Gibt der Verfassungsschutz interne Einschätzungen an die Rechtspostille Junge Freiheit weiter?

Die Junge Freiheit gilt als publizistisches Flaggschiff der sogenannten Neuen Rechten, einer politischen Strömung die die extreme Rechte und den Konservatismus politisch vereinen möchte. Das von der Jungen Freiheit vertretene Weltbild gilt als nationalistisch, völkisch, antiparlamentarisch sowie verschwörungstheoretisch.

Der Verfassungsschutz NRW hat die Junge Freiheit von 1993 bis 2003 in seinen Verfassungsschutzberichten aufgeführt. Unter anderem hatte der Verfassungsschutz festgestellt, dass bei der Jungen Freiheit etliche Beiträge tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht rechtsextremistischer Bestrebungen enthielten. Infolge einer Klage der Jungen Freiheit legte das Bundesverfassungsgericht enge Richtlinien für die Erwähnung von Presseerzeugnissen in Verfassungsschutzberichten fest.

Das Innenministerium NRW entschied sich daraufhin, die Junge Freiheit nicht mehr in den Verfassungsschutzberichten zu erwähnen.

Die Junge Freiheit bedient auch nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes weiter extrem rechte Diskurse, wie zahlreiche Publikationen belegen (vgl. Braun, Stephan / Vogt, Ute (Hrsg.): Die Wochenzeitung Junge Freiheit: Kritische Analysen zu Programmatik, Inhalten, Autoren und Kunden, Wiesbaden 2007.).

Seit mehreren Jahren ist dabei auffällig, dass die Junge Freiheit verstärkt versucht, ihre Kritiker/innen im Speziellen und antifaschistische Strukturen im Allgemeinen zu diffamieren.

Unter Zuhilfenahme von Unterstellungen, Verleumdungen und Denunziationen sollen Antifaschist/innen unter Extremismusverdacht gestellt werden. Dabei nutzt sie auch gerne öffentlich zugängliche Berichte des Verfassungsschutzes, um mit dessen Einschätzungen anschließend durch freie Assoziationsketten den Verdacht der Verfassungsfeindlichkeit ihrer Kritiker/innen zu bekräftigen.

Zunehmend bezieht sich die Junge Freiheit dabei auf nicht-öffentliche Einschätzungen des Verfassungsschutzes NRW.

Es stellt sich die Frage, ob der VS oder IM NRW auf Nachfrage nicht-öffentliche Einschätzungen an die Junge Freiheit bzw. für sie tätige Autor/innen weitergibt.

Innenminister Jäger hat im Bericht der Landesregierung über Maßnahmen zur Prävention des Extremismus in Nordrhein-Westfalen (Vorlage 15/100) folgendes feststellt: Wirksame Extremismusprävention basiert auf den Prinzipien der Langfristigkeit und Nachhaltigkeit. Vor diesem Hintergrund zielen die Maßnahmen der Landesregierung, die in den vergangenen Monaten ­ vielfach mit neuen Akzenten ­ stattgefunden haben, auf eine kontinuierliche Aufklärung durch Publikationen und Informationsveranstaltungen für alle relevanten Zielgruppen, die Förderung zivilgesellschaftlichen, bürgerschaftlichen Engagements für Grundwerte der Demokratie und gegen demokratiefeindliches Denken und Handeln sowie auf die Vernetzung von Akteurinnen und Akteuren der Präventionsarbeit.

Hierzu gehört eine vertrauensvolle Zusammenarbeit staatlicher und zivilgesellschaftlicher Stellen.

Vorbemerkung der Landesregierung:

Gemäß § 15 Verfassungsschutzgesetz Nordrhein-Westfalen (VSG) hat die Verfassungsschutzbehörde die Aufgabe, die Öffentlichkeit über Bestrebungen und Tätigkeiten nach § 3 Abs. 1 VSG aufzuklären. Damit soll die Öffentlichkeit frühzeitig über die oft verborgenen Ziele von extremistischen Bestrebungen in Kenntnis gesetzt werden und so die Möglichkeit erhalten, ihnen in freier politischer Auseinandersetzung mit gesellschaftlichem Engagement zu begegnen.

Dieser Unterrichtung der Öffentlichkeit kommt der Verfassungsschutz nicht nur durch die Veröffentlichung von Verfassungsschutzberichten, sondern auch durch sonstige öffentliche Verlautbarungen und auf besondere Anfrage von Presseorganen nach.

Sein Maßstab sind dabei allein die rechtlichen Grenzen. Das Diskriminierungsverbot, wie auch die Meinungs- und Pressefreiheit verbieten, die Öffentlichkeitsarbeit des Verfassungsschutzes an der politischen Überzeugung des anfragenden Presseorgans auszurichten. Vielmehr wird der Verfassungsschutz auch dann seiner Aufgabe gerecht, wenn er versucht, extremistische Bestrebungen von der Richtigkeit der grundgesetzlichen Ordnung zu überzeugen.

1. Stammen alle direkten und indirekten Zitate des Verfassungsschutzes bzw. des Innenministeriums NRW, die in der Jungen Freiheit bzw. auf ihrer Homepage erschienen sind, aus öffentlich zugänglichen Quellen? (bitte einzeln darlegen) Anfragen von Presseorganen werden oft fernmündlich gestellt und nicht elektronisch erfasst.

Eine Rechtsgrundlage für die personenbezogene Speicherung der anfragenden Person ist im Verfassungsschutzgesetz nicht enthalten. Die Beantwortung von Presseanfragen erfolgt, soweit keine Persönlichkeitsrechte oder Geheimschutzgründe entgegenstehen. Die Antworten auf Presseanfragen basieren in der Regel auf bereits veröffentlichten Sachverhalten. Sie können im Einzelfall die generellen Darstellungen in den Verfassungsschutzberichten konkretisieren oder aktualisieren. So wurde auf das jährlich stattfindende Antifa-Camp schon im Verfassungsschutzbericht 2004 hingewiesen. Auch das Jugend- und Kulturzentrum Druckluft in Oberhausen wurde schon im Zwischenbericht des Jahres 2000 erwähnt.

2. Hält die Landesregierung die Junge Freiheit für eine zivilgesellschaftliche Stelle im Sinne des in der Vorbemerkung angeführten Zitates?

3. Bewertet die Landesregierung die Junge Freiheit als einen geeigneten Multiplikator zur Extremismusprävention?

Entsprechend den Maßgaben und Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts in seinem Beschluss vom 24.05.2005 und den sich daran anschließenden Verwaltungsgerichtsverfahren ist der Verfassungsschutz nicht berechtigt, eine Bewertung zur Jungen Freiheit öffentlich abzugeben. Im Übrigen verweise ich auf meine Vorbemerkung.

4. Wie beurteilt Innenminister Jäger die Weitergabe nicht-öffentlich zugänglicher Informationen an die Junge Freiheit bzw. für sie tätige Autor/innen durch das Innenministerium bzw. den Verfassungsschutz NRW?

5. Wird das Innenministerium NRW bzw. der Verfassungsschutz NRW auch in Zukunft auf Nachfrage der Jungen Freiheit bzw. für sie tätigen Autor/innen nichtöffentlich zugängliche Einschätzungen bzw. Informationen weitergeben?

Wie in der Vorbemerkung und in der Antwort zu Frage 1 dargelegt, erhält die Junge Freiheit nur Informationen auf Basis der Verfassungsschutzberichte und anderen Veröffentlichungen.

Sie würden in gleichlautender Weise auf Anfrage auch an andere Presseorgane gegeben.

Insoweit sind diese auch allgemein öffentlich zugänglich.