Nebentätigkeiten des Hessischen Ministers der Justiz

Im Jahr 2004, als der jetzige Justizminister noch Landrat des Hochtaunuskreises war, übte er 80 ehrenamtliche Nebentätigkeiten aus. In 31 der 80 Fälle war er Vorsitzender eines Gremiums, zum Beispiel des Verwaltungsausschusses der Kommunalbeamten-Versorgungskasse, des Aufsichtsrates der Biomasse Rhein-Main GmbH oder der Regionalpark Rhein Main GmbH. Eine solche Vielzahl von Nebentätigkeiten, die im Wesentlichen im Zusammenhang mit seiner damaligen Position als Landrat standen, nimmt naturgemäß viel Zeit in Anspruch. Aus diesem Grund gibt es hinsichtlich der Wahrnehmung von Nebentätigkeiten für Landesbedienstete restriktive Vorgaben, die darauf abzielen, dass die Tätigkeit im Hauptamt nicht beeinträchtigt werden darf.

Vorbemerkung des Ministers der Justiz:

Die Behauptung, der damalige Landrat des Hochtaunuskreises und heutige Hessische Minister der Justiz übte 80 ehrenamtliche Nebentätigkeiten aus, ist falsch.

Eine nach § 26a HGO vergleichbare Anzeigepflicht existiert für Mitglieder der Landesregierung nicht. Auch das Dienstrecht für Beamte ist nicht unmittelbar auf die Mitglieder der Landesregierung anzuwenden. Daher gibt es keine Vergleichbarkeit in der Frage der Wahrnehmung von Nebentätigkeiten für Landesbedienstete und für Mitglieder der Landesregierung.

Wendet man jedoch das Dienstrecht für Beamte analog auf die Mitglieder der Landesregierung an, so sind Mitgliedschaften und Vorstandstätigkeiten in Organen von Genossenschaften und von gemeinnützigen Ei nrichtungen in die Übersicht zu Nebentätigkeiten grundsätzlich nicht aufz unehmen. Etwas anderes gilt im Hinblick auf Sinn und Zweck der Anzeige nur, wenn die Tätigkeit eine außergewöhnliche politische Bedeutung hat.

Daher wurden beispielsweise die Mitgliedschaft in der Christlich Demokratischen Union Deutschlands (CDU) oder im Förderverein Saalburg e.V. nicht in die Ausführungen aufgenommen.

Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt:

Frage 1. Wie viele und welche der 80 Nebenämter und Nebenbeschäftigungen sowie Funktionen, die der Justizminister als Landrat innehatte, übt er heute noch aus?

Folgende Nebentätigkeiten übt der Hessische Minister der Justiz noch aus: Name der Institution Art der Tätigkeit Freilichtmuseum Hessenpark GmbH Mitglied im Aufsichtsrat und Beirat Gemeinnützige Baugenossenschaft Hochtaunus e.G. Genosse, Aufsichtsratsvorsitzender Gesellschaft zur Rekultivierung der Kiesgrubenlandschaft Weilbach mbH Mitglied im Aufsichtsrat Landeswohlfahrtsverband Hessen Mitglied der Verbandsversammlung Nassauische Sparkasse Mitglied im Verwaltungsrat Regionalversammlung Südhessen Mitglied der Versammlung Rhein-Main-Verkehrsverbund Servicegesellschaft mbH Mitglied im Aufsichtsrat Stiftung Flughafen Frankfurt/Main für die Region Mitglied im Stiftungsvorstand Taunus-Sparkasse Mitglied im Verwaltungsrat Unfallkasse Hessen Vorstandsvorsitzender

Frage 2. Welche Nebenbeschäftigungen und Ehrenämter sind seit seiner Ernennung zum Justizminister hinzugekommen oder aufgegeben worden und welche stehen unmittelbar oder mittelbar in Zusammenhang mit seinem Ministeramt?

Folgende Nebentätigkeiten hat der Hessische Minister der Justiz seit seiner Ernennung aufgegeben: Name der Institution Art der ausgeübten Tätigkeit Accadis GmbH Internationale Berufsakademie Bad Homburg Mitglied im Kuratorium Arbeitsamt Frankfurt Mitglied im Verwaltungsausschuss Arbeitsgemeinschaft Hess. Naturparkträger Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Biomasse Rhein-Main GmbH Aufsichtsratsvorsitzender Deutscher Landkreistag Mitglied im Finanzausschuss usw.

Energieversorgung Offenbach (EVO) Mitglied im Beirat Frankfurt Rhein-Main 2012 GmbH Mitglied im Beirat usw.

Frankfurt-Königsteiner Eisenbahn AG Mitglied im Aufsichtsrat Fremdenverkehrsverband Taunus Touristik Service e.V. Vorstandsvorsitzender Gem. Wohnungsbaugesellschaft mbH Usingen Aufsichtsratsvorsitzender Gesellschaft Hochtaunusstraße GbR Vorstandsvorsitzender Hessischer Landkreistag Mitglied im Präsidium usw.

Hessischer Verwaltungsschulverband Beisitzer der Bezirksleitung und Mitglied der Verbandsversammlung Hochtaunus-Kliniken gGmbH Aufsichtsratsvorsitzender Kommunalbeamten Versorgungskasse Nassau Vorsitzender des Verwaltungsausschusses Kommunale Informationsverarbeitung in Hessen Mitglied der Verbandsversammlung Krankenhauslabor GmbH der Kliniken des HTK Vorsitzender des Beirates Mainova AG Mitglied im Beirat Main-Taunus-Recycling GmbH Stellv. Aufsichtsratvorsitzender Nassauische Heimstätte Wohnungs- und Entwicklungsgesellschaft mbH Mitglied im Aufsichtsrat Paul-Kurz Altenstiftung Vorstandsvorsitzender Planungsverband Ballungsraum Frankfurt Rhein-Main Mitglied Rat der Region Mitglied usw.

Regionalpark Rhein-Main GmbH Aufsichtsratsvorsitzender Regionalpark Rhein-Main Taunushang GmbH Mitglied im Aufsichtsrat Regionalpark Schwalbach/Kronberg GmbH Mitglied im Aufsichtsrat Rhein-Main Deponie GmbH Stellv. Aufsichtsratvorsitzender Rhein-Main Verkehrsverbund GmbH Mitglied im Aufsichtsrat Rhein-Main-Abfall GmbH Aufsichtsratsvorsitzender Rindsches Bürgerstift Vorsitzender des Kuratoriums Sparkassen- und Giroverband Hessen-Thüringen Landesbausparkasse Hessen-Thüringen Landesbank Hessen-Thüringen Sparkassenversicherung Mitglied im Verbandsvorstand usw.

St.-Josef-Krankenhaus gGmbH Mitglied im Beirat Stiftung Maria-Ward-Schule Bad Homburg v.d.H. Stellv. Vorsitzender des Kuratoriums Süwag Energie AG Mitglied im Beirat usw.

Taunusdienste Gemeinnützige Arbeitsförderungsgesellschaft mbH Aufsichtsratsvorsitzender Taunus-Gebäude-Service GmbH Vorsitzender des Beirats Taunus-Klinik Bad Homburg GmbH Vorsitzender des Beirats Taunus Menü Service GmbH Vorsitzender des Beirats Vorbereitungsgesellschaft zur Gründung einer Gesellschaft für das Integrierte Verkehrsmanagement RheinMain (IVM) mbH Aufsichtsratsvorsitzender Zweckverband Feldberghof Vorsitzender des Zweckverbandsvorstandes Zweckverband Naturpark Hochtaunus Vorsitzender des Zweckverbandsvorstandes Zweckverband Verkehrsverband Hochtaunus Vorsitzender des Zweckverbandsvorstandes

Neue Nebentätigkeiten sind seit seiner Ernennung nicht hinzugekommen.

Frage 3. Ist es üblich, dass Minister bzw. Ministerinnen weiterhin Regionalparlamenten angehören, und wie oft kommt dies vor?

Es ist durchaus üblich, dass Ministerinnen und Minister - im Übrigen aller Parteien und deutschlandweit - Regionalparlamenten angehören.

Frage 4. Wie stark ist der zeitliche Aufwand für die Wahrnehmung der zu den Fragen 1 und 2 dargestellten Nebentätigkeiten des Justizministers (Angaben in Anteil an der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit)?

Auf die zu den Fragen 1 und 2 dargestellten Nebentätigkeiten entfallen ca. 5 v.H. der wöchentlichen Arbeitszeit.

Frage 5. Auf welche Weise verhindert die Landesregierung, dass die Anzahl der Nebentätigkeiten, Ehrenämter und sonstigen außerdienstlichen Tätigkeiten der Regierungsmitglieder aufgrund des damit verbundenen zeitlichen Aufwandes nicht die Amtsgeschäfte als Minister, Ministerin, Staatssekretär oder Staatssekretärin beeinträchtigen?

Für Mitglieder der Landesregierung wird die Ausübung von Nebentätigkeiten weder durch Bestimmungen der Hessischen Verfassung noch durch das Gesetz über die Bezüge der Mitglieder der Landesregierung eingeschränkt oder untersagt. Die beamtenrechtlichen Vorschriften über die Ausübung von Nebentätigkeiten finden für Mitglieder der Landesregierung keine Anwendung, da diese keine Beamten sind. Auch das Gesetz über die Bezüge der Mitglieder der Landesregierung sieht die entsprechende Anwendung dieser Vorschriften nicht vor.

Es unterliegt der Eigenverantwortung der Ministerin oder des Ministers, bei der Übernahme und Ausübung von Nebentätigkeiten, Ehrenämtern oder sonstigen außerdienstlichen Tätigkeiten Beeinträchtigungen der Wahrnehmung der Amtsgeschäfte und Interessenkollisionen zu vermeiden.

Für Staatssekretärinnen und Staatssekretäre gelten die beamtenrechtlichen Vorschriften über die Ausübung von Nebentätigkeiten der §§ 78 ff. des Hessischen Beamtengesetzes sowie der Nebentätigkeitsverordnung.

Bisher ist es nicht zu solchen Beeinträchtigungen gekommen. Denn in der Regel handelt es sich bei den Nebentätigkeiten um solche, die im Interesse des Gemeinwohls wahrgenommen werden. Schon allein dadurch werden ökonomische und soziale Interessenkollisionen vermieden sowie der "böse Schein" einer solchen Abhängigkeit vermieden.

Frage 6. Wie wird innerhalb der Landesregierung festgestellt, ob die von einem Mitglied der Landesregierung ausgeübte Nebentätigkeit, ehrenamtliche Beschäftigung oder andere außerdienstliche Tätigkeit Interessenkonflikte mit der jeweiligen Funktion in der Landesregierung verursachen kann?

Auf die Antwort zu Frage 5 wird verwiesen.

Frage 7. Wie kann es nach Ansicht der Landesregierung vermieden werden, dass es durch die in Frage 6 angesprochenen Tätigkeiten zu Interessenkonflikten kommt?

Auf die Antwort zu Frage 5 wird verwiesen.

Frage 8. Ist der Landesregierung bekannt, dass der Justizminister eine Nebentätigkeit, ehrenamtliche Beschäftigung oder andere außerdienstliche Tätigkeit, die er bereits als Landrat innehatte oder später aufgenommen hat, wieder aufgegeben hat, weil der zeitliche Aufwand für diese die Aufgabenwahrnehmung als Justizminister beeinträchtigt hätte oder dadurch möglicherweise seine Unparteilichkeit oder Unbefangenheit hätte beeinflussen können?

Der Hessische Minister der Justiz hat mit Amtsantritt am 23. November 2005 die meisten seiner in den Jahren 2004 und 2005 nach § 26a HGO gemeldeten Nebentätigkeiten bzw. Ehrenämter, die einen unmittelbaren und mittelbaren Bezug zu seiner vorherigen hauptamtlichen Tätigkeit als Landrat des Hochtaunuskreises hatten, aufgegeben bzw. seinen Rücktritt von den entsprechenden Funktionen erklärt. Dadurch konnte er sich von der ersten Minute seines Amtsantritts vollständig auf seine neue Tätigkeit als Hessischer Minister der Justiz konzentrieren und hat dadurch jedwede Beeinträchtigungen für sein neues Amt vermieden.

Frage 9. In welchem Umfang ist der Justizminister verpflichtet, die im Zusammenhang mit Nebentätigkeiten erhaltenen Entgelte und geldwerten Vorteile abzuführen?

Nach § 1 Abs. 6 des Gesetzes über die Bezüge der Mitglieder der Landesregierung vom 27. Juli 1993 (GVBl. I S. 339), zuletzt geändert durch Gesetz vom 15. Dezember 2004 (GVBl. I S. 442), gelten die beamtenrechtlichen Vorschriften über die Abführung von Vergütungen aus Nebentätigkeiten entsprechend. Maßgebend sind also die Regelungen der Nebentätigkeitsverordnung in der Fassung vom 21. September 1976 (GVBl. I S. 403), zuletzt geändert durch Gesetz vom 25. November 1998 (GVBl. I S. 492).

§ 2 Abs. 2 Satz 1 der Nebentätigkeitsverordnung sieht vor, dass für die Besoldungsgruppe B 6 und höher eine Abführungspflicht besteht, sofern die Vergütung 12.000 DM (6.135) für das Kalenderjahr übersteigt. Eine Abführungspflicht besteht allerdings nur für Vergütungen aus einer oder mehreren Nebentätigkeiten im öffentlichen Dienst. Außerhalb des öffentlichen Dienstes erlangte Vergütungen sind nach § 2 Abs. 2 Nebentätigkeitsverordnung zu berücksichtigen, wenn die Nebentätigkeit auf Verlangen, Vorschlag oder Veranlassung des Dienstherrn übernommen worden ist (Satz 1) oder mit Rücksicht auf die dienstliche Stellung ausgeübt wird (Satz 2).

Der Hessische Minister der Justiz erreicht die in § 2 Abs. 2 Nebentätigkeitsverordnung beschriebene Abführungsgrenze nicht.