Staatsanwaltschaft

Landtag Nordrhein-Westfalen - 61 - APr 15/7

1. Sitzung (öffentlich) bar-beh der Polizei prüft. Ein Szenario, dass die Polizei ­ ich darf es jetzt einmal etwas größer formulieren ­ die kompletten Aufgaben der Stadt oder des Veranstalters übernehmen sollte, ist hier nicht bekannt. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass man ein solches Szenario aufbaut, dass die Polizei also alles übernimmt.

In dem Zusammenhang ist auch die Frage nach den Stärken aufgekommen: Wie viele Kräfte sind denn ständig vor Ort gewesen? ­ Nur für diesen Einsatz ­ also ohne kriminalpolizeiliche Ermittlungen, ohne den Wachdienst und 110er-Einsätze ­ hat die Polizei Duisburg insgesamt 4.149 Kräfte zur Verfügung gehabt, darunter die Bereitschaftspolizeiabteilungen, die Hundertschaften aus Nordrhein-Westfalen und Hundertschaften aus vier anderen Bundesländern. Es sind insgesamt 853 eigene Kräfte und 3.292 Fremdkräfte gewesen. Natürlich sind wegen der gesamten Einsatzdauer bis in die Nacht nicht ständig 4.149 Personen im Einsatz gewesen. Sie sind zwischendurch abgelöst worden. Zum Zeitpunkt des Ereignisses haben sich ca. 2. Beamte der Landespolizei im Einsatzraum aufgehalten, also im gesamten Stadtgebiet einschließlich der vier Hundertschaften im Tunnel sowie der 1.300 Kräfte der Bundespolizei.

Das leitet zu Ihrer Frage über, Herr Abgeordneter Engel, nach den Stärken und der Sperrung der Autobahn. ­ Das kann ich so schnell nicht beantworten. Ich meine aber, gelesen zu haben, dass verschiedene Zugangsmöglichkeiten ­ unter anderem auch die direkte aus dem Bahnhof auf das Gelände; das wäre der kürzeste Weg gewesen ­ ebenso verworfen worden sind wie der Zugang über die A 59. Insbesondere für den Bahnhofszugang gab es Erfahrungen aus den Love-Parade-Veranstaltungen in Essen und Dortmund: Der Bahnhof läuft zu. In Bezug auf die Autobahnen müsste man in Protokollen noch einmal die entsprechenden Bedenken nachprüfen. Letztlich ist man zu diesem Konzept gekommen.

Selbstverständlich sind unsere Kräfte mit Funkgeräten ausgestattet. Die Anstrengung schon der früheren Landesregierung zur Umsetzung des Digitalfunks kennen Sie.

Wir sitzen nicht alleine im Boot; es sind bundesweit auch andere daran beteiligt.

Selbstverständlich sind vor Ort Funkprobleme entstanden. Das ist bei einem Einsatz mit über 4.000 Beamten selbstverständlich ­ insbesondere in einer Situation, in der durch die Besonderheit der Veranstaltung, durch die Menschenmengen und den Tunnel ein unglaublicher Schallpegel entsteht. Wir haben auch einen temporären Relaisausfall gehabt. Danach war der Funkverkehr wieder möglich. Dann haben es natürlich alle, die bis dahin vergeblich versucht hatten zu sprechen, erneut versucht.

Jedenfalls haben wir keine Hinweise darauf, dass die Situation der Sperrung der Tunnel oder die Sperrung durch die Ordner des Veranstalters irgendetwas mit den Funkgeräten zu tun gehabt hätte. Dafür gibt es keine Hinweise.

Vorsitzende Monika Düker: Der Ausfall der Funkgeräte hatte also nichts mit der Kommunikation zu tun?

Insp. d. Pol. Dieter Wehe (MIK): Ich kann das heute nicht abschließend beantworten. Wir nehmen die Frage mit. Man muss auch die Einsatzprotokolle anschauen und den Funkverkehr noch einmal abhören. Auch hier geht es natürlich um VerantwortLandtag Nordrhein-Westfalen - 62 - APr 15/7

1. Sitzung (öffentlich) bar-beh lichkeiten. Damit muss ich wieder auf die Zuständigkeit des Justizministeriums zu sprechen kommen, diese Dinge nun erst einmal auszuwerten. Ich kann nicht versichern, dass wir dazu Details bekannt geben können, bevor die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu Ergebnissen führen.

Soweit habe ich die Fragen mitgeschrieben. Ich bitte um Verständnis, falls ich einige Fragen vielleicht nicht beantwortet habe. In diesem Fall bitte ich um Nachfrage.

Horst Engel (FDP): Bei aller Sympathie für den Vortragenden muss ich sagen, dass meine kurze und knappe Frage nicht beantwortet worden ist. Ich hatte gefragt, ob es auf der Rampe zwischen 16 und 18 Uhr nach den Erkenntnissen wirklich eine Gefahr für Leib oder Leben der Teilnehmer gab.

Insp. d. Pol. Dieter Wehe (MIK): Ich kann das nicht aus dem Bericht belegen. Aber letztlich ist der Einsatz der Polizei der wiederholte Versuch gewesen einzuwirken, die Schleuse, wie vom Veranstalter und von der Stadt vorgesehen war, zu schließen, falls der Tunnel drohte vollzulaufen. Der Tunnel war vollgelaufen. Ich meine, um 15:45 Uhr hat sich die Polizei massiv dafür eingesetzt, die zweite Rampe zu öffnen, die ursprünglich nur für den abfließenden Strom gedacht war, was auch passiert ist.

Auch wenn mir möglicherweise entgegengehalten wird, ich würde nur die Polizei schützen ­ davon abgesehen, ob das nicht meine Aufgabe ist ­, muss ich sagen: Ich schaue schon kritisch hin, was die Beamten gemacht haben. Ich kann Ihnen nur nach dem vortragen, was die Polizei gemacht hat, was uns Duisburg berichtet hat.

Jetzt muss geprüft werden, ob sich das mit den Unterlagen und den Protokollen deckt. Das ist aber eine Ermittlungssache. Es geht um Verantwortlichkeiten: Wer hat wann und wo welche Entscheidung getroffen etc.? Dazu kann ich an dieser Stelle leider keine weiteren Auskünfte geben.

Vorsitzende Monika Düker: Dann bleiben noch Fragen an das Bauministerium zur Unterschreitung und Abnahme der Auflagen, Herr Rübel.

MR Jost Rübel (MWEBWV): Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren! Zur massiven Unterschreitung, die vorhin angesprochen worden ist, möchte ich zunächst einmal wiederholen, dass mir die Bauvorlagen nicht vorliegen. Wir haben letzte Woche einen Bericht der Stadt Duisburg angefordert. Der Bericht der Stadt Duisburg ist bislang noch nicht eingegangen. Die Stadt Duisburg hat mitgeteilt, dass sie zunächst aufgrund der Trauerfeier und darüber hinaus auch aufgrund des Berichts zu dieser Veranstaltung hier nicht in der Lage sei, einen weiteren Bericht an das Bauministerium in der angegebenen Frist erarbeiten zu können. Insofern liegen mir weder die Bauvorlagen, also weder das Brandschutzkonzept noch das Sicherheitskonzept, vor.

Insofern weiß ich auch nicht, wie viel Meter Ausgangsbreite tatsächlich durch die Bauaufsichtsbehörde genehmigt worden sind. Ich kann also weder bestätigen noch dementieren, dass es zu einer massiven Unterschreitung gekommen ist. Das Einzige, was ich weiß, ist das, was man aus der Presse entnehmen kann: Es ist eine AbLandtag Nordrhein-Westfalen - 63 - APr 15/7

1. Sitzung (öffentlich) bar-beh weichung von den Rettungswegbreiten genehmigt worden. Ich weiß aber nicht, um wie viele Meter es sich handelt.

Ich möchte aber einen Hinweis zum Verfahren der Genehmigung dieser Abweichung geben. Die Sonderbauverordnung enthält eine pauschale Bemessung für die Rettungswegbreiten. Es ist zunehmend der Fall ­ nicht nur beim Brandschutz, sondern auch bei anderen bauaufsichtlichen Nachweisen ­, dass solche pauschalen Nachweise durch Einzelnachweise, insbesondere entsprechende Ingenieurmethoden, ersetzt werden. Aus Europa kommen in Bezug auf die Standsicherheit etwa Eurocodes. Darin werden abweichend von den technischen Regeln für die Standsicherheit Einzelbemessungen berechnet, die europaweit eingeführt sind.

So etwas gibt es auch zunehmend im Brandschutz: Es werden Einzelnachweise mit Ingenieurverfahren erstellt und auch genehmigt. Das ist hier auch geschehen. Von der Firma TraffGo HT ist eine Simulationsberechnung für die Entfluchtung dieses Geländes durchgeführt worden, die Gegenstand des Brandschutzkonzeptes gewesen ist. Das kann ich zumindest der Presse und dem Bescheid entnehmen, der allen vorliegt. Denn diese Simulationsberechnung war Gegenstand der Baugenehmigung.

Nach meinen Informationen, die ich ebenfalls aus der Presse habe, ist diese Simulationsberechnung durch einen vom Bauaufsichtsamt der Stadt Duisburg beauftragten Gutachter gegengeprüft worden, nämlich Prof. Schreckenberg. Ich gehe davon aus, dass die Stadt Duisburg aufgrund der Vorlage des Gutachtens und der Gegenprüfung durch Prof. Schreckenberg zu der Meinung gekommen ist, dass man eine Abweichung von den sonst nach Sonderbauverordnung üblichen Rettungswegbreiten genehmigen könne. Mehr kann ich zu diesem Thema auch nicht sagen.

Zur Frage nach dem Verfahrensablauf. Richtigerweise wird zunächst eine Baugenehmigung erteilt. Anschließend finden bei der Umsetzung der Baugenehmigung Bauzustandsbesichtigungen statt. Im Regelfall enden solche Bauzustandsbesichtigungen mit der Schlussabnahme durch die Bauaufsichtsbehörde. Das bedeutet im rechtlichen Sinne, dass das Gebäude oder die Fläche danach so, wie es beantragt war, durch den Antragsteller genutzt werden kann.

In dem Bericht der Stadt Duisburg steht auf S. 26, dass am Freitag, am 23.07., bis nach 23 Uhr Bauabnahmen stattgefunden haben. Ich gehe davon aus, dass die Stadt Duisburg hiermit auch eine entsprechende Schlussabnahme erteilt hat und insofern das Baugenehmigungsverfahren zu dem Zeitpunkt dann abgeschlossen war.

Vorsitzende Monika Düker: Herr Schmeltzer, ist Ihre Frage damit beantwortet? ­ Herr Abgeordneter Engel hatte noch eine Frage an das Justizministerium zur Übertragung auf das PP Köln und zur Materialbeschlagnahmung. Kann das Justizministerium dazu etwas sagen? ­ Frau Rothstein.

MR Ulrike Rothstein (JM): Ich glaube, das war eine zweigeteilte Frage.

Erstens wollten Sie wissen, wie mit Kölner Polizisten, die bei der Love-Parade im Einsatz waren, umgegangen wird, das heißt, wer sie vernimmt. Ich habe hier einen Bericht des Leitenden Oberstaatsanwalts von Duisburg vorliegen.