Unregelmäßigkeiten bei Ausschreibungen des Landesamtes für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei Nordrhein-Westfalen?

Im Zusammenhang mit dem Ausschreibungsverfahren (Offenes Verfahren) Auswahlverfahren (AV) des Höheren Polizeivollzugsdienstes in Nordrhein-Westfalen, Laufbahnabschnitt III schreibt das Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei (LAFP) im Auftrag des Ministeriums für Inneres und Kommunales bereits seit einigen Jahren Leistungen mit einem beträchtlichen Auftragswert aus.

Im Rahmen einer so genannten freihändigen Vergabe erhielt im Jahr 2009 die Deutsche Gesellschaft für Personalwesen e.V. (DGP) für ein Jahr den Zuschlag für diese Dienstleistungen. Aufgrund wettbewerbsrechtlicher Anforderungen wurden im Jahr 2010 diese Leistungen erneut ausgeschrieben. Aufgrund von Qualitätsunterschieden unterlag dieses Mal die Deutsche Gesellschaft für Personalwesen e.V. Nach dem Regierungswechsel hob das Ministerium für Inneres und Kommunales diese Vergabeentscheidung, bei der ein anderer Anbieter zum Zug gekommen wäre, mit Erlass vom 28. Juli 2011 auf und schrieb die Leistungen ­ diesmal nur für ein Jahr ­ erneut aus. Wiederum kam es zu einer freihändigen Vergabe, bei der die vormals wegen qualitativer Mängel nicht berücksichtigte Deutsche Gesellschaft für Personalwesen e.V.erneut den Auftrag erhielt.

Im Frühjahr 2011 hat das LAFP die Leistungen wiederum für drei Jahre mit einem Gesamtwert von 453.700 ausgeschrieben. Abermals erhielt die Deutsche Gesellschaft für Personalwesen e.V. den Auftrag. Die ausschreibende Stelle begründete ihre Entscheidung damit, dass ­ obschon drei Anbieter qualitativ gleichwertig angeboten hätten ­ das Angebot der DGP preisgünstiger gewesen sei.

In ihrer Entscheidungsbegründung gibt die ausschreibende Stelle zu erkennen, dass man über Erfahrungen bei der Ausschreibung solcher Leistungen verfüge, so dass der preisliche Rahmen, in dem sich die Ausschreibung bewege ­ 453.700 ­ auch unter dem Gesichtspunkt der Auskömmlichkeit durchaus angemessen sei. Erstaunlich ist nur, dass das Angebot der DGP um 42 % unterhalb des als auskömmlich beschriebenen Preises liegt und damit der ausschreibenden Stelle als Begründung dienen kann, der DGP den Zuschlag zu erteilen.

Vorbemerkung der Landesregierung Zunächst bedarf die Sachverhaltsdarstellung in der Kleinen Anfrage an einigen Stellen der Ergänzung bzw. Korrektur:

Der Auftrag an die DGP im Jahr 2009 erfolgte nach einer beschränkten Ausschreibung, die das LZPD NRW für das LAFP NRW durchgeführt hatte. Neben der DGP wurden zwei andere Anbieter aufgefordert, ein Angebot abzugeben. Diese beschränkte Ausschreibung erfolgte, um die Zeit bis 2010 für die Vorbereitung einer EU-weiten Ausschreibung nutzen und gleichzeitig das zwingend erforderliche Aufstiegsverfahren für den höheren Dienst durchführen zu können.

Der Erlass (Az.: 45.4/5-27.13.02) datiert nicht vom 28. Juli 2011, sondern vom 28. Juli 2010. Der aufgehobenen EU-weiten Ausschreibung aus dem Frühjahr 2010 lag eine Gewichtung der Vergabekriterien zugrunde, die die Qualität mit dem vergaberechtlich höchstmöglichen Faktor berücksichtigte.

Dies führte dazu, dass die Ausschreibung kein wirtschaftliches Ergebnis hatte. Aufgrund dessen musste die Ausschreibung aufgehoben werden. Das Angebot der DGP wies keine qualitativen Mängel auf. Ein anderer Anbieter hatte lediglich noch bessere Ergebnisse im Bereich der Qualität erzielt.

Die EU-weite Ausschreibung 2011 erfolgte für eine Vertragslaufzeit, die vier Jahrgänge von Ratsbewerbern beinhaltet (01.02. 2012-30.09.2015), also nicht für drei Jahre.

In dem allgemein zu verwendenden Veröffentlichungs-Formblatt wird lediglich der geschätzte Wert des Auftrags angegeben. In der Leistungsbeschreibung hieß es hierzu ergänzend: Der dem Auftraggeber haushaltsrechtlich zur Verfügung stehende finanzielle Rahmen wird mit 115.000 Euro / jährlich angegeben.

Die Vergabekriterien der EU-weiten Ausschreibung 2011 berücksichtigten den Preis mit einem wesentlich höheren Faktor als die im Jahr 2010.

1. Wie kommt das LAFP NRW in dem geschilderten Fall zu dem Schluss, dass ein Dienstleistungsangebot, welches 42% unter dem Wert der Ausschreibung liegt, auch als auskömmlich im Sinne des Vergaberechts bewertet werden kann?

Nach § 3 der Vergabeverordnung orientiert sich das durchzuführende Vergabeverfahren insbesondere am geschätzten Auftragswert.

Übersteigt der Wert eines öffentlichen Auftrags bestimmte Wertgrenzen (Schwellenwerte), muss die Vergabestelle den Auftrag europaweit ausschreiben und das Vergabeverfahren entsprechend den einschlägigen Vorschriften für EU-Vergaben durchführen. Die Schätzung darf daher insbesondere nicht in der Absicht vorgenommen werden, den Auftrag der Anwendung der zu entziehen.

Das LAFP NRW hat die erforderliche Kostenschätzung und verordnungskonform die sich hieraus ergebende EU-weite Ausschreibung durchgeführt.

Da die Schätzung lediglich für die Auswahl der einzuhaltenden Verfahrensvorschriften von Bedeutung ist, können aus der vom LAFP geschätzten Auftragssumme von 453.700 Euro sowie deren Angabe in der Bekanntmachung auch keine Ansprüche auf den tatsächlichen Wert der späteren Auftragsvergabe hergeleitet werden.

Bei der Schätzung des voraussichtlichen Auftragswertes hat sich das LAFP an den im Rahmen der EU-Ausschreibung 2010 abgegebenen ­ hohen - Angebotspreisen orientiert. In vergaberechtlicher Hinsicht ist es nicht zu beanstanden, wenn im Angebotsverfahren ein günstigerer Preis angeboten wird als ursprünglich vom Auftraggeber geschätzt worden ist, sofern die Leistung vergaberechtkonform vergeben wird. Dies war vorliegend der Fall.

Bei dem Angebot der DGP handelte es sich sowohl um ein wirtschaftliches als auch aus Sicht der Vergabestelle auskömmliches Angebot, welches zudem dem öffentlichen Interesse an einer sparsamen und wirtschaftlichen Verwendung der Haushaltsmittel entgegen kommt.

Eine Auskömmlichkeitsprüfung hätte nach § 19 Absatz 6 Satz 1 EG VOL/A durchgeführt werden müssen, wenn der Preis ungewöhnlich niedrig gewesen wäre.

Nach den Ausführungsbestimmungen hierzu, liegt ein ungewöhnlich niedriger Preis vor, wenn ein Missverhältnis zwischen Preis und Leistung sofort ins Auge fällt. Dies war hier nicht der Fall, da die DGP nicht wesentlich von ihren Preisen aus 2009 und 2010 abwich. Die Frage der Auskömmlichkeit ist schließlich schon im Vergabeverfahren selbst von einem erfolglosen Anbieter gerügt worden. Dieser Anbieter hat mit dieser Rüge gemäß § 107 GWB ein Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Arnsberg durchgeführt. Das Verfahren blieb für ihn -aus anderen Gründen- ohne Erfolg. Er hat seinen Nachprüfungsantrag schließlich zurückgenommen.

Die Vergabekammer Arnsberg hatte den Anbieter allerdings zuvor mit Schreiben vom 01.08.2011 unter anderem darauf hingewiesen, dass das LAFP NRW seinen diesbezüglichen Prüfungspflichten (Anm.: Auskömmlichkeitsprüfung) nachgekommen ist. Daraus ergibt sich, dass auch die Vergabekammer Arnsberg nicht von einer fehlenden Auskömmlichkeit ausgegangen ist.

2. Aus welchen Gründen schreibt das LAFP NRW Dienstleistungen in einer Höhe aus, die den Wert einer auskömmlichen Leistung um 42% übersteigt?

Wie schon zu 1.) ausgeführt, erfolgte die Auftragswertschätzung unter Berücksichtigung der Angebotspreise eines zuvor durchgeführten Vergabeverfahrens. Die Auskömmlichkeit eines Preises orientiert sich nicht am geschätzten Auftragswert, sondern daran, ob ein Angebot im Verhältnis zur Leistung ungewöhnlich niedrig erscheint. Dies war vorliegend nicht der Fall.