Wer haftet für Schäden an privaten und kommunalen Abwasserleitungen aufgrund tagebaubedingter Einwirkungen im Rheinischen Braunkohlegebiet?

Mit Erlass vom 17.6.2011 wurde die Dichtheitsprüfung für private Abwasserleitungen neu geregelt. Ein neues Prüfverfahren wurde zugelassen, in dem die Sanierungsfristen für beschädigte Kanäle verlängert wurden.

Nun befürchten die Tagebauanrainer, dass im Zuge von Dichtheitsprüfungen festgestellte, tagebaubedingte Schäden (Setzungen) auf ihre Kosten saniert werden müssen.

Insbesondere befürchten die Anrainer Schäden an den Einmündungsstellen der privaten Abwasserkanäle in die öffentliche Kanalisation. In ähnlicher Weise müssen die Kommunen befürchten, dass sie für tagebaubedingte Schäden am öffentlichen Kanalnetz aufgrund der Gesetzeslage in Anspruch genommen werden können. Presseberichten in jüngerer Zeit war zu entnehmen, dass die Landesregierung eine Bundesratsinitiative plant, um eine Beweislastumkehr auch für den Fall tagbaubedingter Schäden im Bundesberggesetz zu verankern. Insbesondere vor diesem Hintergrund gilt es unnötige Härten für die Grundstückseigentümer und die Kommunen zu verhindern.

Vorbemerkung der Landesregierung:

Die Durchführung der Dichtheitsprüfung soll Erkenntnisse über den Zustand eines privaten Kanals liefern (Selbstüberwachung von Abwasseranlagen). Die Überwachungspflichten ergeben sich aus dem Wasserrecht. Diese Überwachungspflichten bestehen vollkommen unabhängig von den bergrechtlichen Regelungen zur Geltendmachung und Abgeltung von ggf. bestehenden Schadensersatzansprüchen.

1. Sind für tagebaubedingte Schäden an der Kanalisation Ausnahmeregelungen geplant?

Im Landeswassergesetz sind Fristen für die Dichtheitsprüfung, nicht aber für die Sanierung von privaten oder öffentlichen Kanälen enthalten. Diese Überwachungspflichten bestehen vollkommen unabhängig von den bergrechtlichen Regelungen zur Geltendmachung und Abgeltung von ggf. bestehenden Schadensersatzansprüchen. Insofern bedarf es keiner Ausnahmeregelungen für die Sanierung tagebaubedingter Schäden.

2. Befindet sich die Landesregierung mit RWE-Power über tagebaubedingte Dichtheitsschäden am Abwassersystem im Dialog?

Für die Regulierung tagebaubedingter Kanalschäden gelten dieselben Regelungen zur Geltendmachung und Abgeltung von ggf. bestehenden Schadensersatzansprüchen, wie bei anderen tagebaubedingten Schäden. Die Notwendigkeit eines Dialoges ist nicht erkennbar.

3. Haben Kommunen die Möglichkeit im Zuge der von ihnen durchzuführenden Dichtheitsprüfungen auf Erkenntnisse des Geologischen Dienstes NRW mit Blick auf eventuelle tagebaubedingte Schäden zurück(zu)greifen?

Der Geologische Dienst Nordrhein-Westfalen - Landesbetrieb - ist die zentrale geowissenschaftliche Einrichtung des Landes Nordrhein-Westfalen für Geologie, Rohstoffgeologie, Hydrogeologie, Ingenieurgeologie, Bodenkunde, Geochemie und Geophysik. Auf diesen Gebieten ist es seine Aufgabe, landesweit Grundlagendaten über den Untergrund kontinuierlich nach einheitlichen und modernsten Verfahren zu sammeln und zu erheben, auszuwerten sowie laufend zu halten. Der Geologische Dienst stellt den Kommunen ihm vorliegende Daten und Informationen auf Anfrage zur Verfügung und erbringt auch Beratungsleistungen. Diese Daten und Informationen sind aber in der Regel nicht dazu geeignet, parzellenscharfe Aussagen zu geologischen Besonderheiten zu treffen, im Bereich derer der Sümpfungseinfluss lokal begrenzt zu schadenswirksamen Setzungsunterschieden führen kann. Es ist daher im jeweiligen Fall zu prüfen, ob und inwieweit die Daten und Informationen zur Bestimmung eines ggf. vorhandenen bergbaulichen Verursachungsanteils geeignet sind oder beitragen können.

4. Können solche Schadenfälle der Schlichtungsstelle für Bergschäden zugeführt werden?

Im Rheinischen Braunkohlenrevier ist eine Anrufungsstelle zur Beilegung von einzelfallbezogenen Streitigkeiten zivilrechtlicher Art, die sich im Zusammenhang mit Sachschäden durch Auswirkungen der Sümpfungsmaßnahmen des Braunkohlenbergbaus zwischen Privatpersonen, kleinen und mittleren Handwerks- und Geschäftsbetrieben oder vergleichbaren Personen einerseits und den Bergwerksunternehmen andererseits ergeben, eingerichtet worden. Die Anrufungsstelle wird auf Antrag tätig. Voraussetzung für die Zulässigkeit des Antrages ist, dass eine Einigung zwischen dem Antragsteller und dem Bergwerksunternehmen über die Ursache des Schadens oder den Umfang der Ersatzpflicht nicht erzielt werden konnte. Soweit die von Schäden Betroffenen zu dem genannten Kreis gehören und sofern im jeweiligen Fall die genannte Voraussetzung erfüllt ist, können sich Betroffene im Einzelfall an die Schlichtungsstelle wenden.

5. Plant die Landesregierung andere Fristsetzungen für die Durchführung von Dichtheitsprüfungen in Anrainerkommunen von Tagebauen bis zu einer möglichen Änderung des Bundesbergrechts?

Siehe Vorbemerkung.

Hinsichtlich der Umsiedlungsstandorte wird auf die Antwort zur Kleinen Anfrage 743 verwiesen.