Die zweite Frage kann ich aus dem Stegreif nicht beantworten

Denn an dem europarechtlichen Schutzstatus des Kormorans als solches würde das ja nichts ändern. Ob der Kormoran nun in den Katalog der jagdbaren Tiere aufgenommen würde oder nicht, es gelten dann schon hier die Maßgaben, die auch für andere jagdbare Tiere, zum Beispiel für die Ringeltaube oder die Rabenvögel, gelten, wo ja auch Artikel 9 Vogelschutzrichtlinie zu beachten ist. Die EU-Vorgaben, die beachtet werden müssen, bleiben die gleichen. Da sehe ich keinen rechtlichen Ansatz, um dem Problem besser Herr zu werden.

Die zweite Frage kann ich aus dem Stegreif nicht beantworten. Die zweite Frage war ja, welche rechtlichen Instrumentarien es nach gegenwärtiger Rechtslage gibt, um in Naturschutzgebieten ­ so hatte ich Sie verstanden ­ die Kormorane entweder abzuschießen oder jedenfalls wirksam vergrämen zu können. Die nicht letale Vergrämung als solche halte ich für 2vertretbar und auch rechtskonform. Beim Abschuss sind wir zunächst einmal im Bereich der beiden Urteile, die vom Verwaltungsgericht ergangen sind. Die sind noch nicht rechtskräftig, aber da kann in der Tat die Rechtsprechung uns den Weg weisen, dass der letale Abschuss in Naturschutzgebieten möglicherweise nicht statthaft ist. Aber mehr kann ich im Moment zu den rechtlichen Instrumentarien nicht sagen.

Dr. Michael Möhlenkamp (Landesfischereiverband Westfalen und Lippe e. V.):

Ich halte prinzipiell den Abschuss auch in Naturschutzgebieten für möglich, zumindest dort, wo der Schutzzweck des Gebietes dem nicht entgegensteht. Das sollte immer dort der Fall sein, wo auch die Jagd auf Wasservögel erlaubt ist.

Dr. Gerhard Driewer (Verband der Fischereigenossenschaften e. V.): Zur rechtlichen Seite möchte ich kurz Folgendes sagen: Ich glaube, in keiner einzigen Kormoran-Verordnung in den einzelnen Bundesländern wird direkt geregelt worden sein, dass in Naturschutzgebieten oder gerade auch in Vogelschutzgebieten gejagt werden kann. Es bedarf nämlich einer artenschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung nach Bundesnaturschutzgesetz und gegebenenfalls auch einer naturschutzrechtlichen Genehmigung oder Befreiung nach den Naturschutzverordnungen. Das sind also konkrete Situationen in den einzelnen Naturschutzgebieten, die geprüft werden müssen. Das kann man sicherlich nicht generell in einer Kormoran-Verordnung regeln.

In Nordrhein-Westfalen ist von Amts wegen bisher in keinem Fall in Naturschutzgebieten genehmigt worden oder angeregt worden, entsprechende Vergrämungsmaßnahmen durchzuführen. Ob das alleine rechtliche Überlegungen sind, möchte ich einmal dahingestellt sein lassen. in Baden-Württemberg und in Bayern gibt es jedenfalls Maßnahmen, die von Amts wegen durchgeführt worden sind. Da hat sich der Sach- und Fachverstand der Behörden durchgesetzt.

In Nordrhein-Westfalen war man immer darauf angewiesen, dass die Angelvereine oder die Fischereigenossenschaften Anträge stellen. Das ist natürlich ein sehr kompliziertes Verfahren, wie die Verfahren bei den Verwaltungsgerichten erwiesen haben, insbesondere dann, wenn es sich hier auch um Vogelschutzgebiete handelt.

An sich gibt ­ das hat Herr Jäger auch schon gesagt ­ Artikel 9 der Vogelschutzrichtlinie die Grundlage dafür her, und auch das Bundesnaturschutzgesetz. Es ist nur die Frage: Wie kann ich es im Einzelfall begründen? Nimmt man also einen großen Schutz für die sonstigen Vögel?

Die mittelbare Beeinträchtigung ist auch das Problem, also die Frage, ob durch den Schuss andere Vogelarten vielleicht gestört werden könnten. Das ist aber nur durch Einzelmaßnahmen in den einzelnen Vogelschutzgebieten und in den Naturschutzgebieten zu prüfen. Das kann ­ so meine ich sagen zu können ­ nicht in einer Kormoran-Verordnung geregelt werden.

Deswegen betrifft der Antrag der CDU ein anderes Problem als die notwendigen Maßnahmen in Naturschutzgebieten. Da gibt es den Begleiterlass des Vorgängerministeriums, das auch gesagt hat: Der Furagier-Radius der Kormorane reicht bis zu 30 km. Das heißt, wenn man nicht in die Naturschutzgebiete hineingeht, dann fliegen die auch in diese Bereiche. Insbesondere wenn die Seen zugefroren sind, gehen die in die Mittelgebirgsbereiche hinein. Das heißt, wenn man nun die Naturschutzgebiete nicht in einen vernünftigen Managementplan hineinnimmt, dann ist auch die Kormoran-Verordnung sehr problematisch, weil man es damit allein nicht schafft.

Vorsitzender Friedhelm Ortgies: Danke schön, Herr Dr. Driewer. ­ Weitere Fragen sehe ich nicht. Dann möchte ich noch einmal auf den Beginn der Anhörung eingehen und auf die Fragen an das Ministerium zurückkommen. Ist inzwischen geklärt worden, wie sich die rechtliche Lage darstellt und vor allen Dingen der Zeitplan, wie diese Verordnung umgesetzt und eingeführt wird?

MR Dr. Hartwig Schulze-Wiehenbrauck (MKULNV): Eine eigene Position werde ich hier nicht vortragen können. Es ist keine Vorbereitung dafür möglich gewesen.

Sie hatten gefragt, wie die Landesregierung zu dieser ganzen Thematik jetzt steht.

Ganz kurz zum Verfahrensweg: Das ist Ihnen ja auch schon übermittelt worden. Im Ministerium selbst wird eine Arbeitsgruppe gebildet. Die Verbände sind angeschrieben worden, acht Verbände jeweils paritätisch Naturschutz und Fischerei. Dazu sind schon vier Rückläufe gekommen. Sobald das abgeschlossen ist, beabsichtigt das Ministerium eine entsprechende Einladung.

Diese Arbeitsgruppe ist im Arbeitskreis Fischerei angesiedelt. Der Arbeitskreis Fischerei ist ein informeller Arbeitskreis zwischen Fischereivertretern und Vertretern des Ministeriums. Hier wollen wir für den Kormoran jetzt diese Möglichkeit schaffen, sodass dann auch vom Naturschutz entsprechende Beteiligung da ist. Es ist angekündigt worden, dass dort Interesse besteht.

Vorsitzender Friedhelm Ortgies: Ich gehe davon aus, dass der zuständige Ausschuss irgendwann Anfang nächsten Jahres das Einvernehmen zu dieser Verordnung herstellen muss.

Das Protokoll der heutigen Anhörung wird allen Beteiligten voraussichtlich Anfang des Jahres zugesandt. Wir sind ja in der Vorweihnachtszeit. Dann wird den Parlamentariern die Gelegenheit gegeben, sich damit zu befassen und das auszuwerten.

Wir gehen davon aus, dass wir dann die Verordnung auf den Tisch bekommen und danach im Parlament bzw. im Ausschuss darüber diskutieren. Ist das so richtig?

MR Dr. Hartwig Schulze-Wiehenbrauck (MKULNV): Ich möchte mich eigentlich nicht dazu äußern.

Stefan Jäger (Verband der Fischereigenossenschaften Nordrhein-Westfalens e. V.): Eine Bemerkung noch zu dem Hinweis, dass es jetzt eine Arbeitsgruppe Kormoran geben soll, die paritätisch besetzt ist: Die Fischerei arbeitet sehr gerne mit den vielen anderen Fachgruppen zusammen. Das ist völlig klar. Wir sind auch gerne bereit, neue fachliche Gutachten mit auf den Weg zu bringen. Wir sind auch gerne bereit, Vögel zu zählen.

Wir sind aber in einer Situation angekommen, in der wir diese Kormoran-Verordnung aktuell und kurzfristig brauchen. Wir bitten darum, zum Erhalt der Fischerei und zum Schutz der Fische diese Kormoran-Verordnung kurzfristig auf den Weg zu bringen.

Danke sehr.

Vorsitzender Friedhelm Ortgies: Mit dieser Anmerkung möchte ich die heutige Anhörung beenden. Ich bedanke mich bei allen Teilnehmern, bei den Sachverständigen und bei den Abgeordneten, für die rege und teilweise auch kontroverse Diskussion.

Wir werden uns weiter damit befassen.