Sicherheitsbefragungen

Bei der Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltes prüfen die Ausländerbehörden regelmäßig, ob Sicherheitsbedenken dem entgegenstehen. In NRW hat das Innenministerium bereits 2007 unter CDU-FDP-Landesregierung die Behörden angewiesen, diese Überprüfung in Form einer Sicherheitsbefragung der Antragsteller aus bestimmten Ländern durchzuführen.

Der 20 Fragen umfassende Fragebogen zielt hauptsächlich darauf ab, in Erfahrung zu bringen, ob der oder die einer der bereits festgelegten Organisationen aus bestimmten Ländern nahesteht bzw. Mitglied ist.

Der Fragenkatalog ist der Öffentlichkeit nicht zugänglich. Das Verwaltungsgericht Münster hat den als Gesinnungstest bekannten Erlass aus formalen Gründen (wegen fehlender Rechtsbelehrung) bemängelt. Der Erlass hat aber immer noch Bestand und die Sicherheitsbefragungen werden nach wie vor durchgeführt.

Dem Test werden die Menschen unterzogen, wenn sie eine Aufenthaltserlaubnis oder eine Niederlassungserlaubnis beantragen bzw. diese verlängern wollen. Zusätzlich richten die Behörden regelmäßig Sicherheitsanfragen an das Landeskriminalamt und das Innenministerium. Diese Maßnahme gilt für Menschen aus 26 ­ meist muslimischen ­ Ländern.

In dem Test wird u. a. die Bereitschaft zur Zusammenarbeit der mit Verfassungsschutz und BND erfragt. Es besteht die Möglichkeit, dass die entweder gar keinen Aufenthaltstitel bekommen bzw. diesen nicht verlängern können.

Abgesehen davon, dass eine vermeintliche Gefährdung durch diese Sicherheitsmaßnahme ganz und gar nicht minimiert wird, geschweige denn ihr vorgebeugt werden kann, wirkt die Sicherheitsbefragung kriminalisierend, stigmatisierend und abschottend.

Vorbemerkung der Landesregierung:

Mit Erlass vom 11.07.2007 - hat das Innenministerium einen Fragebogen eingeführt, der insbesondere Staatsangehörigen bestimmter Staaten von den Ausländerbehörden anlässlich ihres Antrages auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels vorgelegt wird. Zu den Gründen, die zur Einführung dieser sogenannten Sicherheitsbefragung geführt haben, hat die damalige Landesregierung in den Antworten auf die Kleinen Anfragen 2567, 2575 und 3211 (Landtagsdrucksachen 14/7154, 14/7155 und 14/9021) Stellung genommen.

Klarstellend sei nochmals festgestellt, dass es sich bei der Befragung nicht um einen Test handelt. Mit dem Fragebogen werden Fakten aus dem Lebenslauf erhoben. Auch die Behauptung, es werde die Bereitschaft der Antragstellerinnen und Antragsteller zur Zusammenarbeit mit Verfassungsschutz und BND erfragt, ist unzutreffend. Die Frage 20, auf die diese Behauptung offensichtlich abstellt, wurde vor dem Hintergrund der in § 5 Abs. 4 Satz 2 Aufenthaltsgesetz eröffneten Offenbarungsmöglichkeit aufgenommen. Auf die genannten Stellungnahmen der Landesregierung wird verwiesen.

Die angesprochene Entscheidung des Verwaltungsgerichts Münster betraf die Klage eines Studenten der Universität Münster. Das Gericht sah in seinem Urteil vom 08.10.2009 8 K 1498/08 - die in Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit erfolgenden Anfragen an die Sicherheitsbehörden als rechtmäßig an. Die vom Gericht festgestellte Rechtswidrigkeit der Sicherheitsbefragung wurde an einem formalen Fehler in der Belehrung (fehlender Hinweis auf § 86 festgemacht. Gegen dieses Urteil hat das Oberverwaltungsgericht Münster mit Beschluss vom 01.02.2010 - 18 A 2652/09 - die Berufung zugelassen. Das Verfahren ist noch anhängig.

Der Text der zur Befragung gehörenden schriftlichen Belehrung wurde unter Berücksichtigung der vom Verwaltungsgericht Münster aufgestellten Anforderungen - vorsorglich - angepasst. Anlass für eine Einstellung der Praxis der Sicherheitsbefragungen gab das Urteil nicht.

Der Koalitionsvertrag zwischen SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom Juli 2010 enthält unter dem Gliederungspunkt NRW schützt Menschen vor Verfolgung und in Not folgende Vereinbarung (Zeilen 3111 - 3114): Wir wollen die bestehenden Regelungen zur Überprüfung von Sicherheitsbedenken bei Aufenthalten nach dem Aufenthaltsgesetz (Erlass vom 11. Juli 2007) bei Ausländerinnen und Ausländern aus bestimmten Herkunftsländern hinsichtlich ihrer Wirksamkeit und Verhältnismäßigkeit evaluieren. Zwischenzeitlich ist eine Evaluierung der mit Erlass vom 11.07.2007 eingeführten Sicherheitsbefragung eingeleitet worden. In diesem Zusammenhang werden zurzeit umfangreiche Erhebungen vorgenommen. Mit einem abschließenden Evaluierungsbericht ist voraussichtlich bis zum Ende des ersten Quartals 2011 zu rechnen.

Die weiteren Erlassinhalte beruhen auf bundesrechtlichen Vorgaben oder regeln verwaltungsinterne Abläufe. Sie sind daher nicht Gegenstand der Evaluierung.

Dies vorausgeschickt, wird wie folgt Stellung genommen:

1. Wie viele Menschen sind bislang durch diese Befragungen erfasst worden?

Im Erlass vom 11.07.2007 wurden den Ausländerbehörden keine Statistikpflichten aufgegeben. Fallzahlen werden - soweit möglich - im Rahmen der Evaluierung (s. Vorbemerkung) erhoben.

2. Aus welchen Ländern kommen die befragten Menschen?

Hierzu hat das Innenministerium in der Sitzung des Innenausschusses des Landtags vom 30.04.2009 Auskunft erteilt. Auf das vertrauliche Ausschussprotokoll zu TOP 11 14/23) wird verwiesen.

3. Wie vielen Personen wurde aufgrund der Ergebnisse der Befragung die Erteilung bzw. die Verlängerung des Aufenthaltstitels verweigert?

Entsprechende Angaben werden im Rahmen der Evaluierung erhoben.

4. In wie vielen Fällen sind bislang konkrete Ergebnisse erzielt worden?

Entsprechende Angaben werden im Rahmen der Evaluierung erhoben.

5. Gedenkt die Landesregierung diese aufgrund ihres stigmatisierenden und abschottenden Charakters integrationshemmenden Befragungen abzuschaffen?

Über eine Fortführung oder Einstellung der Sicherheitsbefragungen wird auf der Grundlage der Ergebnisse der Evaluierung entschieden werden.