Immobilienwirtschaft

Landtag Nordrhein-Westfalen - 55 - APr 15/59

Ausschuss für Kommunalpolitik (6.) 05.11.

Ausschuss für Wirtschaft, Mittelstand und Energie (4.) fi

Das heißt aber nicht, dass die Zusammenarbeit zwischen dem Handwerk und der Kommunalwirtschaft konfliktfrei abläuft. Konflikte gibt es nach wie vor, und darum ist Subsidiarität ein wichtiges Thema. Bei kommunalen Krankenhäusern zum Beispiel sehe ich momentan mehr Konflikte als bei Stadtwerken; das ist ein anderes Thema.

Dieter Wiermann (Fachverband Elektro- und Informationstechnische Handwerke NRW): Herr Zipfel hat es deutlich gesagt: Die Bedeutung, die die Stadtwerke als Auftraggeber haben, ist immens.

Uns geht es als Elektrohandwerk in Nordrhein-Westfalen primär darum, dass die sehr gute Zusammenarbeit auch aufgrund der bestehenden Rechtslage gegeben ist.

Wir sehen jetzt eine sehr gewichtige Änderung auf uns zukommen, und wir erleben die Auswirkungen einer solchen Änderung schon bei den Oligopolisten, die mit etwas absurden Vorstellungen von Kundenbindung auf den Markt kommen. Wir befürchten, dass so etwas auch auf kommunaler Ebene losbricht. Denn letztlich arbeiten unsere Unternehmen sehr gut mit den Stadtwerken zusammen.

Wir haben den direkten Zugang zum Kunden. Auch bei der Stromlieferung arbeiten wir sehr gut mit den Stadtwerken zusammen, und dann gehen die Zähleranträge den richtigen Weg. Wir sind auch darum bemüht, den Kunden gut zu beraten. Wenn jetzt von der kommunalen Ebene auf einmal wie verrückt Kundenbindungsaktivitäten losgetreten würden ­ wir sehen das im Bereich der Energieeffizienz ­, sähen wir Gefahren auf uns zukommen. Letztlich geht es nämlich um die Kundenbindung. Der Vertrag an sich ist relativ bedeutungslos. Die Preise sind vergleichbar; diese kann ich mir heute im Internet jederzeit angucken.

Wenn es dann zu einer solchen Kundenbindung kommen sollte, wäre diese mit anderen Instrumenten verbunden, beispielsweise mit Materiallieferungen, Betreuungsdienstleistungen und Installationsdienstleistungen. Hier hätten wir eklatante Wettbewerbsnachteile, wenn ein Mitarbeiter eines Stadtwerks mit breiter Brust und selbstsicherem Tonfall dem Kunden gegenüber sagen würde: So und so ist das. Das ist die herrschende Sicherheitsvorschrift, und daher muss das so sein. ­ Dann knickt der Kunde in der Regel sofort ein. Das haben wir im Bereich der Installationsvorschriften mehrfach erlebt. Selbst unsere Handwerker vertrauen auf Aussagen von Stadtwerksmitarbeitern. Daher verlangen wir, dass man Waffengleichheit wahrt. Natürlich wissen wir, dass die Stadtwerke nicht morgen loslaufen und handwerkliche Dienstleistungen anbieten; das ist uns auch klar. Da es aber Hunderte von solchen Unternehmen gibt und geben wird ­ auf den neuen Märkten werden weitere entstehen ­, wird es punktuell zu Brandherden kommen. Dann löschen wir in einer Tour, und bevor wir etwas zurückrudern können, entsteht an der nächsten Ecke ein neuer Brandherd.

Der Wettbewerb um den Kunden, um die Stromlieferverträge, verbunden unter anderem mit E-Mobilität und anderen Dingen, wird härter werden. Es werden Kundenbindungsinstrumente gesucht, und diese Kundenbindungsinstrumente liegen nicht zuletzt auch auf handwerklichen Betätigungsfeldern. Deshalb möchten wir, dass sich Landtag Nordrhein-Westfalen - 56 - APr 15/59

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Ausschuss für Wirtschaft, Mittelstand und Energie (4.) fi der „Klotz" Stadtwerk von vornherein auf die regionale und überregionale Lieferung von Energie beschränkt.

Peter Schlüter (Fachverband Sanitär Heizung Klima NRW): Kurz zur MultipleChoice-Frage von Herrn Körfges. Im Hinblick auf das Gesamtvolumen von 3 Milliarden mag der Anteil der Stadtwerke als Auftraggeber unserer Betriebe nicht riesig sein; er ist sicherlich nicht unerheblich. Das Spannende an der Sache ist aber der andere Anteil, nämlich der Anteil, der möglicherweise dann wegbrechen könnte, wenn die Stadtwerke tatsächlich auf die Idee kommen, ihre Möglichkeiten, die ihnen durch das Gesetz eingeräumt werden sollen, auszuschöpfen. Das ist ja der Punkt, warum wir uns ­ jedenfalls auf Handwerksseite ­ in die gleiche Richtung äußern. Wir sehen durch die Regelungen im Gesetzentwurf die Möglichkeit geschaffen, unglaublich weitgreifend tätig werden zu können und praktisch all das zu machen, was unsere Leute eben auch anbieten. Das ist der Punkt: Hier sehen wir als große Gefahr den Einbruch in diesen über 3-Milliarden--Bereich, der allein von unseren SHK-Leuten bedient wird.

Damit sind wir auch bei der Frage von Herrn Brockes. Vorstellbar ist in dem Bereich alles Mögliche. Es ging um die Frage der steigenden Gefahr für unsere Handwerker.

Wenn ich mir den Gesetzentwurf anschaue, kann ich nur sagen: Dann ist Polen offen. ­ Dann gibt es im Endeffekt jede Möglichkeit. Die Stadtwerke werden in die Lage versetzt, alles das zu tun, was unsere Betriebe auch machen. Herr Wiermann hat es gerade gesagt: Wenn es irgendwann einmal darum geht, auch im Wettbewerb mit den großen Konzernen in Sachen Kundenbindung noch stärker nach vorne zu gehen, dann kann ich mir in diesem Bereich alles Mögliche vorstellen.

Dr. Ralf Mittelstädt (Vereinigung der Industrie- und Handelskammern Nordrhein-Westfalen): Ich möchte auf das Thema Kreditvergabe eingehen, das Herr Wüst angesprochen hat. Was das Thema Kreditvergabe angeht, so ist dies für kleine und städtische Unternehmen, die keine Ratings haben, natürlich ein größeres Problem. Das heißt, sie kommen nicht in die Situation, aufgrund ihrer Eigenkapitalausstattung von Banken bewertet zu werden. Daher kommen sie auch nicht in den Genuss von günstigen Krediten. Da Stadtwerke eine größere Eigenkapitalausstattung haben, erhalten sie auch günstigere Kredite. Das heißt, der Gesamtkostenansatz ist in dem Fall für ein Stadtwerk günstiger als für einen kleinen oder mittelständischen Unternehmer, der sich für den gleichen Auftrag entsprechende Kredite besorgen müsste.

Das bedeutet, die Angebotslage, also ein Angebot auf dem Markt abgeben zu können, würde zulasten der kleinen und mittelständischen Unternehmen verschoben werden.

Also, die Eigenkapitalausstattung der kleinen Unternehmen ist ein Problem, das nicht zuletzt auch in den letzten zwei Jahren deutlich wurde. Kredite standen zwar zur Verfügung, aber diese konnten von den kleinen Unternehmen nicht angenommen werden. Wir sehen hier das Problem, dass Aufträge aufgrund der ungünstigen KreditLandtag Nordrhein-Westfalen - 57 - APr 15/59

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Ausschuss für Wirtschaft, Mittelstand und Energie (4.) fi verhältnisse nicht an den Mittelstand vergeben würden, und daraus würden sich Wettbewerbsnachteile ergeben, die nicht ausgeglichen werden könnten.

Vorsitzende Carina Gödecke (AKo): Vielen Dank, Herr Schlüter. ­ Jetzt bitte ich diejenigen aus der zweiten Runde, die sich noch einmal äußern wollen, zu Wort. ­ Bitte schön, Herr Dr. Wackers.

Dr. Frank Wackers (Unternehmerverband Handwerk): Hier sind die denkbaren Entwicklungen aufgezeigt worden, die mit der Gesetzesnovellierung zusammenhängen können. Ich denke, man muss sich hier im Kreis der Abgeordneten die ordnungspolitische Frage stellen, inwieweit kommunale Unternehmen auf dieselbe Stufe wie private Unternehmen gestellt werden sollen. Das ist nämlich die Hauptaussage, die Sie durch die Novellierung treffen. Wir sind der Meinung, dass eine ordnungspolitische Abstufung vorgenommen werden soll.

Darüber hinaus geht es um die Frage, mit welcher Autorität eine staatliche Institution gegenüber einem privatwirtschaftlichen Unternehmen auftritt. Insoweit geht es hier um zukünftige denkbare Entwicklungen, die von diesem Gesetzentwurf ausgelöst werden.

Roswitha Sinz (Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Rheinland Westfalen e. V.): Ich möchte gerne eine Klarstellung in Richtung von Herrn Brockes vornehmen, weil er von einer niederschmetternden Ablehnung sprach. Ich denke, unsere schriftliche Stellungnahme und auch meine Ausführungen sind nicht missverständlich gewesen. Insofern sitze ich vielleicht auf der falschen Seite und hätte als kommunaler Partner eher auf der kommunalen Seite sitzen sollen. Allerdings meine ich, dass ich hier völlig richtig sitze. Denn vonseiten des gesamten Handwerks und der Freiberufler habe ich keinerlei Kritik gehört, was das gute partnerschaftliche Verhältnis der kommunalen Wohnungsunternehmen mit dem Handwerk und den freien Berufen vor Ort betrifft.

Ansonsten habe ich an die Abgeordneten die Bitte, angesichts der Dominanz der Stadtwerke auch an die kommunalen Wohnungsunternehmen zu denken. Das Auftragsvolumen ist zwar nicht mit dem der Stadtwerke vergleichbar, aber für die Kommunen ist es bedeutsam. Ich denke, insbesondere im Hinblick auf die Anforderungen, die zunehmend sowohl in der kommunalen Wohnungspolitik als auch in der Stadtentwicklung auf die Kommunen zukommen, sind wir ein guter Partner. Und von der Größenordnung her zählen auch die kommunalen Wohnungsunternehmen zum Mittelstand.

Andre Busshuven (Verband freier Berufe im Lande Nordrhein-Westfalen e. V.): Herr Brockes, Sie haben das Stichwort „Mittelstandsfeindlichkeit" gebracht. Es handelt sich um ein Mittelstandsvernichtungsgesetz. Das ist keine angenehme Wahrheit.

Es ist aber die Wahrheit. Und um dem zu entgehen, machen Sie sich in Ihren Entscheidungen hier im Landtag von Ihren kommunalpolitischen Zwängen frei.