Situation des Lampertheimer Altrheins

Die Kleine Anfrage beantworte ich wie folgt:

Frage 1. Wie beurteilt die Landesregierung die ökologische Situation des Naturschutzgebietes "Lampertheimer Altrhein"?

Bei der Beurteilung des Naturschutzgebietes (NSG) stütze ich meine Aussagen auf die aktuelle Grunddatenerhebung von 2003 des gleichlautenden und flächengleichen FFH- und Vogelschutzgebietes "Lampertheimer Altrhein".

Insgesamt kann dem NSG anhand der dort ausgebildeten auentypischen Lebensgemeinschaften bescheinigt werden, dass es neben dem NSG KühkopfKnoblochsaue zu den bedeutendsten Auenschutzgebieten entlang des Oberrheines zählt. Der ökologische Wert des NSG begründet sich in dem Vorhandensein naturnaher Hart- und Weichholzauen in einem überwiegend guten bis ausgezeichneten Erhaltungszustand. Eine hessenweite besondere Bedeutung besitzt das NSG ferner durch seine großflächigen Auenwiesen, die sich überwiegend in einem ausgezeichneten Erhaltungszustand präsentieren. Das NSG beherbergt weiterhin offene, verlandende und verlandete Altarme mit Schwimmblattdecken, Röhrichten und Rieden sowie Schlammfluren an den sommerlich trocken fallenden Flussufern in überwiegend guten bis ausgezeichneten Erhaltungszuständen. Diese Lebensraumtypen sind zugleich Lebensraum für eine artenreiche, auentypische Fauna.

Frage 2. Wann ist mit einem faunistischen Gutachten für das Gebiet zu rechnen?

Eine faunistische Bestandserfassung der FFH-relevanten Fauna und der relevanten Vogelarten nach der EU -Vogelschutzrichtlinie wurde, wie zu

Frage 1 bereits erwähnt, im Rahmen der Grunddatenerhebung 2003 durchgeführt. Weitergehende Untersuchungen erscheinen derzeit nicht notwendig.

Frage 3. Welche Auswirkungen sind bei einer Verlandung des so genannten "Welschen Lochs" zu erwarten?

Einfluss auf die Vogelwelt

Es ist davon auszugehen, dass in den nächsten Jahren und Jahrzehnten die offene Wasserfläche des "Welschen Lochs" zugunsten eines Mosaiks aus Röhrichten, Seggenrieden, Weichholzauen und kleinen Restwasserflächen und Tümpel abnehmen wird. Mit zunehmender Verlandung wird es seine Bedeutung als Rastplatz für ziehende Wasservögel verlieren, dagegen wird es aber eine Aufwertung als Bruthabitat für seltene Brutvogelarten erfahren.

Damit gewinnt das Gebiet an Bede utung z.B für Schwarzmilan, Graureiher, Nachtreiher, Blaukehlchen, Teichrohrsänger, Drosselrohrsänger, Wasserund Tüpfelralle, Purpurreiher, Zwergdommel und Rohrweihe.

Aber auch als Rastgebiet für Sumpfvogelarten wie Rohrdommel und Bartmeise wird es an Attraktivität gewinnen. Damit wird der Lebensraumkomplex "Röhricht" und Weidensaum an Gewässern" eine weitere Aufwertung im FFH und VSG "Lampertheimer Altrhein" erfahren. Bereits heute weist dieser Lebensraumkomplex die höchsten Zahlen an bedeutsamen und sehr bedeutsamen Brutvogelarten auf Landesebene auf.

Einfluss auf die Fischfauna

Durch die zunehmende Verlandung des "Welschen Lochs" und die Eintiefung des Rheins spielt das "Welsche Loch" für die Fischfauna zunehmend eine geringere Rolle. Nur in Jahren mit hohen Rheinwasserständen gelingt es der Fischfauna, sich im "Welschen Loch" zu repr oduzieren. Die Gefahr besteht aber, dass bei rasch sinkendem Rheinwasserstand die Fische nicht mehr aus dem "Welschen Loch" entweichen können. Bei Austrocknung der Restwasserfläche wird es dann zu einem Fischsterben kommen, wie dies in den letzten Jahren häufiger beobachtet werden konnte. Daran würde auch eine Vertiefung des "Welschen Loches" wenig ändern. Die Fischereibiologen begrüßen daher die Verlandung des "Welschen Loches", da damit der Falleneffekt für die Fischfauna minimiert würde.

Einfluss auf die Amphibienfauna

Für die Amphibienfauna spielen große, fischreiche Gewässer nur eine untergeordnete Rolle. Mit zunehmender Verlandung und dem Verbleib von kleinen Restwasserflächen und Tümpeln würden im "Welschen Loch" Lebensräume für seltene Amphibienarten entstehen, zu denen die Gelbbauchunke, der Kammmolch oder der Moorfrosch als FFH-Anhangarten zählen.

Insgesamt gesehen führt somit die Verlandung des "Welschen Lochs" zu einer Zunahme der Diversität und damit zu einer Zunahme der faunistische Artenvielfalt.

Frage 4. Sind negative Auswirkungen aus Sicht der FFH-Richtlinie zu erwarten?

Das "Welsche Loch" ist derzeit als Wasserfläche nicht FFH-relevant. Bei fortschreitender Verlandung wird es allerdings zunehmend zur Ausbildung des FFH-Lebensraumtyps "Flüsse mit Schlammbänken mit Vegetation des Chenopodion rubri p.p. und des Bidention p.p." kommen, die wiederum von dem sehr viel wertvolleren und prioritären Lebensraumtyp "Auenwälder mit Alnus glutinosa und Fraxinus excelsior " abgelöst werden, der sich bereits nach dem Trockenfallen des "Welschen Lochs" im Jahre 2003 spontan auf den offenen Schlammböden angesammelt hat. Somit würde eine Verlandung den FFH-Belangen entgegenkommen. Die Nachteile aus Sicht der Vogelwelt, die gleichrangig gegenüber den FFH-Zielen zu behandeln sind, wurden bereits unter Frage 3 geschildert.

Frage 5. Wäre eine großflächige Entlandungsmaßnahme geeignet, die Lebensbedingen für Flora und Fauna zu verbessern?

Eine Verbesserung würde sich nur im Hinblick auf rastende und überwinternde Wasservogelarten ergeben. Für die schutzwürdige Brutvogelfauna würde die ungestörte Verlandungsdynamik dagegen Vorteile bezüglich Habitatvielfalt bieten.

Eine Entlandungsmaßnahme und Beseitigung von prioritären FFHLebensraumtypen wäre nach § 34 Abs. 4 HENatG zudem nur möglich, wenn zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses vorhanden wären, die aber nicht gegeben sind, da es nicht für Befürworter, sondern auch Gegner einer solchen Maßnahme gibt. Zudem müsste bezüglich der Verträglichkeit der Maßnahme eine Stellungnahme bei der EUKommission eingeholt werden.

Frage 6. Welche Unterhaltungspflichten bestehen rund um das Naturschutzgebiet "Lampertheimer Altrhein"?

Die Pflege und Unterhaltung des NSG sind durch einen Rahmenpflegeplan gewährleistet, der jährlich aktualisiert wird und der zugleich auch die Belange des FFH- und Vogelschutzes einschließt.

Frage 7. Zieht das Land Hessen eine grundsätzliche regelmäßige Reinigung des Flussbettes im Lampertheimer Altrhein in Betracht und falls nein, welche Gründe sprechen dagegen?

Die Wasserwirtschaftsverwaltung des Landes Hessen ist lediglich Eigentümer des Heegwassers vom Holländergraben bis zur Biedensandbrücke.

Das Land Hessen führte bislang keine Entschlammung des Flussbettes im genannten Altrheinabschnitt durch und plant auch keine. Eine Ausbaggerung der Sedimente im landeseigenen Heegwasser halte ich aus wasserwirtschaftlicher Sicht für nicht erforderlich, da sich die Sedimentation unterhalb des Niedrigwasserspiegels befindet.

Zudem sehen Planungen des Landes Baden-Württemberg die Herstellung eines Durchstichs vom Neurhein in den Altrhein voraussichtlich ab diesem Jahr vor. Dadurch soll ein häufigerer Zufluss von Frischwasser aus dem

Neurhein sichergestellt werden. Aus ökologischer Sicht ist eine Entschlammung des Heegwassers nicht erwünscht. In diesem Gewässer bzw. an dessen Ufer wurde n zwei FFH-Lebensraumtypen kartiert sowie mehrere FFHAnhang-II-Arten festgestellt, deren Erhaltungszustand nicht verschlechtert werden darf, was der Fall wäre, wenn das Gewässer ausgebaggert würde.

Eine Entschlammung müsste den gesamten Lauf des Fließgewässers umfassen.

Der Gewässerabschnitt von der Biedensandbrücke bis zur Mündung des Lampertheimer Altrheins in den Neurhein steht im Eigentum der Bundesrepublik. Auf eine Entschlammung dieses Abschnitts hat das Land Hessen keinen Einfluss.