Illegale Finanzströme und Geldwäsche bei Vereinigungen rund um die Colonia Dignidad

Die Staatsanwaltschaft Krefeld hat nach Medienberichten Ermittlungen gegen den früheren Vize-Chef der berüchtigten Deutschen-Siedlung Colonia Dignidad (CD) in Chile, Hartmut H., eingeleitet. Hintergrund ist demnach die Anzeige der Menschenrechtsorganisation European Center for Constitutional and Human Rights e. V. gegen den deutschen Arzt.

Der 67-Jährige Hartmut H. hat sich chilenischen und deutschen Medienberichten zufolge im Mai 2011 unter Umgehung einer Ausreisesperre der chilenischen Justiz in die Bundesrepublik Deutschland geflüchtet. H. war zu Jahresbeginn im Zusammenhang mit sexuellem Kindesmissbrauch in Chile verurteilt worden und hatte sich danach nach Krefeld abgesetzt. Die chilenische Justiz erließ daraufhin einen internationalen Haftbefehl gegen H., der als deutscher Staatsbürger jedoch aufgrund Artikel 16 GG nicht ausgeliefert werden kann.

Die 1961 von dem Deutschen Paul S. gegründete CD (offiziell Sociedad Benefactora y Educacional Dignidad), heute Villa Baviera (VB), war bis vor Kurzem ein auslandsdeutsches, festungsartig ausgebautes Siedlungsareal im Süden Chiles. In der CD, in der noch immer ca. 280 Menschen auf rund 17.000 ha Fläche leben sollen, wurden jahrzehntelang schwerste Menschenrechtsverletzungen begangen. Regimegegner wurden systematisch gefoltert und ermordet, deutsche und chilenische Kinder systematisch jahrzehntelang und tausendfach sexuell misshandelt und missbraucht.

Die chilenische Zeitung La Nación berichtete am 23.05.200 von einer Aussage Hartmut Hs vor dem chilenischen Ermittlungsrichter Jorge Zepeda. H. soll auf S. 434-437 dabei über ein umfangreiches Geldwäschenetz der Colonia Dignidad ausgesagt haben, dass sich über Chile-USA-Kanada und Karibikstaaten erstrecken soll. Er selbst soll an Geldwäscheoperationen in der Karibik beteiligt gewesen sein. Hans-Jürgen R., ebenfalls vor der chilenischen Justiz nach Deutschland geflohen, soll an Geldwäscheoperationen in Kanada beteiligt gewesen sein.

Presseartikel der vergangen Wochen berichten über mögliche Verquickungen der Freien Volksmission Krefeld e.V. (Leiter: Ewald F.) mit Geldströmen der Colonia Dignidad.

Mitglieder der Freien Volksmission Krefeld (FVK) reisten demnach regelmäßig nach Chile, möglicherweise auf der Suche nach dem Vermögen der Colonia. Zudem berichtet die SZ: Viele Colonia-Leute fliehen über Zürich nach Deutschland, in der Schweiz hat auch Franks Volksmission eine Filiale. Auch der ehemalige Finanzchef der CD, der von der chilenischen Justiz per Haftbefehl gesuchte Albert S., lebte bis zu seinem Tod vor wenigen Jahren in Krefeld und besuchte dort die Freie Volksmission Krefeld.

Die Westdeutsche Zeitung schreibt am 26.8.2011: Der Oberstaatsanwalt [Klaus Schreiber/Staatsanwaltschaft Krefeld] weiß, dass in der Colonia viel Geld verdient wurde: Die haben keine Steuern gezahlt, aber neben ihrer Landwirtschaft auch für den Geheimdienst gearbeitet. Dass möglicherweise auf der Karibikinsel St. Kitts Millionen gebunkert sein könnten, hat er ebenfalls gehört. Wir hatten auch Hinweise zu Nummernkonten in der Schweiz.

1. Welche Erkenntnisse haben die Justizbehörden in NRW über ein Geldwäschenetz im Zusammenhang mit der Colonia Dignidad? (bitte Stand der Ermittlungen darstellen)

Gemäß Prüfung der Staatsanwaltschaften Krefeld und Bonn liegen hierzu zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für strafbare Handlungen nicht vor (§ 152 Absatz 2

2. Gab es diesbezüglich Anfragen an Behörden in beteiligten Ländern (z.B. Schweiz, St. Kitts, USA) um die Herkunft dieser Gelder aufzuklären? (bitte Ergebnisse auflisten) Nein. Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen.

3. Gab es diesbezüglich Steuerprüfungen bzw. Prüfungen der Vermögenswerte bei der Freien Volksmission Krefeld? (bitte Ergebnisse auflisten)

Diese Frage betrifft einen steuerlichen Einzelfall. Eine Antwort ist aufgrund des Steuergeheimnisses nach § 30 Abgabenordnung nicht zulässig. Eine das Steuergeheimnis durchbrechende Offenbarungsbefugnis liegt nicht vor.

4. Gab es Steuerprüfungen bzw. Prüfungen der Vermögenswerte bei der (inzwischen aufgelösten) Privaten Sozialen Mission e.V.? (bitte Ergebnisse auflisten)

Auf die Antwort zu Frage 3 wird verwiesen.

5. Gerhard Mertins (1919-1993), ein bekanntes Mitglied der Waffen-SS und nach dem Zweiten Weltkrieg einer der bekanntesten Waffenexporteure der Bundesrepublik Deutschland, der lange Jahre wohnhaft auf Gut Buschhof/Königswinter war, hatte enge Beziehungen zur CD und wurde auch von der Staatsanwaltschaft Bonn vernommen.

Welche Erkenntnisse haben die Justizbehörden in NRW über eine mögliche Zusammenarbeit zwischen Mertins und der CD bei Waffengeschäften und Geldwäscheoperationen?

Keine.