Was kosten Nationalparke und Wildnisgebiete?

Die Landesregierung plant weitere Nationalparke und Wildnisgebiete vorrangig im Staatswald auszuweisen.

Vorbemerkung der Landesregierung zu den Ausgangsbedingungen für das Wildnisgebietskonzept NRW EU-Ebene.

Das EU-Parlament hat am 3. Februar 2009 eine Aufforderung an die EU-Kommission zur Erstellung einer EU-Strategie zum Schutz der Wildnis gerichtet. In der Prager Erklärung vom 27/28.5.2009 zur Bedeutung von Wildnisgebieten in Europa wurden die Mitgliedsstaaten aufgefordert, den Wildnisgedanken zu unterstützen und eine geeignete Umsetzung in den Mitgliedsstaaten sicher zu stellen. Ziele sollten sein:

Akzeptanz für die Wildnis steigern:

Wiederherstellung geeigneter Gebiete (z. B. Entnahme Fehlbestockung):

Allianzen zwischen den verschiedenen betroffenen Sektoren schaffen (Naturschutz, Forstwirtschaft, Lw.):

Optimierung der Umsetzung FFH durch Wildnisgebiete:

Stärkung des Naturerlebens Bundes-Ebene:

Die Nationale Biodiversitäts-Strategie des Bundes fordert bis 2020 eine natürliche Waldentwicklung auf mindestens 5 % der Waldfläche.

Koalitionsvertrag NRW:

Nachdem in der letzten Legislaturperiode die Erstellung einer Wildnisgebietskonzeption durch das ehemalige MUNLV gestartet wurde und ein erstes Wildnisgebiet beim Verschönerungsverein für das Siebengebirge e. V. (VVS) durch Herrn Minister a. D. Uhlenberg am 27.04.2010 eingeweiht wurde, hat im Juli 2010 diese Zielsetzung auch Eingang in den Koalitionsvertrag zwischen der NRW SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gefunden.

Zielvorstellung für NRW:

Zur Umsetzung dieser europäischen Forderung in NRW wurde eine auf landes-einheitlichen Kriterien beruhende Wildnisgebietskonzeption für Waldflächen des Landes durch das Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) und den Landesbetrieb Wald und Holz NRW (LB WH) erarbeitet. Hierbei wurden die wissenschaftlichen Grundlagen zur Ausweisung der Flächen auf der Basis und mit dem Schwerpunkt der vorhandenen Laubalthölzer vom LANUV erarbeitet, um eine Repräsentanz aller wichtigen Waldökosysteme in den verschiedenen Großlandschaften in NRW zu garantieren und um das Netz der Wildnisgebiete für den landesweiten Biotopverbund optimal nutzen zu können. Die Ausweisung der Flächen soll grundsätzlich im Staatswald geschehen.

Die Ausweisung von Wildnisgebieten in der oben beschriebenen Form ist eine hervorragende Möglichkeit, die Biodiversität in den Wäldern Nordrhein-Westfalen zu verbessern. Gleichzeitig haben Altwaldbestände mit stehendem und liegendem Totholz eine hohe Bedeutung für das Naturerleben. Durch diese Konzeption in Verbindung mit geeigneten Umweltbildungsmaßnahmen zu Wildnisgebieten wird ein Verständnis für die Kreisläufe im Wald und zu mehr Naturschutz und Erhalt des Naturerbes in der Bevölkerung in NRW geweckt.

Ferner ist im Koalitionsvertrag zwischen der NRW SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Errichtung einer Stiftung für das Naturerbe in NRW enthalten, in die dann die Schutzgebietsflächen und dazu gehören auch die zuvor erwähnten Gebiete, einfließen sollen.

1. Welchen Umfang sollen die geplanten Nationalparke und Wildnisgebiete im Staatswald einnehmen?

Die Wildnisgebietskonzeption für den landeseigenen Wald in NRW ist zurzeit in der Erarbeitung. Aufgrund der bisherigen Erkenntnisse der Feinabstimmung zwischen Landesbetrieb Wald und Holz und dem LANUV wird eine Wildnisgebietsfläche von rund 7500 Hektar diskutiert.

Der Anteil des Staatswaldes im Bereich des geplanten Nationalparks Teutoburger Wald/Eggegebirge beträgt auf der Grundlage der heutigen Eigentumsverhältnisse 2.576 ha.

Davon werden ca. 406 ha zudem Wildnisgebiete nach der Konzeption des Landes sein.

Darüber hinaus ist es Ziel des Landes durch einen wertgleichen Tausch mit dem Landesverband Lippe Flächen innerhalb der Nationalparkkulisse Teutoburger Wald/Eggegebirge in Landesbesitz zu überführen.

2. Wie hoch werden die jährlichen Einnahmeausfälle des Landesbetriebs Wald und Holz NRW sein, die aus dem Nutzungsverzicht im Falle der Ausweisung zusätzlicher Nationalparke und Wildnisgebiete entstehen?

Die jährlichen Einnahmeausfälle für die Stilllegung der Laubholzflächen können nicht eindimensional den einzelnen Projekten (Wildnisgebiete, Nationalpark) zugeordnet werden, weil der Landesbetrieb Wald derzeit seine Flächen nach dem FSC-Standard rezertifiziert. Voraussetzung für dieses Zertifikat ist die Ausweisung von nicht zu bewirtschaftenden Referenzflächen in einer Größenordnung von rund 5500 Hektar. Die Flächen des Wildnisgebietskonzepts sind aufgrund ihrer repräsentativen Auswahl bei den in NRW natürlich verbreiteten Waldgesellschaften der Eichen- und Buchenwälder gleichzeitig in erheblichem Umfang als Referenzflächen für FSC geeignet. Zurzeit wird seitens des Landesbetriebes Wald und Holz mit dem Zertifizierer über die Verschneidung der Flächen verhandelt.

Die Nichtbewirtschaftung von Buchen- und Eichenwäldern hat bei einer langfristigen Betrachtung Einnahmeausfälle in Höhe von ca. 120 Euro/Jahr/Hektar zur Folge (Bodenbruttorente gemäß den Waldbewertungsrichtlinien NRW). Die Bodenbruttorente findet Anwendung bei der unbegrenzten Inanspruchnahme von Waldflächen.

3. Wie will die Landesregierung langfristig sicherstellen, dass die regionale Versorgung mit dem einheimischen und nachwachsenden Rohstoff Holz gewährleistet wird?

Die nordrhein-westfälische Holz- und Sägeindustrie hat in Abhängigkeit von den Marktverhältnissen schon in der Vergangenheit regelmäßig erhebliche Anteile ihres Rundholzbedarfes aus anderen Regionen eingekauft. Unabhängig hiervon, wird das mögliche Holzangebot in NRW derzeit bei weitem nicht in allen Sortimentsbereichen ausgeschöpft.

Die Holzaufkommensprognose des Bundes geht - basierend auf den Ergebnissen der Bundeswaldinventur 2 (BWI 2) - für NRW davon aus, dass zwischen 2008 und 2022 6 - 7 Mio. fm jährlich zur Verfügung stehen.

Derzeit werden in NRW etwa 4-5 Mio. fm jährlich genutzt. Insbesondere im Laubholz ist die Differenz zwischen der tatsächlichen Nutzung und dem Potenzial erheblich. So werden in NRW jährlich rund 1 Mio. Festmeter Laubholz (IT-NRW) eingeschlagen. Hinzu kommt eine durch die Erhebungsart der Statistiken bedingte Unschärfe von etwa 300.000 - 500.000 fm.

Die Holzaufkommensprognose der BWI 2 prognostiziert für NRW dagegen ein jährliches Laubholzaufkommen von 2,8 - 3,3 Mio. fm im Zeitraum zwischen 2008 und 2022.

Zur Schaffung belastbarer Datengrundlagen für die Steuerung der Forst- und Holzwirtschaft in NRW plant die Landesregierung 2012 eine schon längst überfällige Wiederholung der Landeswaldinventur, so dass auch regionalisierte Aussagen gemacht werden können. Mit Hilfe der Methoden des Virtuellen Waldes soll - bei erfolgreichem Abschluss des For schungsprojektes - eine flächige Waldinventur erarbeitet werden, so dass die identifizierten Potenziale gezielter mobilisiert werden können.

4. Wie vertragen sich die geplanten Natur- und Forstmaßnahmen mit den Klimaschutzzielen der Landesregierung?

Bei einer Betrachtung der Auswirkungen der Stilllegung von Waldbeständen ist das Ergebnis für den Klimaschutz sehr viel differenzierter, als man dies auf den ersten Blick erwarten würde.

Ein Hauptziel in den Beschlüssen der Weltklimakonferenz von Cancun als Teil der Klimaschutzpolitik ist: ....der weltweite Schutz der Wälder, die einen sehr bedeutenden Kohlenstoffspeicher darstellen, ....

Auch Urwälder dienen dem Klimaschutz, denn in Urwäldern, die sich in einer Gleichgewichtsphase befinden, sind grundsätzlich wesentlich höhere Holzvorräte vorhanden als in Wirtschaftswäldern. Nach Einstellung der forstlichen Nutzung bzw. der Waldentwicklungsmaßnahmen in einem potentiellen Nationalpark wird die Menge des gespeicherten Kohlenstoffs in den Wäldern daher ansteigen. Mittelfristig wird ein Nutzungsverzicht im Wald daher mehr zum Klimaschutz beitragen als die Holznutzung ­ und dies gerade in der für den Klimaschutz entscheidenden Phase der nächsten vier bis fünf Jahrzehnte.

Daher erscheint es weder sinnvoll noch sachgerecht in der gegenwärtigen Diskussion, die unverzichtbare Erhaltung und Verbesserung der Biodiversität in den Buchen- und Eichenwäldern Nordrhein-Westfalens gegen die nachhaltige Nutzung des erneuerbaren Rohstoffes Holz auszuspielen.

5. Kann die Landesregierung den Beitrag Nordrhein-Westfalens zu den nationalen Klimazielen überhaupt sicherstellen, wenn große Teile des Staatswaldes aus der Nutzung genommen werden?

Der überwiegende Anteil des Staatswaldes wird auch künftig (naturnah) bewirtschaftet. Die Klimaschutzziele (s. auch Antwort zur Frage 4) werden in besonderer Weise auch durch das Belassen von Biomasse in den Wäldern NRWs erreicht.

Die gemessen am Einschlagspotential des Gesamtwaldes in Nordrhein-Westfalen marginalen Nutzungseinschränkungen im Staatswald können durch die Mobilisierung zusätzlicher Holzmengen aus dem Nichtstaatswald ausgeglichen werden.