Inklusion

4 Den Kommunen einen verlässlichen Rahmen für die schulische Umsetzung der UN-Behindertenkonvention geben!

Antrag der Fraktion der CDU

In Verbindung mit „Auf dem Weg in ein inklusives NRW" ­ Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Nordrhein-Westfalen voranbringen Antrag der Fraktionen der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

In Verbindung mit Gespräch mit Vertretern und Vertreterinnen der Landesarbeitsgemeinschaft Sonderpädagogische Förderung und Inklusion NRW Vorsitzender Wolfgang Große Brömer teilt den Gästen mit, der Ausschuss habe vereinbart, die inhaltliche Diskussion zu den vorliegenden Anträgen wegen des noch bestehenden Gesprächsbedarfes zwischen den Fraktionen heute nicht zu führen und die abschließende Beratung deshalb verschoben. Gleichwohl solle die Gelegenheit genutzt werden, mit den Gästen der Landesarbeitsgemeinschaft ins Gespräch zu kommen und deren Positionen kennenzulernen und zu diskutieren. Die Ausschussmitglieder hätten das Positionspapier auf elektronischem Wege ­ s. Anlage 3 erhalten.

Theo Schaus (dgs-Rheinland): Ich bin von der Ausbildung her Volksschullehrer und habe ein Zusatzstudium in Sonderpädagogik absolviert, war Schulleiter einer Sekundarstufe I für Sprachbehinderte und habe in dieser Funktion Erfahrungen in der sogenannten Integration gemacht. Ich habe selbst in einer Hauptschule versucht, sprachbehinderte Schülerinnen und Schüler integrativ zu fördern. Ich war als Schulleiter verantwortlich für einen Zweig meiner Schule. 60 km vom Schulstandort EssenMitte entfernt wurden Schülerinnen und Schüler der damaligen Förderschule Sprache in Wesel in einer Hauptschule integrativ gefördert. Von daher habe ich auf diesem Gebiet einige Erfahrungen. Ich bin dann später in der Lehrerausbildung gewesen und habe da mehr oder weniger durch Zuschauen Integrationsversuche in Solingen und in Remscheid, aber auch in Wuppertal miterleben können.

Das Anliegen der Landesarbeitsgemeinschaft Sonderpädagogische Förderung und Inklusion ist, dass wir uns an diesem Prozess beteiligen, in die Diskussion eintreten und unseren Fachverstand und unser Fachwissen wie auch unsere Erfahrungen einbringen. Ich weise auch immer darauf hin, dass wir natürlich auch in dem sogenannten Schulversuch Förderschule Mitte der 90er-Jahre gewisse Erfahrungen gesam melt haben, die wir auch in diesen Prozess einbringen sollten. Dazu gibt es ja den Abschlussbericht von Soest und des Ministeriums.

Marko Schaffner (BDH NRW): Ich bin der stellvertretende Schulleiter der LVRGerricus-Schule mit dem Förderschwerpunkt Hören und Kommunikation in Düsseldorf und für den Berufsverband deutscher Hörgeschädigtenpädagogen in dieser Landesarbeitsgemeinschaft beteiligt.

Wir haben uns zusammengefunden, weil es uns wichtig erscheint, im Rahmen der momentanen Inklusionsdebatte auf die Belange von Kindern und Jugendlichen mit Förderbedarf mit unserem Fachwissen und unseren Erfahrungen hinzuweisen. Ich selbst koordiniere und organisiere den gemeinsamen Unterricht für hörbehinderte Schüler der Schule in Düsseldorf und ihrem Einzugsgebiet, das relativ groß ist, seit nunmehr zehn Jahren. Im Rahmen dieser Inklusionsdebatte ist es uns wichtig, uns einzubringen und dementsprechend unsere Positionen hier zu vertreten.

Susanne Keppner (BDH NRW): Ich bin Schulleiterin an der David-Hirsch-Schule in Aachen ­ Förderschule Hören Kommunikation. Ich bin Landesvorsitzende vom BDH NRW ­ Berufsverband Deutscher Hörgeschädigtenpädagogen in Nordrhein-Westfalen.

Inklusion ist für unseren Berufsverband schon lange ein Thema, auch mit dem Vorläuferbegriff Integration. Wir haben schon seit langer Zeit die Erfahrung gemacht, dass zunehmend Schülerinnen und Schüler von uns auch allgemeine Schulen besuchen, auch mit Unterstützung von Fachpädagogen von unseren Schulen. Wir stellen an allen Systemen fest, dass dieser inklusive Unterricht zunehmende Tendenz hat.

Das wird im Grunde genommen aufgebaut und gestützt durch ein bestehendes und, wie ich denke, auch gut ausgebautes System von Prävention im Rahmen von Frühförderung für Null- bis Dreijährige, ambulante Betreuung für Drei- bis Sechsjährige. Auch der Beratungsaspekt für die Schüler, die keinen unmittelbaren sonderpädagogischen Förderbedarf haben, gewinnt immer größere Bedeutung.

Wir haben insofern auch schon relativ breite Erfahrungen in dem Bereich. Wir sehen aber auch gewisse Entwicklungen durchaus kritisch. Dass es eine Inklusion um jeden Preis und unter allen Bedingungen geben soll, können wir nicht nachvollziehen, da wir immer wieder feststellen, dass wir nach wie vor auch Schülerinnen und Schüler betreuen, die wirklich eine Förderschule und dort den entsprechenden Rahmen brauchen.

Andreas Liebald (VBS NRW): Ich bin stellvertretender Schulleiter in Soest an der Von-Vincke-Schule ­ Förderschwerpunkt: Sehen ­ und vertrete den Verband für Blinden- und Sehbehindertenpädagogik NRW.

Auch für uns ist es schon seit vielen Jahren ­ im Prinzip schon seit Jahrzehnten ­ gängige Praxis, dass wir blinde und sehbehinderte Schülerinnen und Schüler an allgemeinen Schulen fördern. Von daher sind wir in jedem Fall Befürworter innerhalb dieser Inklusionsdebatte. Es geht uns letztlich um die Schaffung von bestmöglichen Rahmenbedingungen für die Schülerinnen und Schüler, um diesen Prozess möglichst gut zu gestalten.

Erwin Denninghaus (VBS Bund): Ich arbeite im LWL Berufsbildungswerk in Soest, Förderzentrum für blinde und sehbehinderte Menschen. Ich bin von Hause aus Diplompsychologe und seit mehreren Jahren stellvertretender Leiter dieser Einrichtung.

Ich bin selbst auch sehgeschädigt mit einem Grad der Behinderung von 100. Ich stelle sozusagen das Bindeglied in unserem Verband zur Selbsthilfe dar. Dem VBS ist es ein ganz großes Anliegen, dass die nötige Fachlichkeit in dem Prozess der zunehmenden Inklusion gewahrt bleibt. Konkret möchte ich auf eine Untersuchung aus Dänemark hinweisen, die im vorigen Jahr stattgefunden hat. Dort gibt es seit dreißig Jahren die Vollinklusion. Die Blindenschulen sind geschlossen worden. Der Effekt ist, dass dort jetzt nur noch eine Erwerbsquote von 15 % bei blinden und sehbehinderten Menschen festgestellt werden konnte.

Der VBS hat seit 1978 eine Arbeitsgemeinschaft Integration. Circa 40 % der blinden und sehbehinderten Kinder werden integriert oder jetzt inklusiv beschult. Wir können also auf eine hohe Fachlichkeit und viel Erfahrung verweisen. Wir würden es sehr bedauern, wenn darauf nicht im Umsetzungsprozess von Inklusion zurückgegriffen würde, um Fehler, die vielleicht anderswo gemacht worden sind, zu vermeiden.

Gisela Gillmann (dgs-Westfalen-Lippe): Ich bin stellvertretende Schulleiterin einer Förderschule Sprache in Dorsten. Unsere Schule ist gleichzeitig Teil eines Kompetenzzentrums Sonderpädagogische Förderung zusammen mit einer Förderschule Lernen und Förderschule Emotional-Soziale Entwicklung. Wir sind mit unserem Kompetenzzentrum direkt mit dem ersten Part an den Start gegangen. Wir sind jetzt also drei Jahre aktiv. Wir unterstützen die Integration und die Förderung von Kindern mit dem Förderbedarf Sprache in der Grundschule, merken aber immer mehr, dass auch das seine Grenzen hat. Ich habe selber in einer Grundschule gearbeitet. Wir sehen mittlerweile in unserem Kompetenzzentrum: Inklusion oder Integration auf diese Art hat ihre Grenzen und erfüllt nicht die Bedingungen, die wir als Sonderpädagogen und auch die Grundschulpädagogen, wie ich betonen möchte, brauchen.

Dr. Stephanie Riehemann (dgs-Rheinland): Ich bin Sprachheilpädagogin und Sonderschullehrerin an einer Förderschule Sprache in Wuppertal. Ich habe einige Jahre an der Universität Köln gelehrt und dort gearbeitet. Ich stelle so das Bindeglied zur Ausbildung dar.

Uns ist es als Landesarbeitsgemeinschaft unglaublich wichtig ­ ich verweise dazu auch noch einmal auf meine Vorredner ­, dass eine hohe Fachlichkeit derjenigen bestehen bleibt, die diese Kinder betreuen. Ohne diese Fachlichkeit geht es gar nicht, geht es nicht an der Förderschule und auch nicht in der Inklusion. Das fängt in der hoch qualifizierten Ausbildung der Studierenden an, setzt sich über die zweite Ausbildungsphase fort bis zur Arbeit in den Schulen, in welchem System auch immer.