Inkasso

Rechtsausschuss 22.11.

19. Sitzung (öffentlicher Teil) nie der Unpfändbarkeit der Leistungen ausgegangen werden mit der Folge, dass auch eine Abtretung nicht möglich ist.

Die Deutsche Rentenversicherung Rheinland hatte unabhängig davon, dass sie gegen die entsprechende Aufsichtsanordnung des Sozialministeriums Klage beim LSG NRW erhoben hatte, erklärt, dass die aufgrund der Aufsichtsanordnung erforderliche Einzelfallprüfung, ob eine wirksame Abtretungserklärung vorliegt und ob die Inkassovollmacht den Interessen der Berechtigten dient, zu einer unzumutbaren Verzögerung bei der Abarbeitung der noch verbleibenden zu überprüfenden ZRBG-Fälle führen würde. Insoweit werden seit Zugang der Aufsichtsanordnung die Rentennachzahlungen nur noch unmittelbar an die Rentenberechtigten selbst ausgezahlt

Das beim LSG NRW in Essen anhängige Klageverfahren wurde zwischenzeitlich durch Klagerücknahme vom 14.03.2011 der Deutschen Rentenversicherung Rheinland beendet. Die aufsichtsrechtliche Anordnung vom 10.03.2010 i. d. F. des Änderungsbescheides vom 11.03.2011 hat damit Bestandskraft erlangt. ­ Soweit die Information des Ministeriums für Arbeit, Integration und Soziales dazu.

18. Dialog mit den Ghetto-Überlebenden Herr Dr. von Renesse schreibt Ihnen: „Dennoch verweigert das LSG NRW nach wie vor einen wirklichen Dialog mit den Überlebenden. Selbst zu einem für den 15.12.2011 angesetzten Symposium des Gerichts zum Thema der Ghettorente ist kein einziger Vertreter von ihnen als Vortragender eingeladen, obwohl gerade der Vorsitzende des internationalen Holocaust-Komitees, Noach Flug, der das Ghetto Lodz überlebt hat, oder das Mitglied des internationalen Vorstands der Jewish Claims Conference, Uri Chanoch, der im Ghetto Kaunas war, gerne an so einer Begegnung mitgewirkt hätten. Kritische Wissenschaftler, die selbst Erfahrungen aus Beweiserhebungen mit Überlebenden vor Ort gewonnen haben ­ wie zum Beispiel Stephan Lehnstädt oder Kristin Platt ­, wurden erst gar nicht ein- bzw. wieder ausgeladen. Vor diesem Hintergrund kann nur eine parlamentarische Aufarbeitung wirklich Abhilfe schaffen."

Meine Damen und Herren, die Angaben von Herrn Dr. von Renesse sind wieder ­ mindestens ­ lückenhaft:

Die Präsidentin des Landessozialgerichts bemüht sich insbesondere um den Dialog mit den Ghetto-Überlebenden. Deswegen hat sie im Rahmen der neu konzipierten Veranstaltungsreihe „Sozialrecht im Blickpunkt ­ Essener Sozialgerichtsforum" die Auftaktveranstaltung dem Ghettorentenrecht gewidmet. Zum Symposium „Ghettoarbeit und Rentenanspruch" wurden u. a. folgende Personen oder Institutionen eingeladen:

­ Zentralrat der Juden in Deutschland

­ Zentralrat der jüdischen Gemeinden Nordrhein

Rechtsausschuss 22.11.

19. Sitzung (öffentlicher Teil) nie

­ Michael Szentai-Heise, Geschäftsführer der jüdischen Gemeinde Düsseldorf

­ Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland

­ die jüdischen Gemeinden Duisburg, Mülheim, Oberhausen, Essen, Dortmund

­ Stiftung Erinnerung/Verantwortung/Zukunft

­ Dr. Kaufmann, Dr. Schwiderowski, „Alte Synogoge", Essen

­ Deutsch-Israelische Juristenvereinigung

­ Rechtsanwalt Dr. Himmelmann, Vorsitzender der Deutsch-Israelischen Juristenvereinigung.

Nur der Vollständigkeit halber teile ich mit, dass der von Herrn Dr. von Renesse benannte Herr Noach Flug bereits am 11. August 2011 verstorben ist.

Eingeladen wurden zudem als exponierte „kritische" Wissenschaftler Frau Dr. Kristin Platt, Ruhr Universität Bochum, Institut für Diaspora und Genozidforschung, sowie Herr Dr. Stephan Lehnstaedt, Deutsches Historisches Institut Warschau, Verfasser des Buches „Geschichte und Gesetzesauslegung".

Über die Anwaltskammern Köln, Düsseldorf und Hamm sind alle interessierten Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte eingeladen worden.

Zu den Referenten: Dr. Steinwedel ist Vorsitzender eines Rentensenats am Bundessozialgericht, Prof. Dr. Goschler, Ruhr Universität Bochum, ist Inhaber des Lehrstuhls für Zeitgeschichte mit einem Forschungsschwerpunkt „Geschichte der Juden in Deutschland nach 1945".

Vor diesem Hintergrund den Abgeordneten erklären zu wollen, der Dialog würde verweigert, ist mir unverständlich.

19. Befassung der Abgeordneten Herr Dr. von Renesse schreibt Ihnen: „Ich bitte vor diesem Hintergrund um die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses im Landtag. Ziel muss die vollständige Aufklärung der Mitverantwortung und des Regierungshandelns seit Juli 2010 in Bezug auf die vorgenannten Umstände bei der Behandlung von Ghettoüberlebenden durch nordrhein-westfälische Behörden und durch unzulässige Eingriffe der dem Justizminister unterstehenden Gerichtsverwaltung auf schwebende Gerichtsverfahren am LSG NRW sein. Im Ergebnis kann nur eine öffentliche Untersuchung in vollständiger Transparenz dazu führen, dass den Überlebenden des Holocaust wie allen anderen Verfahrensbeteiligten vor den Behörden und den Sozialgerichten in NRW in allen Fällen ein ordnungsgemäßes rechtsstaatliches und von unbefugten Eingriffen Dritter freies Verfahren zuteilwird. Das bedeutet insbesondere..."

Rechtsausschuss 22.11.

19. Sitzung (öffentlicher Teil) nie

Meine Damen und Herren, nach allem Gesagten besteht für mich kein Zweifel daran, dass den Überlebenden des Holocaust ein rechtsstaatliches Verfahren zuteilwird.

An dieser Stelle muss jedoch sehr deutlich darauf hingewiesen werden: Deren rechtsstaatliches Verfahren steht nicht im Zusammenhang mit den Karriereerwartungen von Herrn Dr. von Renesse. Er hat von 2006 bis Anfang 2010 Ghettorentenverfahren bearbeitet. Durch die von ihm als Erstem durchgeführten persönlichen Anhörungen der Klägerinnen und Kläger hat er sich hohes Ansehen ­ auch international ­ erworben.

Nach dem Bericht der Präsidentin sind diese Verfahren nach einer Rechtsprechungsänderung des Bundessozialgerichts im Wesentlichen zugunsten der Kläger nunmehr abgeschlossen. Die in Nordrhein-Westfalen anhängigen Ghettorentenverfahren bearbeiten Richterinnen und Richter nach Recht und Gesetz.

Zu der noch anhängigen Rechtsfrage hinsichtlich der Rückwirkung der geänderten Rechtsprechung wird sich das Bundessozialgericht aufgrund zahlreicher Revisionsverfahren äußern. Tatsächliche Fragen zu den unbestimmten Rechtsbegriffen des ZRBG sind aufgrund der Rechtsprechungsänderung weitgehend geklärt.

Davon klar zu trennen sind die Interessen von Herrn Dr. von Renesse. Sein Schreiben verbindet seine persönlichen Interessen mit den laufenden Ghettorentenverfahren. Diese Verbindung trägt aber nicht. Ihn betrifft ein abgeschlossenes Stellenbesetzungsverfahren, in dem er sich nicht mehr beworben hat, und ihn betreffen insbesondere Fragen der richterlichen Zusammenarbeit in den Jahren 2008 und 2009. Das sind Fragen, die er unabhängigen Gerichten stellen kann.

Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir zum Abschluss noch folgende Hinweise:

Die zahlreichen Vorwürfe von Herrn Dr. von Renesse sind durch verschiedene Stellen ­ insbesondere auch durch das unabhängige Richterdienstgericht ­ umfassend geprüft worden. Sie haben sich bislang sämtlich als unberechtigt erwiesen.

Nach meiner Überzeugung haben wir alle ein großes Interesse daran, den Ghetto-Überlebenden zu ihrem Recht zu verhelfen. Ihnen wird vor den nordrheinwestfälischen Sozialgerichten ein uneingeschränkt rechtsstaatliches Verfahren gewährleistet.

Es muss uns deshalb als Bürger wie als Rechtspolitiker ein wichtiges Anliegen sein, dass das Ansehen der Sozialgerichtsbarkeit und der Justiz insgesamt ­ auch mit Blick auf die internationale Wahrnehmung ­ nicht beschädigt wird.

Peter Biesenbach (CDU): Herr Minister, auch ich sage Ihnen ­ und das sage ich nicht allzu oft ­ herzlichen Dank für die Ausführungen: Sie waren sehr umfangreich, und sie waren auch sehr detailliert ­ detaillierter, als ich sie heute erwartet habe. Dafür wirklich vielen Dank.

Damit teile ich allerdings nicht immer den Inhalt; aber das ist eine andere Frage.

Sie haben mit Ihrem umfangreichen, uns angebotenen Material auch dafür gesorgt, dass die heutige Sitzung nicht allzu lange dauern wird, denn alles.