlich. Leider konnte sich der VRR nicht zu einer Übertragbarkeit entschließen.

Frau Butterwegge, der Aspekt der Stigmatisierungsfreiheit ist in diesem Zusammenhang ebenfalls wichtig. Die vom VRR jetzt praktizierte Lösung finde ich in diesem Punkt etwas unglücklich. Eine solche Karte hat nämlich erstens eine andere Farbe als die üblichen Monatskarten, und zweitens steht in dicken Lettern „Sozialticket" darauf. Dass das geschickt war, wage ich ernsthaft zu bezweifeln.

Frau Maaßen, Sie haben meine Äußerungen zu den Preisen angesprochen. Das ist nur ein scheinbarer Widerspruch. Auf der einen Seite habe ich bei der Beantwortung der Frage 9 geschrieben, dass es durchaus unterschiedliche Erfahrungen gibt, was sowohl die Gewinnung von Neukunden als auch den Rückgang von Schwarzfahrern und Graufahrern angeht. Hier verweise ich insbesondere auf Erfahrungen in Unna und in Köln ­ in Köln mit einer dicken Studie hinterlegt ­, nach denen die Neukundenanteile erheblich größer sind als nach den Dokumenten, die hier zur Anhörung vorliegen. Das ist alles schon bei der letzten Anhörung zum Sozialticket am 21. September 2009 dokumentiert worden. Dort finden Sie die Zahlen aus der Kölner Studie, die das im Einzelnen genau nachvollziehbar machen.

Auf der anderen Seite habe ich erwähnt, dass es Mehrerlöse gibt. Jeder Neukunde und jeder Mensch, der nicht schwarzfährt oder graufährt, bringt zunächst einmal zusätzliche Erlöse; das ist wohl keine Frage. Ich behaupte allerdings nicht, dass das auch zu einer wesentlichen Verbesserung der Wirtschaftlichkeit des Betriebes führt.

Wenn man aber allein auf der Erlösebene argumentiert ­ was ich angesichts des Themas, über das wir hier reden, nämlich Mobilitätsarmut, eigentlich für nicht zulässig halte ­, muss man auch über die Abwanderungen von Erlösvorteilen zu anderen Gemeinden und Betrieben reden. Die Kölner Verkehrs-Betriebe haben uns vorgemacht, wie man das besser handhaben kann, indem man die durch die Einführung eines Sozialtickets abfließenden wirtschaftlichen Vorteile, die man an einem Ort konstatieren muss, mit in die Gegenfinanzierung des Sozialtickets einbezieht. Das halte ich für wichtig, wenn man wirklich nur die Erlösseite betrachtet.

Ich habe das in der Antwort auf Frage 9 an einem Beispiel deutlich gemacht. So wird die Stadt Dortmund, die sich verrückterweise nicht an dem Sozialticket des VRR beteiligt, von der Einführung dieses Tickets indirekt wirtschaftlich profitieren; denn durch ein Sozialticket von Bochum ­ oder irgendeiner anderen Stadt ­ wird in Dortmund zusätzlicher Umsatz in Form von Zusatztickets generiert. Eigentlich müsste man die Dortmunder Stadtwerke verpflichten, den entsprechenden Betrag zur Finanzierung

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Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr (26.) des Sozialtickets in Bochum beizusteuern. Das passiert aber nicht. Der VRS hat das definitiv besser hinbekommen. Wenn man die Erlösseite betrachtet, muss man sie also auch komplett betrachten.

Stefan Koch (Sozialverband Deutschland, Landesverband Nordrhein-Westfalen): Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren! Herr Holtgrave hat mir jetzt vieles vorweggenommen, was ich unterstreichen und teilweise auch ergänzen kann.

Der Sozialverband Deutschland versteht sich als Interessenvertretung sozial benachteiligter Menschen. Insofern bewerten wir die Dinge natürlich immer aus einer sozialpolitischen Sicht und weniger unter fiskalischen oder wirtschaftspolitischen Gesichtspunkten.

Den Teilhabeaspekt, der mit einem Sozialticket und mit Mobilität im Allgemeinen verbunden ist, hat Herr Holtgrave herausgestellt. Ich kann aus Verbandssicht noch hinzufügen, dass auch Vereinsleben davon berührt ist, beispielsweise in einem Verband wie dem unseren.

Herr Holtgrave hat gesagt, dass er es schön fände, wenn es ein solches Angebot in jeder Stadt gäbe. Aus unserer Sicht muss es das auf jeden Fall in jeder Stadt geben; denn es kann nicht angehen, dass die Möglichkeit der Nutzung von Sozialtickets davon abhängig ist, in welcher Kommune man als sozial benachteiligter Mensch ­ sei es als Hartz-IV-Empfänger, als Leistungsempfänger nach Asylbewerberleistungsgesetz oder was auch immer ­ wohnt, ob nun in Essen oder in Dortmund oder in Wuppertal. Das wäre im Sinne gleichwertiger Lebensverhältnisse unseres Erachtens nicht akzeptabel.

Ich möchte noch einmal unterstreichen, dass es natürlich die beste Lösung wäre, wenn der öffentliche Personennahverkehr im Sinne der Daseinsvorsorge allen Menschen zu günstigen Konditionen ­ und auch barrierefrei; das sage ich als Vertreter eines Verbandes, der Menschen mit Behinderungen vertritt ­ zur Verfügung stände.

Dann wäre er für Leute am unteren Ende der Einkommensskala auch in finanzieller Hinsicht barrierefrei.

Der Preis für ein Sozialticket muss sich auch nach unserer Ansicht an dem Betrag orientieren, den der Gesetzgeber den Empfängern von Leistungen nach SGB II und SGB XII ­ das ist die Mehrheit der Betroffenen ­ zugesteht, damit sie ihren Mobilitätsbedarf in der Regel decken können. Das sind die genannten 18,41. Daran muss sich der Preis für ein solches Ticket bemessen.

Ich habe mir einmal die Preise im VRR angeschaut und das neue Sozialticket dabei ausgeklammert. Wenn man seinen Mobilitätsbedarf im jeweiligen Stadtgebiet heute mit Einzelfahrscheinen decken will, kann man für die 18,41 sieben bis acht Fahrten machen. Ein Monatsticket ohne Zeitbeschränkung kostet im Abonnement etwa 50 ist also weitaus teurer. Geht man davon aus, dass sich der Preis an dem im Regelsatz vorgesehenen Betrag zu orientieren hat, kommt man zu dem Schluss, dass auch die 29,90 für das jetzt eingeführte Ticket des VRR zu teuer sind. Immerhin sprechen wir hier von Einkommensbereichen, in denen das Verfügen über wenige

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Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr (26.) Euro mehr oder weniger im Monat entscheidende Wirkung hat, also spürbar ist. Aus dem im Regelsatz vorgesehenen Betrag ist ein etwas erhöhter oder hoher Mobilitätsbedarf im eigenen Stadtgebiet aktuell also nicht zu bestreiten.

Interessant wird es, wenn man sich die tarifzonenüberschreitenden Fahrten ansieht.

Ein Sozialanschlussticket ist beim Sozialticket des VRR nicht vorgesehen. Wenn die Betroffenen einmal in die Nachbarstadt fahren müssen ­ die beispielsweise im Ruhrgebiet oft nur wenige Kilometer entfernt ist ­, um dort beispielsweise den Facharzt aufzusuchen, für den sie sich im Rahmen der freien Arztwahl entschieden haben, kommen noch erhebliche Mehrkosten auf sie zu.

Grundsätzlich ist es problematisch, sich allzu sehr auf den Betrag von 18,41 zu konzentrieren; denn Leistungsempfänger nach SGB II oder SGB XII benötigen auch einen gewissen Dispositionsspielraum zwischen den verschiedenen Posten, die zugrunde gelegt worden sind. Die Regelsätze sind insgesamt sehr eng angelegt. Wenn jemand bei einem der theoretisch zugrundeliegenden Posten, beispielsweise bei der Gesundheitspflege, einen höheren Bedarf hat, muss er diesen Mehrbedarf bei einem anderen Posten einsparen. Daher muss man Betroffenen, die nur einen geringen individuellen Mobilitätsbedarf haben, die Möglichkeit geben, diesen Bedarf anders als mit einer Monatskarte zu decken. Insofern muss es unseres Erachtens auch rabattierte Einzelfahrscheine oder Mehrfahrtenfahrscheine geben.

Den im vorliegenden Antrag formulierten Einbezug von Niedriglohnempfängern in den Kreis der Berechtigten unterstützen wir ausdrücklich. Die Entscheidung, wo man die Grenze zieht, ist natürlich immer schwierig. Wenn schon geringfügige Überschreitungen der Bedürftigkeitsgrenze direkt vom Bezug ausschließen würden, fänden wir das aber problematisch ­ auch vor dem Hintergrund, dass man Tendenzen von Sozialneid verhindern sollte. Das könnte man hier ein wenig abpuffern.

Wozu ich nichts sagen kann, was ich aber problematisieren möchte, das ist die Frage, wie mit Sozialtickets für bezugsberechtigte Kinder umzugehen ist. Zu einem Kinder-Sozialticket habe ich bisher nichts vernommen. Die Regelsätze für Kinder sind allerdings niedriger als die Regelsätze für Erwachsene. Das müsste sich hier im Prinzip auch abbilden. Das Problem dabei ist, dass die Datenlage bei den Kinderregelsätzen intransparent ist. Wir wissen nicht, was für die einzelnen Posten zugrunde gelegt wurde. Insofern können wir jetzt auch nicht beziffern, wie teuer eigentlich ein Kinder-Sozialticket für die Bezugsberechtigten sein müsste.

Bezugsberechtigt sind auch Leistungsempfänger nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Sie erhalten ebenfalls wesentlich niedrigere Leistungen, die zu einem großen Teil durch Sachleistungen erbracht werden, sodass ihnen nur ein geringer Barbetrag zur Verfügung steht, aus dem meines Wissens auch der Mobilitätsbedarf bestritten werden muss. Auch hier stellt sich die Frage: Wie teuer müsste ein Sozialticket sein, das sich diese Gruppe von Menschen dann auch leisten könnte?

Was die Frage nach der Ausgestaltung betrifft, kann ich mich im Großen und Ganzen ebenfalls den Ausführungen von Herrn Holtgrave anschließen.