Auch bei Bekanntwerden der Schwangerschaft erst während der Haft gelten die zur Frage

6. Wird die Notwendigkeit der Inhaftierung bei einer schwangeren Frauen unverzüglich noch einmal überprüft?

Auch bei Bekanntwerden der Schwangerschaft erst während der Haft gelten die zur Frage 4 benannten Grundsätze. Die Staatsanwaltschaft prüft bei Bekanntwerden der Schwangerschaft während der Untersuchungshaft von Amts wegen, ob die Voraussetzungen für die Untersuchungshaft weiterhin bestehen, und führt ggfs. eine Entscheidung des Richters herbei. Dieser entscheidet unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls, ob der Untersuchungshaftbefehl gegen die Schwangere wegen Wegfalls des Haftgrundes, wegen Unverhältnismäßigkeit oder wegen Haftunfähigkeit aufzuheben oder unter Auflagen außer Vollzug zu setzen ist.

Im Vollstreckungsverfahren ist die nochmalige Überprüfung der Notwendigkeit der Inhaftierung schwangerer Frauen gesetzlich nicht vorgeschrieben. Eine im Verlauf der Inhaftierung eintretende Schwangerschaft führt angesichts der Regelung des § 76 Strafvollzugsgesetz grundsätzlich nicht zu einer Strafunterbrechung. Vielmehr wird je nach Einzelfall von der Vollstreckungsbehörde geprüft, ob Maßnahmen des Strafausstands zu treffen sind oder eine Aussetzung der Vollstreckung des Strafrestes zur Bewährung in Betracht kommt. Auch der Gnadenweg steht in diesem Fall der Schwangeren offen.

7. Gibt es Hilfeleistung, Ratgeber, psychologische Unterstützung, insbesondere wenn eine gleichzeitige Feststellung von Schwangerschaft und HIV erfolgt?

Die inhaftierten Schwangeren bedürfen im Vergleich zu anderen weiblichen Gefangenen einer intensiven psychosozialen Betreuung. Vor diesem Hintergrund wird bei ihnen ein umfassender Behandlungsplan erstellt, in dem die erforderlichen Hilfsangebote durch das Vollzugspersonal aufgeführt werden. Neben der medizinischen Betreuung, die auch eine eingehende Aufklärung beinhaltet, stehen weitere Fachdienste der Anstalt wie der Sozialdienst, die Suchtberatung, der psychologische und seelsorgerische Dienst für die Behandlung und weitere Hilfestellung zur Verfügung. Eine Krisenintervention durch den psychologischen Dienst ist in jeder Einrichtung sichergestellt. Soweit die notwendigen Hilfsangebote nicht durch Vollzugskräfte geleistet werden können, werden externe Fachleute beigezogen.

Bei gleichzeitigem Vorliegen einer Schwangerschaft und einer HIV-Infektion erfolgt die Behandlung und Beratung durch den zunächst zuständigen medizinischen Dienst der Justizvollzugsanstalt. Die weitere Vorgehensweise richtet sich nach den Erfordernissen des Einzelfalles. Externe Einrichtungen und das Justizvollzugskrankenhauses Nordrhein-Westfalen in Fröndenberg werden im Bedarfsfall beteiligt.

8. Wie viele Frauen entscheiden sich gegen die Geburt und für eine Abtreibung?

Welche Behandlungsoptionen stehen ihnen zur Verfügung?

Besteht bei einer Gefangenen eine Schwangerschaft und der Wunsch, eine Abtreibung vornehmen zu lassen, erfolgt die Vorstellung bei einem externen Gynäkologen. Das Weitere erfolgt nach den gesetzlichen Bestimmungen und entsprechend der Vorgehensweise bei gesetzlich Versicherten. Eine statistische Erfassung der insoweit dann getroffenen Entscheidungen und Maßnahmen durch vollzugliche Instanzen erfolgt nicht.

9. Welche Gesprächsangebote gibt es in diesen Fällen, um eine durch die Entscheidung ausgelöste Krise abzufedern?

Beratung und Betreuung erfolgen durch den medizinischen Dienst der Justizvollzugsanstalt, den konsiliarisch tätigen externen Gynäkologen und das Justizvollzugskrankenhaus Nordrhein-Westfalen in Fröndenberg sowie die weiteren Fachdienste der Justizvollzugsanstalten (seelsorgerischer Dienst, psychologischer Dienst, Sozialdienst).

Wie viele Frauen erlitten im erfragten Zeitraum eine Fehlgeburt?

Welche Beratung und seelsorgerische Unterstützung gibt es bei Fehlgeburten?

Eine statistische Erfassung aller weiblichen Gefangenen, die eine Fehlgeburt erleiden, erfolgt nicht. Im Hinblick auf Beratung und sonstige vollzugliche Betreuung wird auf die Antwort zu Frage 9 verwiesen.

11. Gibt es für schwangere Frauen geeignete und ausreichende Bewegungsmöglichkeiten?

In allen Einrichtungen des Frauenvollzuges wird dem Bewegungsbedarf der schwangeren Frauen Rechnung getragen. Während der Schwangerschaft werden sie regelmäßig dem medizinischen Dienst der Anstalt und einem externen Gynäkologen vorgestellt, der zusätzliche Bewegungsmöglichkeiten verordnen kann.

12. Wie werden die Frauen auf die Geburt vorbereitet? Gibt es für inhaftierte Schwangere Geburtsvorbereitungskurse?

Die medizinische Versorgung inhaftierter schwangerer Frauen entspricht der Versorgung einer werdenden Mutter in Freiheit. Dazu gehört die ärztliche Betreuung während der Schwangerschaft, bei und nach der Entbindung sowie die Hebammenhilfe. Durch die Hinzuziehung externer Gynäkologen werden die Leistungen ergänzt.

Der Anspruch der schwangeren Gefangenen umfasst die in den Mutterschafts-Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen und im Hebammengesetz festgelegten Leistungen. Dazu gehören u. a. Vorsorgeuntersuchungen und diagnostischen Erfordernissen gehören u. a. auch Geburtsvorbereitungen (z. B. Schwangerschaftsgymnastik, Information und Beratung über Schwangerschaft, Geburt und Komplikationen) sowie Angebote nach der Geburt (z. B. Rückbildungsgymnastik).

Wie viele Frauen haben seit 2005 während der Haft ein Kind zur Welt gebracht?

a) Wo entbinden diese Frauen?

b) Wer begleitet sie?

c) Wer ist bei der Geburt anwesend?

Die Anzahl der Frauen, die während der Inhaftierung ein Kind zur Welt gebracht haben, wird statistisch grundsätzlich nicht erhoben. Die Einrichtungen des Frauenvollzuges haben für die Jahre 2009 und 2010 eine Auszählung vorgenommen. Die Ergebnisse ergeben sich aus der nachfolgenden Übersicht: Schwangere aus allen Einrichtungen des Frauenvollzuges entbinden grundsätzlich bei einem am Sitz der Justizvollzugsanstalt gelegenen öffentlichen Krankenhaus mit Geburtshilfestation.

In der Regel werden die schwangeren Gefangenen außerhalb der Vollzugseinrichtung von Bediensteten des allgemeinen Vollzugsdienstes begleitet.

Bei der Entbindung ist justizseitig ausschließlich weibliches Bewachungspersonal zugegen, soweit dies im Einzelfall erforderlich ist.

Auf Antrag der Schwangeren entscheidet die Anstalt, ob der Partner oder ein Familienangehöriger im Kreißsaal bei der Geburt anwesend sein darf.

14. Gibt es erleichternde Bestimmungen für den Transport für die Fälle, in denen Frauen zur Entbindung in ein öffentliches Krankenhaus überführt werden, z. B. Verzicht auf Ankettung aufgrund der Wehen oder die Anwesenheit lediglich weiblicher Beamter, ausgenommen Gesundheitspersonal?

Für den Transport der Frauen zur Entbindung gelten die allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen. Bei der Frage der Notwendigkeit einer Fesselung wird die besondere Situation der Schwangeren berücksichtigt. Der Transport wird regelmäßig von Bediensteten des allgemeinen Vollzugsdienstes durchgeführt. Soweit Bewachung bei körperlichen medizinischen Untersuchungen erforderlich ist, ist seitens des Vollzuges ausschließlich weibliches Personal zugegen.

15. Wie wird in der Zeit unmittelbar nach der Geburt dafür Sorge getragen, dass die Privatsphäre von Mutter und Neugeborenem geschützt wird, um den Rahmen für den Aufbau einer gefühlsmäßigen Bindung zu schaffen?

Den Einrichtungen des Frauenvollzuges liegen aktuelle Empfehlungen für die Gestaltung des Vollzuges bei Schwangeren und Müttern mit Neugeborenen vor. Danach wird den inhaftierten Frauen im Kreißsaal der Kontakt zum Neugeborenen in einem zeitlich angemessenen Rahmen und nach den Möglichkeiten des Krankenhauses eingeräumt.