Darf eine evangelische Grundschule mit Segen der Landesregierung ein muslimisches Mädchen rausschmeißen?

Die WAZ berichtete am 23.07.2011 vom Fall der neunjährigen Zeynep aus Mönchengladbach. Das muslimische Mädchen wurde nach einem Umzug aufgrund der räumlichen Nähe auf einer evangelischen Bekenntnisschule im Stadtteil Rheydt angemeldet und angenommen. Die Eltern von Zeynep versuchten anschließend, ihre Tochter vom evangelischen Religionsunterricht befreien zu lassen, was von der Schulleitung abgelehnt wurde. Als die Eltern dagegen vorgehen wollten, wurde das Mädchen mit Zustimmung des Schulministeriums von der Schule verwiesen.

Vorbemerkung der Landesregierung:

In dem Fall, der der Kleinen Anfrage zu Grunde liegt, meldeten die Eltern ihr Kind im Juli 2010 an der einzigen evangelischen Bekenntnisgrundschule in Mönchengladbach an. Das Kind hatte bis dahin zwei Schuljahre lang eine Gemeinschaftsgrundschule in Mönchengladbach besucht. Drei Wochen nach dem Unterrichtsbeginn beantragten die Eltern die Befreiung ihres Kindes vom Religionsunterricht und eine Betreuung während dieser Zeit an einem Ort, an dem keine religiösen Inhalte vermittelt würden. Die Schulleiterin antwortete, es gehöre zur Anmeldung an einer Bekenntnisgrundschule, dass Eltern, deren Kind dem Bekenntnis nicht angehöre, die Unterrichtung und Erziehung in diesem Bekenntnis wünschten.

Nachdem das Kind ab Anfang Oktober 2010 nicht mehr am Religionsunterricht teilnahm, führte die Schulleiterin darüber ein Gespräch mit den Eltern. Da das Kind auch danach unentschuldigt dem Religionsunterricht fernblieb, nahm die Schulleiterin der Bekenntnisgrundschule mit Bescheid vom 9. November 2010 die Aufnahmeentscheidung gemäß § 48 Verwaltungsverfahrensgesetz NRW zurück. Sie forderte die Eltern auf, ihr Kind an einer Gemeinschaftsgrundschule anzumelden. Dagegen legten die Eltern Widerspruch ein; diesen wies das Schulamt zurück. Darauf erhoben die Eltern Klage beim Verwaltungsgericht Düsseldorf, über die noch nicht entschieden ist.

Das Kind besucht weiterhin die evangelische Bekenntnisgrundschule. Die Landesregierung weist die Wortwahl der Fragesteller zurück, die von rausschmeißen und von Verweis sprechen. Sie wird in keiner Weise dem Sachverhalt gerecht.

1. Wie viele Bekenntnisschulen gibt es in Nordrhein-Westfalen (bitte im Einzelnen nach religiöser Ausrichtung und Ort auflisten)?

Das Verzeichnis der Bekenntnisschulen (Grundschulen und Hauptschulen) ist als Anlage beigefügt.

2. Geschah dieser Verweis in Abstimmung mit der zuständigen Schulaufsicht?

Wie in der Vorbemerkung ausgeführt, hat die Schulleiterin die Aufnahmeentscheidung gemäß § 48 Verwaltungsverfahrensgesetz NRW zurückgenommen und keinen Verweis erteilt.

Die Schulleiterin hat sich vom Schulamt für die Stadt Mönchengladbach und von der Bezirksregierung Düsseldorf beraten lassen.

3. Wie begründet das Schulministerium seine Zustimmung zum Verweis von Zeynep?

Die Entscheidung der Schule bedurfte nicht der Zustimmung des Ministeriums.

Die Rechtslage bei der Aufnahme in eine Bekenntnisgrundschule ist wie folgt: Auf Grund der Vorgaben der Landesverfassung, des Schulgesetzes und der Ausbildungsordnung für die Grundschule darf ein Kind in eine Bekenntnisgrundschule aufgenommen werden, wenn es entweder dem entsprechenden Bekenntnis angehört oder dem Bekenntnis nicht angehört, die Eltern aber ausdrücklich wünschen, dass es nach den Grundsätzen dieses Bekenntnisses unterrichtet und erzogen werden soll. Auf diese Besonderheit bei Bekenntnisschulen werden die Eltern hingewiesen.

In Ausnahmefällen sind Kinder als Minderheit dann in eine Bekenntnisschule aufzunehmen, wenn eine öffentliche, ihrem Bekenntnis entsprechende Schule oder eine Gemeinschaftsschule auf dem Gebiet des Schulträgers nicht besteht oder nur bei Inkaufnahme eines unzumutbaren Schulwegs erreichbar ist.

Wenn die Eltern ihr Kind vom Religionsunterricht abmelden, kann eine Grundvoraussetzung für die Aufnahme in die Bekenntnisschule entfallen. Die Schule kann in einem solchen Fall die Aufnahmeentscheidung nach den Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes zurücknehmen.

4. Sind der Landesregierung weitere Fälle bekannt, in denen Schülerinnen oder Schüler aus religiösen Gründen einer Bekenntnisschule verwiesen wurden?

Der Landesregierung sind keine weiteren aktuellen Fälle bekannt, in denen die Schulleitung nach der Abmeldung eines Kindes vom Religionsunterricht die Aufnahme in eine Bekenntnisschule zurückgenommen hat.

5. Hält die Landesregierung den Schulverweis von Zeynep für verhältnismäßig?

Die Landesregierung wird sich wegen des laufenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht weiter zu diesem Einzelfall äußern.