Jugendgerichtsgesetz (JGG)

Sitzungsvertretung durch Rechtsreferendare in Jugendstrafverfahren bei der Staatsanwaltschaft Düsseldorf: §§ 36,37 Jugendgerichtsgesetz (JGG) lauten: § 36: Jugendstaatsanwalt:

Für Verfahren, die zur Zuständigkeit der Jugendgerichte gehören, werden Jugendstaatsanwälte bestellt.

§ 37: Auswahl der Jugendrichter und Jugendstaatsanwälte

Die Richter bei den Jugendgerichten und die Jugendstaatsanwälte sollen erzieherisch befähigt und in der Jugenderziehung erfahren sein.

In der Praxis werden dennoch seit Jahren überwiegend Rechtsreferendare als Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft eingesetzt. Fraglich ist, ob diese stets über die erzieherische Befähigung im Sinne des § 37 JGG verfügen. Problematisch erscheint in diesem Zusammenhang ferner, dass vor dem Jugendrichter auch Verbrechenstatbestände (Raub, Erpressung etc.) verhandelt werden, wobei die Angeklagten dann regelmäßig einen Pflichtverteidiger haben (müssen).

Im gerichtlichen Alltag stellt sich die Sitzungsvertretung durch Rechtsreferendare in Jugendstrafverfahren häufig folgendermaßen dar:

Der Referendar darf weisungsgemäß Einstellungen in der Hauptverhandlung nicht zustimmen und auf Rechtsmittel nicht verzichten, wenn er nicht das Einverständnis eines Staatsanwaltes hat. Seinen Ausbilder erreicht er telefonisch während der Hauptverhandlung zumeist nicht. Dann wird der Eildienst der Staatsanwaltschaft kontaktiert, der ebenso wie der Ausbilder mangels Kenntnis vom Inbegriff der konkreten Hauptverhandlung (persönlicher Eindruck von Prozessbeteiligten, Inhalt von Urkunden, Inaugenscheinnahme von Fotografien etc.) keine sachgerechte Entscheidung treffen kann, gleichwohl aber eine Anweisung erteilt.

Folglich wird Referendaren im Wege einer Art Ferndiagnose geboten, Erklärungen abzugeben, die mit dem Erziehungsgedanken, der das Jugendstrafverfahren beherrscht, oftmals nicht in Einklang stehen. Darüber hinaus verfügen manche Eildienst-Staatsanwälte noch nicht über die erforderliche Sachkenntnis von den Besonderheiten des Jugendstrafverfahrens. Außerdem herrscht ersichtlich keine Waffengleichheit: Hier der Angeklagte mit Verteidiger, dort der Auszubildende, oft unsicher und zaghaft agierende Referendar.

Die vorstehend beschriebene Problematik ist der Leitenden Oberstaatsanwältin der Staatsanwaltschaft Düsseldorf wiederholt auf verschiedenen Wegen vorgetragen worden; bislang jedoch leider ohne Ergebnis.

Kürzlich hat das Amtsgericht Duisburg -Jugendrichter- eine Hauptverhandlung wegen der Sitzungsvertretung durch einen Referendar wegen Verstoßes gegen §§ 36, 37 JGG ausgesetzt. Das Landgericht Duisburg hat dann auf die Beschwerde der Staatsanwaltschaft das Amtsgericht angewiesen, diese Art der Sitzungsvertretung hinzunehmen, wenn sie denn die Ausnahme darstellt.

Die Sitzungsvertretung der Staatsanwaltschaft durch Referendare ist im Bereich der Staatsanwaltschaft Düsseldorf jedoch der Regelfall. Anders als in vielen anderen Bundesländern wird den Staatsanwälten hier nicht zugemutet, die Sitzungsvertretung in Jugendstrafverfahren (Einzelrichter) wahrzunehmen. Begründung: Tradition!

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

1. Wie viele Jugendstrafverfahren wurden im Jahr 2010 von der Staatsanwaltschaft Düsseldorf geführt?

2. Wie oft übernahmen im Jahr 2010 Rechtsreferendare die Sitzungsvertretung bei der Staatsanwaltschaft Düsseldorf in Jugendstrafverfahren?

3. Aus welchen Gründen wurden Rechtsreferendare zur Sitzungsvertretung bei der Staatsanwaltschaft Düsseldorf in Jugendstrafverfahren eingeteilt?

4. War während der Sitzungsvertretung durch Rechtsreferendare bei der Staatsanwaltschaft Düsseldorf in Jugendstrafverfahren eine telefonische Erreichbarkeit der jeweiligen Ausbilderinnen und Ausbilder sichergestellt?

5. Wie beurteilt die Landesregierung die Übernahme von Sitzungsvertretungen durch Rechtsreferendare in Jugendstrafverfahren angesichts der §§ 36, 37 JGG?