Betreuung von behinderten Kindern am Nachmittag und an unterrichtsfreien Tagen

Wie bewertet die Landesregierung die Kritik der Elterninitiative für Schüler mit dem sonderpädagogischen Förderschwerpunkt geistige und körperliche Entwicklung?

Vorbemerkung der Kleinen Anfrage:

An den unterschiedlichen Schulformen ist in den vergangenen Jahren das offene bzw. das gebundene Ganztagsangebot deutlich ausgebaut worden. Hierzu zählen selbstverständlich auch die Förderschulen. Grundsätzlich unterscheiden sich die jeweiligen rechtlichen Regelungen bezüglich der Unterscheidung zwischen offenen und gebundenen Ganztagsangeboten.

In der Verordnung über die sonderpädagogische Förderung, den Hausunterricht und die Schule für Kranke heißt es zum Beispiel in § 23 Förderschwerpunkt Körperliche und motorische Entwicklung: (2) An der Förderschule, Förderschwerpunkt Körperliche und motorische Entwicklung findet die Förderung in der Regel ganztägig statt. Der schulische Tagesablauf gliedert sich in Unterricht einschließlich spezieller sonderpädagogischer Förderung, gestaltete Freizeit, andere Angebote im Rahmen der Ganztagsschule und Ruhepausen. § 33 Abs. 1 Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung entspricht weitgehend dieser Formulierung. Weitere rechtliche Regelungen zur Ausgestaltung bzw. der Finanzierung der Ganztagsangebote finden sich in den entsprechenden Erlassen der Landesregierung.

Am 5. Mai 2011 hatte eine Kölner Elterninitiative im Rahmen des Europäischen Protesttags zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung unter dem Motto Elterninitiative findet kein Gehör! zu einer Pressekonferenz geladen. Die Initiative, in der sich nach eigenen Angaben im Jahr 2009 mit Unterstützung der Lebenshilfe Köln Eltern zusammengeschlossen haben, beklagt eine Ungleichbehandlung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen bei Ferien- und Nachmittagsangeboten. Hierzu führte die Initiative aus: Für rund 700 Schulkinder an Kölner Förderschulen mit den Schwerpunkten geistige und körperliche Entwicklung gibt es keine schulischen Ferien- und Nachmittagsangebote. Anders bei nichtbehinderten Kindern: Seit 2004 gibt es in NRW und damit auch in Köln ein gut ausgebautes Netz an Betreuungsangeboten in den Schulferien und an schulfreien Tagen im Rahmen des sogenannten offenen Ganztags. Da diese Angebote von Land und Kommune bezuschusst werden, sind sie für Eltern gut finanzierbar.

Nach Eindruck der Elterninitiative werden Schüler mit den sonderpädagogischen Förderschwerpunkten der körperlichen und geistigen Entwicklung aufgrund schulrechtlicher Vorgaben von derartigen Angeboten ausgeschlossen und würden keine zusätzlichen Mittel bereitgestellt. Hierbei handele es sich nach Einschätzung der Initiative um eine Diskriminierung per Gesetz. In der Vergangenheit habe man sich demnach mit dem Schul- und Schulverwaltungsamt, der Behindertenbeauftragten der Stadt Köln und Mitgliedern des Jugendhilfeausschusses getroffen sowie Petitionen und Eingaben an den Landtag und den Rat der Stadt Köln eingereicht. Zwar seien Mittel zur Förderung von Freizeitangeboten für Kinder mit Behinderung um 30.000 Euro pro Jahr aufgestockt worden, die Nachmittagsbetreuung sowie die Betreuung an unterrichtsfreien Tagen werde jedoch vernachlässigt.

Die Initiative benennt als Ziel einer zukünftigen Ausgestaltung folgende Ziele: Verlässliche Ganztagsbetreuung während der Schulzeit (montags bis freitags bis 17 Uhr), Ferienbetreuung in allen Kölner Schulen, inklusive Ausrichtung aller Kölner Ferienmaßnahmen für Kinder / Jugendliche (besondere Bedarfe unserer Kinder müssen dabei angemessen berücksichtigt werden), Auswahlmöglichkeiten für Freizeitaktivitäten in den Ferien auch für Kinder und Jugendliche mit Behinderung.

1. Wie bewertet die Landesregierung die Aussagen der Elterninitiative bezüglich einer Diskriminierung per Gesetz von Schülern mit den sonderpädagogischen Förderschwerpunkten für geistige Entwicklung sowie dem Förderschwerpunkt für körperliche und motorische Entwicklung?

2. Welche rechtlichen Unterscheidungen der unterschiedlichen Betreuungs-, Nachmittags- und Ferienangeboten liegen zwischen den Förderschulen und anderen Schulformen vor (bitte aufschlüsseln nach einzelnen Schulformen, Förderschwerpunkten sowie nach offenem und gebundenem Ganztagsangebot)? Offene und gebundene Ganztagsschulen sowie außerunterrichtliche Ganztags- und Betreuungsangebote sind grundsätzlich in § 9 NRW geregelt. Die Ausführung ist in dem Erlass Gebundene und offene Ganztagsschulen sowie außerunterrichtliche Ganztags- und Betreuungsangebote im Primarbereich und in der Sekundarstufe I vom 23.12.2010 (BASS 12 ­ 63 Nr. 2) geregelt.

Förderschulen mit den Förderschwerpunkten Geistige Entwicklung sowie Körperliche und motorische Entwicklung werden in der Regel ­ seit ihrer Einführung als Schultyp - als gebundene Ganztagsschulen genehmigt (§ 9 Abs. 1 Satz 2 Die Schulen dieser Förderschwerpunkte erhalten vom Land einen 30-prozentigen Lehrerstellenzuschlag. In diesem Rahmen können auch Angebote der Nachmittagsbetreuung und an unterrichtsfreien Tagen einschließlich der Ferien sichergestellt werden.

Bei allen anderen Förderschwerpunkten gibt es die Möglichkeit, die Schule sowohl als Ganztagsschule als auch als Halbtagsschule einzurichten.

Halbtagsförderschulen haben die Möglichkeiten, im Primarbereich sowie in den Klassen 5 und 6 eine Landesförderung im Rahmen der offenen Ganztagsschule zu erhalten (Erlass des MSW vom 12.2.2003; BASS 11 ­ 02 Nr. 19). Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf erhalten in der offenen Ganztagsschule unabhängig vom Förderort eine erhöhte Förderung.

Diese Förderung kann in einer offenen Ganztagsschule ab Klasse 7 aus dem Programm Geld oder Stelle ergänzt werden, mit denen eine pädagogische Übermittagbetreuung und ergänzende Ganztagsangebote durchgeführt werden können (Erlass des MSW vom 31.7.2008; BASS 11 ­ 02 Nr. 24). Darüber hinaus erhalten alle offenen Ganztagsförderschulen ­ also alle entsprechenden Förderschulen außerhalb der Förderschwerpunkte Geistige Entwicklung sowie Körperliche und motorische Entwicklung - eine Betreuungspauschale in Höhe von 6.500 EUR, über die im Rahmen des Möglichen u.a. Frühstücksangebote, Vorund Übermittagbetreuung, Angebote nach 16 Uhr oder auch ergänzende Ferienangebote finanziert werden können (Nr. 5.4.6 des Erlasses des MSW vom 12.2.2003; BASS 11 ­ 02 Nr. 19). Alternativ können Halbtagsförderschulen im Primarbereich und in den Klassen 5 und 6 Landesmittel aus dem Programm Zuwendungen für die Betreuung von Schülerinnen und Schülern vor und nach dem Unterricht (Schule von acht bis eins, Dreizehn Plus, Silentien) erhalten (Erlass des MSW vom 31.7.2008; BASS 11 ­ 02 Nr. 9), in der Sekundarstufe I ab Klasse 7 aus dem bereits genannten Programm Geld oder Stelle.