Rotschlamm-Deponie Tummelfeld im Rhein-Erft-Kreis

Die vom Martinswerk betriebene Rotschlamm-Deponie Tummelfeld zwischen den Orten Kerpen-Horrem und Frechen Königsdorf ist teilweise rekultiviert. Dort wurde bis 1994 Rotschlamm aus der Verarbeitung von Bauxit abgelagert.

Die Rekultivierung soll spätestens 2012 abgeschlossen sein. Es ist geplant, das Deponiegelände nach der vollständigen Rekultivierung wieder für Spaziergänger und Spaziergängerinnen zu öffnen.

Durch den Unfall in Ungarn am 04.10.2010, bei dem sich eine Lawine aus giftigem Rotschlamm durch die Ortschaft Kolontar wälzte und etliche Todesfälle und schwerste Verletzungen von Bewohnern verursachte, sind jetzt die Bürgerinnen und Bürger in der Umgebung der Deponie Tummelfeld besorgt und fragen an, ob eine ähnliche Katastrophe auch hier passieren könnte.

Von der Werksleitung wird ein Unfall ausgeschlossen. Die Deponie bzw. der dort gelagerte Rotschlamm sei längst trocken und die Deponie sei in einer Erdmulde angelegt. Die Oberfläche sei mit Kunststoff abgedichtet und der Untergrund sei mit einem selbstdichtenden durchzogen. Eine Grundwasserkontamination soll nach Auffassung des Betreibers damit auszuschließen sein.

Vorbemerkung der Landesregierung:

Die Deponie Tummelfeld der Martinswerk befindet sich in Kerpen-Horrem im Hier wurde zu Betriebszeiten der Deponie bis 1994 in einer ehemaligen Braunkohlentagebaugrube flüssiger Rotschlamm eingespült.

1. Kann ein sicheres Betreten der Oberfläche nach einer Rekultivierung garantiert werden (bitte mit Angabe der Konsistenz der Deponiemasse)?

Nach jahrzehntelanger Lagerung hat der Rotschlamm mittlerweile einen Wassergehalt und eine Konsistenz erreicht, die vergleichbar sind mit einem mittelplastischen, tonartigen bzw. schluffigen lössartigen Boden. Der größte Teil der Deponie hat mittlerweile eine Oberflächenabdichtung, so dass nur noch wenig Niederschlagswasser eindringt. Durch seine feinkörnige Struktur hat der Rotschlamm die Eigenschaft, mit zunehmender Partikeldichte fester und wasserundurchlässiger zu werden. Dabei können Durchlässigkeitsbeiwerte von 10 - 8 m/s erreicht werden.

Die Deponie ist schon heute, bis auf einen kleinen beckenförmigen Bereich für das Rückführwasser, ohne Gefahren begehbar. Auf den provisorischen für die Rekultivierungsbaumaßnahmen befestigten Wegen, den Bau- und Materiallagerflächen sowie auf den betriebenen Verfüllungs-/Profilierungsflächen ist die Deponie ohne Einschränkungen mit schweren LKWs und Baugeräten befahrbar.

Ein sicheres Betreten der Deponie ist bereits in den Bereichen mit Oberflächenabdichtung und Rekultivierung, d. h. auf mehr als 2/3 der Deponiegesamtfläche, ohne Bedenken möglich. Mit dem Abschluss der Deponieabdichtungs- und Rekultivierungsmaßnahmen steht einer zukünftigen Öffnung der (ehemaligen) Deponiefläche für die Öffentlichkeit im Hinblick auf die Begehungssicherheit nichts entgegen.

Die Deponiesituation ist somit nicht vergleichbar mit der Situation und dem Unfall in Kolontar in Ungarn.

2. Ist eine Verwertung der Deponieinhaltsstoffe grundsätzlich möglich bzw. existieren Überlegungen oder Konzepte zur Verwertung der Inhaltsstoffe (bitte mit Angabe der Kosten oder Erlöse)?

Als noch im Martinswerk selbst Bauxit zur Aluminiumgewinnung verarbeitet wurde, sind vom Betreiber Verwertungsmöglichkeiten geprüft und Abnehmer für den Rotschlamm gesucht worden. Dies führte zu keinem Erfolg. Auch heute gibt es nur technische Ansätze zum Einsatz von Rotschlamm im Bereich der Keramotechnik, z. B. als Zusatz zu Ziegel- und Klinkerbaustoffen. Denkbar sind auch Gemische von mineralischen Abdichtungsmaterialien, z. B. zu Einsatzzwecken im Deponiedichtungsbau. Hier gibt es allerdings nur sehr eingeschränkte Erfahrungen. Eine Nutzung in großtechnisch ausgereifter und wirtschaftlich realisierbarer Größenordnung ist aufgrund des bisherigen eingeschränkten Erkenntnisstandes zu dem Material nicht erfolgt.

Das ehemals aufgestellte Planungskonzept zur Entsorgung des Rotschlamms ist daher primär auf die sichere Deponierung in einer entsprechenden Deponie ausgerichtet. Für die seit dem Jahr 2000 gebaute Oberflächenabdichtung mit Rekultivierung wurden bislang 9 Mio. ausgegeben. Insgesamt werden hierfür die Kosten 12,7 Mio. betragen (für 25,4 ha).

3. Wenn Beobachtungsbrunnen für die Rotschlamm-Deponie Tummelfeld vorhanden sind, wo befinden sich diese (bitte alle bisherigen Untersuchungsergebnisse mit Angabe der Inhaltsstoffe tabellarisch vorlegen)?

Zur Grundwasserüberwachung gibt es 31 Grundwassermessstellen im unmittelbaren Umfeld der Deponie, davon sind 8 Messstellen trocken gefallen und können somit nicht mehr beprobt werden. Die Lage der Grundwassermessstellen ist aus dem Messstellenplan (Anlage1ersichtlich. An diesen Messstellen werden Proben aus dem 1. und 2. Grundwasserstockwerk und dem sog. schwebenden Grundwasserstockwerk entnommen. Diese Proben sind dann gemäß dem Überwachungsprogramm der Deponie zu untersuchen. Die Untersuchungsergebnisse werden im Abfalldeponiedateninformationssystem (ADDIS-Datenbank) des LANUV erfasst. In einer aus dem ADDIS-Programm erzeugten Tabelle sind die Untersuchungsergebnisse von 1998 bis 2009 aufgelistet (Anlage 2. Weiterhin sind Grundwasseruntersuchungen des Erftverbandes aus dem Jahre 2009 beigefügt (Anlage 31).

4. Liegen Beurteilungen zur Dichtigkeit der Deponie sowie zur Kontamination des Grundwassers durch die Deponie vor?

Es gibt Deponiejahresberichte zu den Untersuchungen und zum Deponieverhalten mit den entsprechenden Bewertungen sowie Angaben zu den Betriebsvorgängen auf der Deponie.

Der Hauptteil der Jahresberichte ist in der ADDIS-Datenbank abgelegt.

Ein Vergleich der Grundwasseranalysen mit herangezogenen Vergleichswerten (Geringfügigkeitsschwellen, Prüfwerte nach Bundesbodenschutzverordnung, Richtwerte nach Trinkwasserverordnung) zeigt, dass in den vorgenannten Grundwasserstockwerken Belastungen vorliegen.

Die Ursache liegt aber nicht nur in der Deponie begründet. Die vorherrschende qualitative Grundwassersituation ist geprägt durch ein komplexes Zusammenwirken verschiedener Einflüsse. Neben dem Einfluss des abgelagerten Rotschlamms sind auch Einflüsse der tagebaulichen Vornutzung vorhanden, wie Anschüttungen von Kippenmaterial und braunkohlenproduktionsbedingte Rückstände. Weiterhin gibt es auch durch geogene Ursachen bedingte hydrochemische Grundwasserbeeinflussungen. Eine gegenseitige Abgrenzung dieser Einflüsse auf die Grundwassersituation ist nicht möglich.

Durch die sukzessive Fertigstellung der Oberflächenabdichtung wird der Sickerwasseranfall der Deponie geringer werden und es werden dann weniger Stoffe aus der Deponie in das Grundwasser eingetragen. Weiterhin wird die Deponie dauerhaft durch ein Monitoring überwacht werden.

5. Wenn keine Beobachtungsbrunnen vorhanden sind, wie begründet die Landesregierung dies?

Es sind Beobachtungsbrunnen vorhanden.

Die Anlagen sind aufgrund ihres Umfangs und zur besseren Lesbarkeit nicht schriftlich beigefügt, sondern im Internet unter http://www.lanuv.nrw.de/abfall/deponierung/kleineanfrage393.htm verfügbar