Das FM könne sich einer Erhöhung der Prüfungsquote bei Klein und Mittelbetrieben nicht anschließen

327 - Allgemeine Finanzverwaltung (Epl. 20)

Im Einzelnen hat das FM Folgendes mitgeteilt:

Es sei zutreffend, dass die Unterrichtungsverpflichtungen i. S. d.

§ 10 für die Betriebsprüfungsstellen u. a. aufgrund von Abgrenzungsproblemen in der Vergangenheit uneinheitlich gehandhabt worden seien. Es habe bei der Auslegung des § 10 Abs. 1 insbesondere für noch unerfahrene Betriebsprüfer an klaren Regeln und Handlungsempfehlungen gefehlt. Durch die gleichlautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 31.08.2009 S 1400 - 5 - V A 5 / S 0722 - 2 - V A 1 (Bundessteuerblatt 2009 I S. 829) seien viele Zweifelsfragen nunmehr bundeseinheitlich geregelt. Das FM gehe davon aus, dass dieser Erlass zu einer spürbaren Verbesserung in der Praxis führen werde. Die Oberfinanzdirektionen würden weiter dafür Sorge tragen, dass die Sensibilisierung im Rahmen der Schulungen neu eingesetzter Betriebsprüfer und in der anschließenden Praxisphase erfolgen werde. Darüber hinaus sollten die Betriebsprüfer regelmäßig im Rahmen von Prüferbesprechungen möglichst in Anwesenheit von Ansprechpartnern der Finanzämter für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung über ihre Verpflichtungen unterrichtet werden.

Das FM könne sich einer Erhöhung der Prüfungsquote bei Klein- und Mittelbetrieben nicht anschließen. Eine Erhöhung der Prüfungsquote würde dazu führen, dass auch nicht prüfungsbedürftige Unternehmen dieser Fallgruppe schnell geprüft oder aufwändige Prüfungen unterlassen würden, nur um Quotenvorgaben zu erfüllen. Resultat sei somit nur, dass die überdurchschnittlich guten Mehrergebnisse der nordrhein-westfälischen Betriebsprüfer beeinträchtigt würden und höhere Nullfallquoten zu befürchten wären. Statt an Prüfungsquoten müsse sich die Betriebsprüfung bundesweit zukünftig in zunehmendem Maße der risikoorientierten Fallauswahl zuwenden. Eine zeitgemäße Reaktion auf knappe Personalressourcen bestehe daher in der Entwicklung und dem Ausbau intelligenter, automationsunterstützter Risikomanagementsysteme, die dazu beitragen, die bisher schon in NRW - 328 Finanzverwaltung (Epl. 20) zierte risikoorientierte Arbeitsweise der Außendienste weiter zu optimieren.

Die Oberfinanzdirektionen hätten die seit 2006 geprüften Fälle der Zufallsauswahl statistisch untersucht. Das FM halte die Zufallsauswahl für unverzichtbar, weil sie Kernbestandteil aller derzeitigen Überlegungen zum Risikomanagement in der Finanzverwaltung sei. Das FM beabsichtige, die Oberfinanzdirektionen anzuweisen, ab 2011 nur noch 5 v. H. (bisher 10 v. H.) der zu prüfenden Fälle als Fälle der Zufallsauswahl auf die Prüfungsgeschäftspläne zu nehmen.

Das FM teile zudem uneingeschränkt die Auffassung des LRH zur derzeitigen Darstellung des Aufgabenbestandes der Betriebsprüfung und schließe sich dem Vorschlag, den Fallbestand im Bereich der Kleinstbetriebe um nicht prüfungsbedürftige Betriebe zu bereinigen, ausdrücklich an. Bereits mit Schreiben vom 12.07.2007 habe das FM einen entsprechenden Vorstoß unternommen und vorgeschlagen, die Bund-Länder-Arbeitsgruppe Größenklasse mit der Prüfung geeigneter, bundeseinheitlicher Abgrenzungskriterien zu beauftragen. Leider sei der Vorschlag mit knapper Mehrheit abgelehnt worden.

Es werde vom FM begrüßt, die Personalverteilung in der Betriebsprüfung künftig stärker unter Berücksichtigung der angestrebten strategischen Neuausrichtung der Betriebsprüfung am Risiko der Fälle auszurichten. Bis zu einer bundesweit abgestimmten Änderung der Personalbedarfsberechnung beabsichtige das FM, in Zusammenarbeit mit den Oberfinanzdirektionen besondere wirtschaftliche Fallstrukturen der Finanzämter (Zuschläge für Wirtschaftskraft) möglichst bald landesweit in der Personalbedarfsberechnung abzubilden.

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Erwiderung des Landesrechnungshofs

Mit seiner Entscheidung vom 26.03.2010 hat der LRH das FM erneut zur Stellungnahme aufgefordert. Nach der Ansicht des LRH hält insbesondere die vom FM vorgebrachte ablehnende Begründung zur Erhöhung der Prüfungsquote bei Klein- und Mittelbetrieben einer näheren Betrachtung nicht Stand.

Die von dem FM vorgetragene Ansicht, dass knappe Personalressourcen so wirtschaftlich wie möglich einzusetzen sind, wird vom LRH uneingeschränkt geteilt. Solange allerdings ein intelligentes, automationsunterstütztes Risikomanagementsystem noch nicht vorhanden ist, müssen andere Wege beschritten werden, um Arbeitsweisen auch in der Betriebsprüfung zu optimieren.

Nach den Feststellungen des LRH ist das durchschnittliche finanzielle Ergebnis der Prüfung eines Mittelbetriebes fast doppelt so hoch wie das Ergebnis einer Kleinstbetriebsprüfung. Im Hinblick auf die hohe Anzahl von Mittelbetrieben (rd. 164.000 in 2008) und die geringe Zahl der tatsächlich geprüften Mittelbetriebe (10.157 in 2008) ist nach den Prüfungserfahrungen des LRH davon auszugehen, dass die Betriebsprüfungsstellen keine Schwierigkeiten haben werden, genügend prüfungswürdige Betriebe zu finden. Gerade im Hinblick auf die Wirtschaftskraft des Landes NRW ist nicht davon auszugehen, dass in NRW im Durchschnitt weniger prüfungswürdige Mittelbetriebe vorhanden sind als in den übrigen Bundesländern. Zudem hat die Finanzverwaltung NRW im Jahr 2008 im bundesweiten Vergleich den 16. und damit letzten Platz bei der Prüfungsquote der Mittelbetriebe eingenommen.