Verlagerung der Lehr- und Versuchsanstalt für Gartenbau

Zu Beginn der 15. Legislaturperiode des Hessischen Landtages war zwischen dem Landwirtschaftsminister und dem Präsidenten des Hessischen Gärtnereiverbandes verabredet worden, dass die Lehr- und Versuchsanstalt für Gartenbau (LVG) in Wiesbaden-Klarenthal geschlossen wird und auf das Gelände der Forschungsanstalt in Geisenheim verlegt werden soll. Ziel dieser Verlegung sollten Synergie-Effekte der beiden Einrichtungen im gartenbaulichen Versuchswesen und bei der Meisterausbildung und der überbetrieblichen Ausbildung im Gartenbau sein.

Vorbemerkung des Ministers für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz:

Die Landesregierung misst der Schaffung leistungsorientierter Strukturen in allen Bereichen der Landesverwaltung eine besondere Bedeutung zu. Effiziente und kundenorientierte Aufgabenerledigung unter Beachtung der Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sind dabei ein vorrangiges Ziel. Durch die erfolgreiche Verlagerung gartenbaulicher Dienstleistungsbereiche der Verwaltung nach Geisenheim und die dadurch mögliche gemeinsame Nutzung von Einrichtungen der Forschungsanstalt Geisenheim wird dieser Zielsetzung in vollem Umfang entsprochen.

Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt:

Frage 1. Mit welchen Kosten (geplanten und tatsächlichen Kosten) war die Verlagerung verbunden?

Im Hochbauhaushalt des Landes Hessen (Kap. 18 09 - 721 02) waren insgesamt 3.126.000 geplant für die Sanierung der Gebäude 6001, 6002 und 6003 in der Brentanostr. 9 in Geisenheim, den Neubau eines Betriebsgebäudes, die Instandsetzung eines Gewächshauses, die Neuerrichtung eines Folienhausblockes sowie Umbauten für den Versuchsbetrieb im Außenbereich.

Außer der Instandsetzung eines Gewächshauses sind die Maßnahmen abgeschlossen; die bisherigen Kosten belaufen sich nach dem derzeitigen Stand der Abrechnung auf rund 3.100.000. Mit den Restmitteln ist eine Instandsetzung des Gewächshauses nicht möglich; sie wäre auch nicht zeitgemäß und unwirtschaftlich. Es ist daher geplant, das Gewächshaus abzureißen und neu zu errichten. Die Finanzierung des Abbruchs soll aus den Restmitteln aus dem Hochbauhaushalt erfolgen, das neue Gewächshaus soll aus dem Budget des LLH finanziert werden (siehe auch Frage Antwort auf Frage 4).

Im Budget des ehemaligen HDLGN (jetzt LLH) waren in den Jahren 2001 und 2002 bei Kap. 09 11 - 537 02 (Behördenumzüge) 150.000 für die Standortverlegung von Wiesbaden nach Geisenheim geplant. Tatsächlich erfolgte die Verlegung in mehreren Schritten in den Jahren 2003 (Gartenakademie und Meisterschule sowie Teile der Verwaltung) und 2005 (Betrieb und Versuchswesen, Rest der Verwaltung). Große Teile des Umzuges wurden in diesem Zeitraum mit eigenem Personal und Gerät bewerkstelligt. Die hierdurch eingesparten Kosten wurden für die Ersatzbeschaffung abgängiger und nicht mehr verwertbarer Büroausstattungen und Gerätschaften eingesetzt. Die bereitgestellten Umzugsmittel wurden praktisch zeitversetzt ihrem Zweck zugeführt. Durch die Standortverlegung sind in den Jahren 2003 bis 2005 in begrenztem Umfang Mehrkosten für Reisekosten und Fahrkostenersatz entstanden, da von den Bediensteten zeitweise ein wechselseitiger Einsatz in Wiesbaden und Geisenheim erfolgte.

Frage 2. Auf wie viele Standorte auf dem Gelände der Forschungsanstalt Geisenheim verteilt sich das nunmehr verlagerte Gartenbauzentrum?

An 2 Standorten werden Gebäude betrieblich und zu Lehr- und Bürozwecken genutzt:

- Brentanostraße 9, Büroräume für Verwaltung und Lehrsäle für die fachliche Erwachsenenbildung (Meisterschule, Gartenakademie etc.),

- Eibinger Weg, Betriebsgebäude mit Werkstätten, Lager, Büro- und Sozialräume.

Die Gewächshäuser befinden sich in räumlicher Nähe zum Betriebsgebäude.

Freiflächen stehen im Monrepospark (1 ha Baumschulsichtung und Schaupflanzungen Gartenakademie) sowie angrenzend 2 ha für Obstbau (Gartenakademie) und Zierpflanzenbau zur Verfügung.

Frage 3. Welche Gebäude wurden im Rahmen der Verlagerung neu errichtet?

Im Rahmen der Verlagerung wurden das Betriebsgebäude (Werkstätten, Lager, Büro- und Sozialräume) für 14 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie ein Foliengewächshausblock (3-schiffige Anlage, insgesamt 760 m²) neu errichtet.

Frage 4. Wann ist mit dem Neubau eines Gewächshauses für das Gartenbauzentrum in Geisenheim zu rechnen?

Der Antrag für den Abriss des alten Gewächshauses und Bau eines neuen liegt zurzeit beim für die Forschungsanstalt als hausverwaltende Dienststelle zuständigen Ministerium für Wissenschaft und Kunst.

Es wird mit einer Genehmigung in den nächsten Wochen gerechnet, sodass der Abbruch des Altgebäudes noch im Herbst 2007 erfolgen kann.

Planung, Ausschreibung, Submission und Vergabe für den Neubau könnten dann Ende 2007/Anfang 2008 erfolgen.

Frage 5. Welche Schwerpunkte hat das Versuchswesen des Gartenbauzentrums und wie gestaltet sich dabei die Zusammenarbeit mit der Forschungsanstalt Geisenheim?

Die Schwerpunkte der Zierpflanzenbauversuche liegen auf Fragen zur Produktion von Schnittgrün und Schnittgehölzen. Vergleichbare Versuche werden aktuell nur in Geisenheim bearbeitet.

Ziel der Versuche ist die Erarbeitung betriebswirtschaftlich sinnvoller Alternativen zu Standardkulturen, insbesondere für die in Hessen charakteristischen Familienbetriebe.

Schwerpunkte der Gemüsebauversuche sind Sortenfragen, Aspekte einer umweltgerechten, Ressourcen schonenden und Arbeitszeit sparenden Kulturführung sowie neue Produkte und Nischenkulturen. Neben den Versuchen am Standort Geisenheim im geschützten Anbau (Gewächs- bzw. Folienhaus) werden Landessortenversuche im Freiland in Praxisbetrieben durchgeführt.

Sowohl im Bereich "Zierpflanzenbau" als auch im Bereich "Gemüsebau" gibt es bereits seit vielen Jahren eine gut funktionierende Zusammenarbeit mit den verschiedenen Instituten der FAG. Diese Zusammenarbeit hat sich nach dem Umzug noch stark intensiviert, da durch die räumliche Nähe neben der fachlichen Zusammenarbeit zwischen Versuchsanstellern und Wissenschaftlern auch die wechselseitige Nutzung von Maschinen und Geräten, die gegenseitige Bereitstellung von Gewächshausflächen sowie die gemeinsame Nutzung personeller Ressourcen praktiziert wird.

Die bei der FAG bestehenden Fachausschüsse "Zierpflanzenbau" und "Gemüsebau" und die entsprechenden Fachbeiräte des LLH tagen seit mehreren Jahren gemeinsam und stimmen beabsichtigte Versuche und Projekte miteinander ab.

Frage 6. Welche Schwerpunkte im gartenbaulichen Versuchswesen werden im Rahmen des bundesweiten Netzwerks der Lehr- und Versuchsanstalten in Geisenheim bearbeitet?

Die Forschungsinstitutionen und Versuchsanstalten des deutschen Gartenbaus arbeiten in den Arbeitskreisen "Koordination im Zierpflanzenbau" und "Koordi nation im Gemüsebau" des Verbandes der Landwirtschaftskammern (= bundesweites Netzwerk) nach dem Prinzip der "Fachredaktionen" eng zusammen.

Bei den einzelnen Fachredakteuren laufen vorab die Versuchsplanungen aller Versuchsansteller zu der Thematik zusammen. Die Fachredaktion prüft die Planung hinsichtlich Aktualität, eventueller Parallelität und möglicher Zusammenarbeit. Vor der Veröffentlichung der Versuchsergebnisse werden die in einheitlicher Form verfassten Versuchsberichte wiederum der jeweiligen Fachredaktion zur formalen und inhaltlichen Prüfung vorgelegt. Die Veröffentlichung der Versuchsergebnisse erfolgt erst nach Zustimmung der Fachredaktion, wodurch die Fachlichkeit gewährleistet wird. Gleichzeitig ist die Fachredaktion umfassend über alle Versuche und Ergebnisse in ihrem Spezialthema informiert.

Die Liste der Fachredaktionen mit den jeweiligen Ansprechpartnern ist publiziert, somit steht der gärtnerischen Praxis ein kompetenter Ansprechpartner für Fragen und Probleme in dem Spezialgebiet zur Verfügung.

Das Gartenbauzentrum Geisenheim betreut im Zierpflanzenbau die Fachredaktion "Schnittgrün und Schnittgehölze" und im Gemüsebau die Fachredaktion "Feldsalat".

Die in Geisenheim laufenden Baumschulversuche sind bundesweit vernetzte sogenannte Sichtungsversuche, bei denen in Zusammenarbeit mit dem Bundessortenamt und dem Bund Deutscher Baumschulen Rosen und Gehölze gesichtet werden.

Frage 7. Was waren die Gründe für die Nichteröffnung der Meisterausbildung und der überbetrieblichen Ausbildung am Gartenbauzentrum in Geisenheim?

Meisterausbildung

Im September 2003 erfolgte der Umzug der Bereiche "Meisterausbildung" und "Gartenakademie" nach Geisenheim.

Am 1. Oktober 2003 wurde der "Lehrgang zur Vorbereitung auf die Gärtnermeisterprüfung" in der Fachrichtung Garten- und Landschaftsbau mit 16

Teilnehmern eröffnet.

Dieser sieben Monate dauernde Lehrgang konnte in Geisenheim insgesamt drei Mal angeboten werden.

Seit Herbst 2006 finden aufgrund zu geringer Bewerbungen keine Lehrgänge mehr statt.

Überbetriebliche Ausbildung

Die überbetriebliche Ausbildung im Beruf "Gärtner" lief bereits im Juni 2001 aus. Die Auszubildenden des Produktionsgartenbaus besuchten ab diesem Zeitpunkt den ÜA-Standort Kassel-Oberzwehren, für den Gartenund Landschaftsbau fanden die Lehrgänge (Ausnahme Berufsschulstandort Kassel) bereits seit 1999 in Erfurt statt. Die überbetriebliche Ausbildung für die "Floristen" wurde noch bis März 2004 in Wiesbaden und anschließend für etwa 2 Jahre in Kassel weitergeführt.

Seit 1. August 2005 werden die Lehrgänge der überbetrieblichen Ausbildung im Rahmen von Kooperationsverträgen mit dem Freistaat Thüringen für den Gartenbau in der Lehr- und Versuchsanstalt für Gartenbau Erfurt und für die Floristen mit dem Fachverband Deutscher Floristen in der Bildungsstätte des Deutschen Gartenbaus in Grünberg durchgeführt.

Frage 8. Wie hat sich in Geisenheim die Arbeit der "Gartenakademie" zur Weiterbildung im Nichterwerbsgartenbau entwickelt?

Die hessische Gartenakademie (HGA) hat sich seit ihrer Gründung in 1998 bis 2007 an den Standorten Wiesbaden (bis August 2003) und Geisenheim kontinuierlich positiv entwickelt.

Die laufend steigende Nachfrage sowohl in Wiesbaden als auch am neuen Standort in Geisenheim führte zu fortlaufend steigenden Teilnehmerzahlen, zu einem ständig erweiterten Themenspektrum und damit umfangreicherem Veranstaltungsangebot und ging einher mit einer wachsenden Zahl der eingesetzten Referenten.

Eine grundsätzliche Differenz in der Entwicklung der HGA an den unterschiedlichen Standorten Wiesbaden und Geisenheim kann nicht festgestellt werden.

In 2006 waren für die HGA in Geisenheim 1.081 Teilnehmer zu verzeichnen, es wurden an 73 Tagen ganztägige Veranstaltungen und an 11 Tagen stundenweise Vorträge mit insgesamt 147 Referenteneinsätzen durchgeführt.