Es sind Ausnahmen von Sicherheitsbestimmungen der SBauVO NRW nach § 73 BauO NRW ermöglicht worden

Besucherlenkung und -regulierung zentrale Bedeutung hatte, weil es sich um den einzigen Zu- und Ausgang zum Veranstaltungsgelände handelte; denn es bestand die Gefahr von Besucherkonzentrationen bzw. -verdichtungen an neuralgischen Punkten wie Engstellen. Wie wird künftig die Aufstellung eines Sicherheits- und Entfluchtungskonzept entsprechend der Sonderbauverordnung NRW auch für Zu- und Abgangsbereiche sichergestellt?

Es sind Ausnahmen von Sicherheitsbestimmungen der NRW nach § 73 NRW ermöglicht worden. Bedenken der Entscheidungsträger gegen Ausnahmeregelungen wurden offenbar durch externe Fachexpertisen entkräftet, bzw. man hat sich der Vertretbarkeit der Ausnahmeerteilung rückversichert, wobei Reichweite und Aussagekraft der externen Begutachtung und Bewertung unklar sind; auch die Rolle von Vertretern des Bauministeriums hinsichtlich ihrer fachlichen Beratung ist zu prüfen.

Die Einhaltung von Auflagen durch den Veranstalter wurde am Veranstaltungstag nicht durch die verantwortliche Stelle der Stadt Duisburg kontrolliert. Dies soll offenbar sogar durch bewusstes Fernbleiben der Verantwortlichen vermieden worden sein, so dass Mängel unentdeckt und ohne Folgen blieben.

Es gab nach Expertenansicht unzureichende Zäune, die einer entsprechenden Belastung nicht standhalten können.

Es existierte eine aus Teilnehmersicht unzureichende Veranstaltungsbeschilderung und Teilnehmerführung, wodurch im Gedränge in den Tunneln und auf der Rampe Unklarheit darüber herrschte, dass der Weg auf das Gelände nur über die beiden Rampen führte.

Indem Sicherheitskräfte nicht richtig eingewiesen, ortsunkundig oder in Vertretung eingesetzt waren, soll es zu spürbaren Problemen und Verzögerungen beim Einsatz gekommen sein. Die Zahl der vom Veranstalter eingesetzten Ordner verschiedener Sicherheitsunternehmen soll zudem völlig unzureichend gewesen sein.

Die räumliche Trennung der Einsatzzentralen von Polizei, Ordnungsamt und Veranstalter sowie die Einteilung der Einsatzabschnitte, insbesondere die Trennung der Zuständigkeit vor und hinter den Vereinzelungsanlagen Ost und West in drei unterschiedliche Einsatzabschnitte bei der Polizei sorgte augenscheinlich für eine Schnittstellenproblematik sowie zusätzlichen Kommunikations- und Abstimmungsaufwand und hat die Tragweite eines Kommunikationsausfalls verschärft, da auch die Zusammenarbeit mit Verbindungsbeamten nicht optimal verlaufen sein soll; mit anderen Worten: Es fehlte ein ganzheitliches Sicherheits- und Einsatzkonzept.

Es fehlte die Überprüfung der dem Veranstalter auferlegten Besucherzählung infolge der Besucherbegrenzung auf 250.000 in der Genehmigung. Wie wird künftig sichergestellt, dass Zählauflagen tatsächlich in geeigneter Weise erfolgen und nur die zulässige Besucherzahl auf das Gelände bzw. überhaupt in die Nähe einer Großveranstaltung gelangt?

Die Berechnungen der erwarteten an- und abreisenden massiven Besucherströme in der Einsatzkonzeption der Polizei Duisburg, welche auch im Innenministerium am 16. Juni 2010 vorgestellt wurde, zeigte bereits im Vorbereitungsstadium deutlich die

Gefahr einer Überlastung des Nadelöhrs Tunnel und Rampe durch gegenläufige Menschenmassen während der kritischen Zeit auf.

Zunächst wurde die Anwesenheit des Innenministers während der Tragödie nur beiläufig erwähnt.

Es wurde zunächst bestritten, dass für die Genehmigung nach § 43 NRW die Polizei zum Sicherheitskonzept des Veranstalters ihr Einvernehmen im Sinne einer gewissen Zustimmung erklären musste. Immer noch ist unklar, warum seitens der Polizeibehördenleitung nicht massiverer Widerstand aufgrund der vorgetragenen Kritikpunkte und der nicht erfolgten zuverlässigen Beseitigung gegen die Durchführung der Veranstaltung erhoben wurde.

Die Zuständigkeit der Polizei zur Gefahrenabwehr auf dem Gelände wurde auf der Basis eines teuren Gutachtens Zur Abgrenzung der Aufgaben von Veranstalter, Stadt Duisburg und Polizei bei der Loveparade 2010 (Vorlage 15/51) vom 31. August 2010 im Auftrag des Ministeriums für Inneres und Kommunales bestritten, obwohl die Polizei am Veranstaltungstag klar ab Bestehen einer Gefahrenlage für Leib und Leben der Besucher zuständig war (vgl. auch Kurzgutachten RAe Beltran, Engel & Coll. vom 22. August 2010).

Es wurde verschleiert, dass die Polizei sehr wohl auch (mit dem Veranstalter) für die Gewährleistung eines regulierten und sicheren Zugangs zu dem Gelände im Bereich Tunnel / Rampe mit dafür eingesetzten Kräften zuständig war.

Im Einsatzbefehl der Polizei wurde ausweislich eines Medienberichts vom 29. Juli 2010 ausdrücklich vor den Folgen einer Überfüllung gewarnt.

Die Bewegung der Floats als Besuchersteuerungselement wurde offensichtlich nicht ausreichend unter den verantwortlichen Stellen koordiniert; auch wurden diese tatsächlich nicht für dringend notwendige und technisch mögliche Lautsprecherdurchsagen genutzt.

Es wurden offensichtlich unkoordiniert Polizeiketten im Tunnel und auf der Rampe gebildet, obwohl der Kern des Sicherheitskonzepts Tunnel die Vermeidung von Stagnationen im Tunnel, fester Sperren und den ungehinderten Fluss des Besucherstroms vorsah.

Es wurde zunächst vom Innenminister behauptet, die Polizei habe dem Veranstalter bei seinen Sperrketten nur geholfen, wohingegen die konkreten Ketten von der Polizei selbst entschieden wurden.

Die Standzeiten und Positionen der einzelnen Polizeiketten 1 bis 3 wurden unrichtig dargestellt; diesbezügliche Aussagen mussten durch eigene Bildauswertung widerlegt werden.

Kritische Fragen zu Mängeln des Polizeieinsatzes wie etwa zum fraglichen Standort der dritten Polizeikette und Erzeugung einer lebensgefährlichen Sackgassensituation wurden längere Zeit als untunlich abgetan. Nunmehr sollen die Ermittler laut Medienberichten davon ausgehen, dass die Realisierung der Gefahr durch unterstützende polizeiliche Maßnahmen hätte vermieden werden können und die Polizeileitung sich früher um eine Entschärfung der Lage hätte kümmern müssen.

Frühere Aussagen des Innenministers Jäger wie auf dem Veranstaltungsgelände hatte allein der Veranstalter die Verantwortung für die Sicherheit der Besucher oder es hat nie an Einsatzkräften gemangelt können so nicht mehr stehen bleiben.

Die Existenz einer vierten Polizeikette unterhalb des Rampenkopfes wurde lange Zeit bestritten und konnte erst durch eigene Bildauswertung belegt werden.

Es wurde eine immer ausreichende Anzahl von Einsatzkräften behauptet, obwohl an verschiedenen Stellen ­ insbesondere auf der Rampe ­ ersichtlich deutlich mehr Kräfte für die erfolgreiche Erfüllung von Aufträgen und Maßnahmen der Polizei nötig gewesen wären.

Unklar ist, warum für die Sperrketten und weiteren polizeilichen Maßnahmen an den Schleusen, im Tunnel und auf der Rampe in der relevanten Zeit nur eine Hundertschaft eingesetzt wurde und ob man bewusst nur eine Hundertschaft einsetzen wollte (Polizei hält sich zurück) oder nur konnte, etwa aufgrund von Kommunikationsproblemen.

Es wurde lange Zeit in Abrede gestellt, dass Polizeibeamte an den Schleusen tätig waren.

Es ist ungeklärt, wer die mehrmalige Öffnung der Westschleuse in der kritischen Phase veranlasst hat; unklar ist insbesondere immer noch, inwieweit polizeiliche Videos der Westschleuse existieren und warum es den Ermittlern nach Medienberichten bisher nicht gelungen ist, die Ereignisse an der Westschleuse unter Einsatz aller Ermittlungsmethoden nachzuzeichnen.

Die Ursache und Wirkung des Schichtwechsels, insbesondere ein Dienstzeiterlass, wurde lange nicht offenbart. Dabei war in der heißen Phase an kritischer Stelle laut vorliegendem Kräftekonzept und Bildmaterial ein Komplettaustausch der Kräfte gegen 15:30 Uhr erfolgt (Zwei-Schicht-System auf der Rampe statt aufwachsender Wechsel wie in den Einsatzabschnitten West und Ost); dies obwohl schon ab etwa 14:00 Uhr eine sich zuspitzende Lage bestand, die Ordner bzw. Pusher auf der Rampe erkennbar nicht ausreichten, die Schleusen vor den Tunneln zum Gelände überrannt zu werden drohten und der Veranstalter schließlich exakt zu dieser Zeit die Polizei um Hilfe bat.

Handy- und Funkprobleme wurden massiv geschönt. So gab es insbesondere nach den Ausführungen von Vodafone keine Vorrangschaltung, obwohl das Innenministerium dies im Parlament mehrfach behauptet hat. Auch kam es später zu einem Komplettausfall der Polizeikommunikation, so dass Aufträge zeitweise mündlich von Person zu Person erteilt werden mussten. Es bedarf einer detaillierten Analyse der genauen Gründe des Kommunikationsdesasters unter Beachtung bekannter Funkprobleme im Tunnel, etwaiger vorheriger Funktests unter Berücksichtigung der lauten Musik und angeblicher Abstimmungen mit Mobilfunkanbietern.

Lange wurde zunächst behauptet, Lautsprecherdurchsagen hätten nicht stattgefunden bzw. wegen des Lärms nichts genützt, wohingegen später herauskam, dass Lautsprecherdurchsagen für das gesamte Veranstaltungsgelände mit Vorrangschaltung zwingender Bestandteil des Sicherheitskonzepts waren, jedoch schlicht fehlten und für Durchsagen zuständige Polizeibeamte dies bereits um 14:00 Uhr erfahren haben sollen. Auch spezielle polizeiliche Lautsprecherwagen waren in der maßgeblichen Phase auf der Rampe nicht vorhanden.