Hotellerie

Welche Auswirkungen wird nach Ihrer Einschätzung allein diese Debatte, auch wenn sie sich bisher auf Köln konzentriert, auf die Wahrnehmung und Akzeptanz des Standorts Nordrhein-Westfalen national wie international insgesamt haben?

Andrea Verpoorten (CDU): Meine Frage richtet sich an Herrn Luxem. Als die Senkung des Umsatzsteuersatzes im Bereich der Hotellerie eingeführt worden ist, habe ich erlebt, welche bürokratischen Schwierigkeiten das besonders auf Unternehmensseite hervorgerufen hat. Welcher bürokratische bzw. administrative Aufwand wurde in Ihrem Haus durch die Einführung der Kulturförderabgabe erzeugt?

Wiljo Wimmer (CDU): Vielleicht schon ein bisschen überleitend zur rechtlichen Betrachtung, zu der wir nachher noch kommen, habe ich folgende Frage an die Vertreter des DEHOGA: Die Stadt Köln bezieht sich hinsichtlich der Legitimität ihrer Abgabe im Wesentlichen auf die Kulturförderabgabe der Stadt Weimar aus dem Jahre 2005. Gab es in Weimar vonseiten der örtlichen Hotellerie bzw. des THÜHOGA Bemühungen, sich gegen diese Abgabe zu wehren ­ und wenn ja, mit welchem Erfolg?

Wilhelm Luxem (Excelsior Hotel Ernst in Köln): Frau Verpoorten, lassen Sie mich mit Ihrer Frage hinsichtlich der Bürokratie im Zusammenhang mit der Einführung der Kulturförderabgabe beginnen. Das ist natürlich vielfältig und nicht immer eindeutig festlegbar und nachweisbar. Ich will aber einmal einige Felder abdecken. Ein Punkt ist das Training der Mitarbeiter, die im Umgang mit den Gästen auf eine solche neue Herausforderung eingehen müssen. Das ist zeitaufwendig sowie demotivierend und insofern natürlich ein Kostenfaktor. Ein anderer wichtiger Punkt sind die Systeme.

Sie mussten umgestellt werden. Zunächst einmal ist das ein Softwareproblem. Allerdings haben wir hier das weltweit einmalige Konstrukt, dass die Kulturförderabgabe auf einen Bruttopreis erhoben wird, also auf den Zimmerpreis inklusive Mehrwertsteuer. Es gibt weltweit kein Hotelbetriebssystem, welches das verarbeiten kann. Natürlich können Betriebssysteme alle möglichen Abgaben kalkulieren und aufschlüsseln, aber eben nicht auf eine Steuer. Wie Herr Becker bereits erläutert hat, müssen wir die Kulturförderabgabe ja auf den Bruttopreis inklusive Mehrwertsteuer kalkulieren und haben dann von der Finanzbehörde lernen müssen, dass auf den neuen Endpreis noch einmal die Mehrwertsteuer obendrauf kommt. Das verarbeiten die Systeme nicht.

Welche konkreten Folgen hat das? Noch heute müssen in einem Großteil der größeren Hotels in Köln die in hohem Maße in elektronischer Form und über Systeme hineinkommenden automatisierten Buchungen manuell in die örtlichen Betriebssysteme eingegeben werden, weil die Betriebssysteme das noch nicht verarbeiten können.

Beispielsweise hat die Firma MICROS-Fidelio, der Marktführer bei den Betriebssystemen, seine Software bis heute noch nicht entsprechend umstellen können. Diese Umstellung steht noch aus. Sie arbeitet nach wie vor mit Hochdruck daran. Das ist aber hochkomplex, weil es sich um weltweit funktionierende Systeme handelt. Man kann nicht einfach eine Köln-Lösung stricken, weil das dann auch in alle anderen Systeme hineinpassen muss. Wir haben also im Moment ­ auch in meinem Haus ­

Gemeinsame Sitzung (öffentlich) kle einen hohen manuellen Aufwand, weil wir alle eingehenden automatischen Buchungen noch einmal manuell in das Betriebssystem eingeben müssen. Insofern entstehen an dieser Stelle sehr viele zusätzliche Kosten. Die Umstellung der Systeme wird

­ wir haben das einmal hochgerechnet ­ je nach Größe und Umfang der Häuser noch einmal zu zusätzlichen Kosten zwischen 5.000 und 10.000 pro Haus für die Software führen.

Herr Börschel, was Ihre Frage bezüglich der Kalkulation betrifft, muss ich leider noch einmal etwas weiter ausholen und auch auf die von Herrn Hönigs vorhin schon erwähnte generelle Preisstruktur in der Hotellerie eingehen. Herr Hönigs hat dargestellt, dass er mit seinem Haus beim Preisniveau jetzt, im Jahr 2010/2011, ungefähr da ist, wo wir 2001 waren. Das muss man sich immer wieder in Erinnerung rufen.

Das Preisniveau auf dem Kölner Hotelmarkt liegt heute also etwa auf der Höhe von 2001. Im Jahr 2001 hatten wir die Spitze einer Entwicklung. Seitdem ging es fast nur noch bergab, wobei es 2007/2008 ein Zwischenhoch gab. Jetzt sind wir gerade wieder da, wo wir 2001 einmal waren. Die Kosten sind in dieser Zeit aber nicht stehen geblieben. Lassen Sie mich einmal die Hauptkostenblöcke eines Hotels darstellen.

Der größte Block sind natürlich die Personalkosten. Wir sind eine dienstleistungsintensive Branche. Dienstleistungen kann man nur in sehr geringem Maße rationalisieren. Gute Dienstleistung erfordert immer eine ausreichende Ausstattung mit Personal. Der Kostenanteil für das Personal bewegt sich von zwischen 28 und 32 % bei einem Dreisternehotel bis hin zu knapp 50 % bei Fünfsternehotels wie dem Excelsior Hotel Ernst. Von jedem Euro, den wir in unserem Haus einnehmen, gehen also fast 50 Cent erst einmal an das Personal. Während das Hotelpreisniveau in 2010/2011 dem Niveau von 2001 entspricht, sind wir bei den Lohnkosten nicht bei 2001, sondern bei 2010/2011. Bei den Energiekosten sieht es ähnlich aus. Sie sind ebenfalls ein großer Kostenblock. Nachdem das alles bezahlt ist, habe ich noch keinen Salat, keine Bohnen und kein Öl für meine Küche eingekauft. Die Kalkulation ist also mit ausgesprochen spitzem Bleistift vorzunehmen. Herr Hübenthal hat vorhin auch schon etwas zur Umsatzrentabilität in unserer Branche gesagt. Das muss man alles bedenken.

Jetzt kommen wir plötzlich in die Situation, dass wir von unserer Umsatzrendite von durchschnittlich 4,8 % plötzlich eine Kulturförderabgabe in Höhe von 5 % abzweigen sollen. Man braucht kein großer Mathematiker zu sein, um zu erkennen, dass das betriebswirtschaftlich nicht darstellbar ist.

Herr Börschel, damit ist auch die Antwort auf Ihre Frage klar, ob ich die Kulturförderabgabe einfach selbst zahlen kann, um den Markt nicht zu beschädigen. Implizit haben Sie in Ihrer Fragestellung ja zum Ausdruck gebracht: Zahlen Sie es doch aus Ihrer eigenen Tasche; dann ist der Markt nicht gestört, und Sie verlieren auch kein Geschäft. ­ Wenn ich das tue, muss ich früher oder später zur Bank gehen und sagen:

Ich kann mein Geschäft nicht mehr betreiben, weil ich insolvent bin.

(Martin Börschel [SPD]: Nennen Sie mir doch die drei indexierten Zahlen ­ vor dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz, nach dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz und im Jahr 2011!)

­ Wie ich bereits sagte, liegt das Preisniveau in meinem Haus ähnlich wie bei Herrn Hönigs heute auf dem Stand von 2001. Zwischendurch lagen wir im Jahr 2008 ein bisschen höher. In 2009 sind wir tief abgestürzt. Dieser Absturz hat sich 2010 noch gehalten; 2010 lagen wir erheblich unter dem Durchschnittspreisniveau von 2009.

Man kann das Ganze aber nicht an einem einzelnen Preis festmachen. Da wird über die Medien manchmal viel Unfug verbreitet. Beispielsweise haben letztes Jahr kurz nach der Einführung der abgesenkten Mehrwertsteuer schon im Januar verschiedene Medien berichtet: Schaut hin; die Hotellerie hat die Preise ja gar nicht gesenkt!

Hier sind die Preise, wie sie im Dezember waren; hier sind die Preise, wie sie im Januar waren. ­ Das ist aber unredlich. Ich kann nicht ins Internet schauen und den Preis am Stichtag X im Dezember mit dem Preis am Stichtag Y im Januar vergleichen. Vielleicht hat man als Stichtag Y zufällig einen Tag während der Möbelmesse erwischt, wo die Nachfrage natürlich hoch ist, und das mit dem 3. Dezember verglichen, an dem die Nachfrage relativ gering war.

(Martin Börschel [SPD]: Aber Sie könnten das vergleichen!) Bedenken Sie doch bitte, dass ein Hotelzimmer eine höchst verderbliche Ware ist.

Das ist ähnlich wie beim Gemüsehändler auf dem Markt. Wenn man um 17 Uhr zu ihm geht, bekommt man den Kopfsalat für die Hälfte des Preises, weil der Gemüsehändler ihn sonst ohnehin nur noch wegschmeißen kann. Das Gleiche gilt für mein Hotelzimmer. Wenn ich ein Zimmer heute Abend nicht vermiete, kann ich es nicht mehr vermieten. Morgen beginnt das Ganze von vorne. Ich muss mich also bemühen, über das gesamte Jahr einen betriebswirtschaftlich vernünftigen Durchschnittspreis zu erzielen.

(Martin Börschel [SPD]: Genau diesen Preis will ich wissen!)

Das heißt: Wenn ich 100 für mein Zimmer brauche, muss ich während der Messe 150 nehmen, weil ich es in der schwachen Zeit für 50 verramsche. Daran verdiene ich ja nichts. Ich rette aber meinen Cashflow und habe einen Kostendeckungsbeitrag. Man muss das in diesem Gesamtmix sehen.

Insofern kann ich Ihre Frage, ob das Preisniveau im Januar 2010 um X höher war, jetzt nicht beantworten. Es lag insgesamt in der Summe unter dem Niveau von 2009.

Das kann ich für unser Haus feststellen. Auch für die Kölner Hotellerie insgesamt kann ich eindeutig sagen, dass es unter dem Niveau von 2009 lag.

Von der hier angesprochenen Image-Debatte sind wir auch massiv betroffen. In Bezug auf die Bettensteuer bekommen wir ständig Anfragen von Medien, aber auch von Veranstaltern. Dieses Thema wird also sowohl national als auch international wahrgenommen und spielt insofern bei der Betrachtung Kölns als touristischem Standort eine große Rolle. Das sollte man nicht unterschätzen.

Lassen Sie mich ein Beispiel nennen. Ich bin selbst aktiv in verschiedenen involviert, in denen die Koelnmesse sich bemüht, neue Veranstaltungen, Messen und Kongresse nach Köln zu holen.