Das neue Tariftreuegesetz - ein Bürokratiemonster?

Der Gesetzesentwurf der Landesregierung für ein Tariftreue- und Vergabegesetz NRW soll zuvorderst Lohn- und Sozialdumping bei der Vergabe öffentlicher Aufträge unterbinden.

Unternehmen sollen sich zukünftig keine Wettbewerbsvorteile mehr dadurch verschaffen können, dass sie untertariflich bezahlte Beschäftigte einsetzen und so aufgrund niedriger Kosten den Auftrag erhalten.

Auch gesellschaftspolitisch relevante Aspekte bei der Vertragsgestaltung soll das neue Tariftreuegesetz regeln.

Vom Grundsatz her soll der Gesetzesentwurf Unternehmen also zugute kommen.

Tatsächlich aber beklagen die kommunalen Spitzenverbände ebenso wie die Verkehrsunternehmen in einer Stellungnahme zum Gesetzesentwurf den hohen organisatorischen Mehraufwand sowie die erheblichen und umfassenden Kontroll- und Prüfpflichten, die ihnen das Tariftreuegesetz auch im Verhältnis zu Subunternehmern und Verleihern von Arbeitskräften auferlegt.

Sie befürchten ausbleibende Angebote zuverlässiger Unternehmen, die sich durch die bürokratische Last überfordert sehen. Zudem sei das Gesetz an vielen Stellen so ausformuliert, dass man rechtliche bzw. fachliche Beratung bei der Vertragsgestaltung in Anspruch nehmen müsse.

Die hohen Kosten, die die Kommunen selbst in Kauf nehmen müssen, sind ein weiteres Argument gegen das geplante Tariftreuegesetz.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

1. Welche Probleme könnten nach Sicht der Landesregierung bei der Kontroll- und Prüfpflicht, die dem Auftragnehmer eines öffentlichen Auftrags in Bezug auf die Einhaltung der Vorgaben des Tariftreuegesetzes durch die von ihm beauftragten Subunternehmen auferlegt werden, entstehen?

2. Inwiefern erscheint es der Landesregierung bedenklich, ein Unternehmen als Auftragnehmer eines öffentlichen Auftrags für den Verstoß eines seiner Subunternehmen gegen das Tariftreuegesetz haftbar zu machen, z. B. durch Verhängung einer Vertragsstrafe wegen Verletzung der Prüfpflichten?

3. Wie beurteilt die Landesregierung den Bürokratieaufwand der dadurch entsteht, dass durch die Herabsetzung des Schwellenwerts von 387.000,00 EUR (Sektorenordnung) auf 20.000,00 EUR im ÖPNV wesentlich mehr Sektorenauftraggeber zur Durchführung eines Vergabeverfahrens verpflichtet wären - unter Berücksichtigung des Runderlasses des Innenministeriums vom 22.06.2006, nach dem kommunale Unternehmen von der Anwendung des Vergaberechts unterhalb der Schwellenwerte befreit sind?

4. Inwiefern ist nach Meinung der Landesregierung eine Angebotsmonopolisierung durch Vorgabe eines repräsentativen Tarifvertrags durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu befürchten?

5. Inwiefern erachtet es die Landesregierung für fragwürdig, dass Umwelt- und Sozialkriterien nach Vorgabe des Gesetzesentwurfs nun verbindlich und, aufgrund eines fehlenden Schwellenwerts, für jede Beschaffungsmaßnahme berücksichtigt werden müssen - im Falle der ILO-Kernarbeitsnormen sogar mit Nachweisverpflichtung?