Deregulierung bei der Konzeption von Staffelgeschossen

Der Minister für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr hat die Kleine Anfrage 1186 mit Schreiben vom 7. November 2011 namens der Landesregierung beantwortet.

Vorbemerkung der Kleinen Anfrage

In der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen heißt es in § 2 Absatz 5: Vollgeschosse sind Geschosse, deren Deckenoberkante im Mittel mehr als 1,60 m über die Geländeoberfläche hinausragt und die eine Höhe von mindestens 2,30 m haben. Ein gegenüber den Außenwänden des Gebäudes zurückgesetztes oberstes Geschoss (Staffelgeschoss) ist nur dann ein Vollgeschoss, wenn es diese Höhe über mehr als zwei Drittel der Grundfläche des darunter liegenden Geschosses hat.

In einem am 2. August 2011 unter dem Aktenzeichen X A 3 ­ 100/2 abgelegten Schreiben führt das Ministerium für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen erläuternd zu dem Begriff des Staffelgeschosses aus: Ein Staffelgeschoss liegt dann vor, wenn die Außenwände des Geschosses gegenüber den frei stehenden Außenwänden des Gebäudes zurückweichen. In der offenen Bauweise bezieht sich das Zurückweichen auf alle vier Außenwände, in der geschlossenen Bauweise nur auf zwei Außenwände.

Vorbemerkung der Landesregierung: § 2 Absatz 5 NRW definiert den Begriff des Vollgeschosses. Dieser Begriff entstammt der Baunutzungsverordnung. § 16 Absatz 3 Nr. 2 bestimmt, dass bei Festsetzung des Maßes der baulichen Nutzung im Bebauungsplan die Zahl der Vollgeschosse oder die Höhe baulicher Anlagen festzusetzen ist, wenn ohne ihre Festsetzung öffentliche Belange, insbesondere das Orts- und Landschaftsbild, beeinträchtigt werden können.

Die Definition des Vollgeschossbegriffes in der Landesbauordnung stellt daher eine Verbindung zum Städtebaurecht des Bundes dar. Die Festsetzung der Zahl der Vollgeschosse, um das zulässige Maß der baulichen Nutzung zu bestimmen, ist in Nordrhein-Westfalen Bestandteil zahlreicher Bebauungspläne.

Mit dem sogenannten Staffelgeschoss, das in § 2 Absatz 5 Satz 2 NRW definiert wird, wurde eine den Bauherrn bzw. die Bauherrin begünstigende Ausnahmeregelung geschaffen, die es ermöglichen soll, innerhalb der im Bebauungsplan vorgegebenen Zahl der Vollgeschosse zusätzliche Nutzfläche zu schaffen, die mit den gestalterischen Vorstellungen der Gemeinde dennoch vereinbar ist. Ein Staffelgeschoss muss gegenüber den Außenwänden des Gebäudes zurückgesetzt sein, es muss sich um das oberste Geschoss des jeweiligen Gebäudes handeln und es darf die normale Höhe eines Vollgeschosses (2,30 m) nur auf einer Fläche von nicht mehr als 2/3 der Grundfläche des darunterliegenden Geschosses haben.

Die in § 2 Absatz 5 Satz 2 NRW enthaltene Formulierung kann nur dahin gehend verstanden werden, dass ein Zurückweichen von allen freien Außenwänden zu fordern ist, d. h., ein Zurückweichen von vier Außenwänden in der offenen und ein Zurückweichen von zwei Außenwänden in der geschlossenen Bauweise.

Die Vorschrift befindet sich seit 1984 in der Landesbauordnung und ist seitdem Bezugspunkt für Bebauungspläne, in denen die Zahl der Vollgeschosse gem. § 16 Absatz 3 vorgegeben wird, um das Maß der baulichen Nutzung zu bestimmen. Probleme mit der Anwendung der Vorschrift sind seitens der Bauaufsichtsbehörden nicht berichtet worden.

Vor diesem Hintergrund werden die gestellten Fragen wie folgt beantwortet:

1. Teilt die Landesregierung die Einschätzung, dass die Auslegung des Begriffs Staffelgeschoss durch die zuständigen Baubehörden unterschiedlich ist und deshalb eine uneinheitliche Genehmigungspraxis festgestellt werden muss?

Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse dahingehend vor, dass der Begriff des Staffelgeschosses oder der Begriff des Vollgeschosses durch die Bauaufsichtsbehörden des Landes unterschiedlich ausgelegt wird.

2. Wie bewertet die Landesregierung den Vorschlag, den Begriff des Zurückweichens dahingehend neu zu definieren, dass dieser sich künftig einheitlich auf zwei Außenwände bezieht?

Ein anderer Regelungsinhalt müsste durch Änderung der Landesbauordnung herbeigeführt werden. Im Zuge der beabsichtigten Novellierung der NRW müsste vor allem mit den kommunalen Spitzenverbänden als Vertreter der für die Bauleitplanung zuständigen Kommunen erörtert werden, welche Auswirkungen eine derartige Veränderung auf den Inhalt der seit 1984 erlassenen Bebauungspläne haben würde.

3. Würden sich nach Auffassung der Landesregierung Nachteile dadurch ergeben, dass es den Architekten freigestellt würde, einen Baukörper im Bereich des Staffelgeschosses nach eigenem Ermessen und Entwurf zu verschieben?

Da die Festsetzung der Zahl der Vollgeschosse dem Schutz des Orts- und Landschaftsbildes im Rahmen eines Bebauungsplanes dient, kann es nicht in Betracht kommen, den Entwurfsverfassern freizustellen, wie sie mit den Begriffen des Vollgeschosses und des Staffelgeschosses umgehen. Abgesehen davon lässt die zutreffende Auslegung des geltenden Rechts eine derartige Vorgehensweise derzeit nicht zu.