Rechtspflegernachwuchs: Gefährdet die hohe Zahl der Studienabbrecher die Entlastung der Rechtspflege in Nordrhein-Westfalen?

SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben die Rechtspflege in Nordrhein-Westfalen bis 2005 sträflich vernachlässigt. Unter der Regierungsverantwortung von CDU und FDP wurde die Zahl der Rechtspflegeranwärterinnen und -anwärter von 46 im Jahr 2005 auf 108 (2008), 150 (2009) bzw. 153 (2010) erhöht. Die ersten Absolventen dieser starken Jahrgänge sollten nach den Plänen der Vorgängerregierung nach erfolgreichem Abschluss einer dreijährigen Ausbildung ab 2011 die Situation in den Register- und Grundbuchabteilungen der Amtsgerichte verbessern.

Das Studium an der Fachhochschule für Rechtspflege Nordrhein-Westfalen in Bad Münstereifel und die fachpraktische Ausbildung an den Amts- und Landgerichten bzw. bei den Staatsanwaltschaften des Landes ist anspruchsvoll. Das gleiche gilt für die Laufbahnprüfung am Ende der Ausbildung. Beides stellt offenbar für eine wachsende Zahl von Anwärterinnen und Anwärtern eine nur mit Schwierigkeiten oder überhaupt nicht zu überwindende Hürde dar. Die Fachgewerkschaften warnen davor, dass die Zahl der Abbrecherinnen und Abbrecher den mit der deutlichen Erhöhung der Anwärterzahlen verfolgten Zweck, nämlich die Entlastung der Rechtspflege in Nordrhein-Westfalen, gefährden könnte.

1. Wie gestaltet sich die Zahl der Zulassungen zum Rechtspflegerstudium (einschließlich Aufstiegsbeamtinnen/-beamte aus dem mittleren Dienst) für den Zeitraum 1995 bis 2010 (bitte die genauen Zahlen für jedes Jahr und nach Geschlecht getrennt darstellen)?

Zur Beantwortung der Frage verweise ich auf die anliegende Tabelle. für den Einstellungsjahrgang 2008 wird um Schätzung unter Berücksichtigung der bisherigen Abbrecherzahlen gebeten)?

Zur Beantwortung der Frage verweise ich auf die anliegende Tabelle. Die Zahl der Abbrecher ist eingerechnet. Die Zahlen für den Einstellungsjahrgang 2008 wurden geschätzt.

3. Wie viele davon wurden nach erfolgreicher Rechtspflegerprüfung als Justizinspektor/in in ein Beamtenverhältnis (auf Probe) des Landes Nordrhein-Westfalen übernommen (bitte die genauen Zahlen für jedes Jahr, nach Geschlecht getrennt und unter gesonderter Auflistung der Aufsteiger aus dem mittleren Dienst darstellen; für den Einstellungsjahrgang 2008 wird um Mitteilung der Absichten der Landesregierung unter Berücksichtigung der bisherigen Abbrecherzahlen gebeten)?

Zur Beantwortung der Frage verweise ich auf die anliegende Tabelle. Die Zahl der Abbrecher ist eingerechnet. Die Zahlen für den Einstellungsjahrgang 2008 wurden geschätzt.

4. Wie beurteilt die Landesregierung angesichts steigender Abbrecherzahlen die Attraktivität des Rechtspflegerberufes in Nordrhein-Westfalen im Hinblick auf die Gewinnung geeigneter Anwärter?

Der Anteil der Abbrecher an den zugelassenen Studierenden betrug für das Einstellungsjahr 2008 insgesamt 12,50 Prozent und lag damit unter dem Schnitt seit 1995, der 13,66 Prozent beträgt. Im Vergleich zu den Jahren 2004 bis 2007 ist die Zahl zwar gestiegen, war aber in den Jahren davor deutlich höher. Eine generelle Tendenz, dass die Abbrecherzahlen zunehmen, ist zumindest über den Gesamtzeitraum ab 1995 nicht zu erkennen. Dies wurde durch die zuständigen Dezernenten der drei Oberlandesgerichte bestätigt.

Auch die Bewerberzahlen geben zu der Vermutung, die Attraktivität des Rechtspflegerberufs habe nachgelassen, keinen Anlass. Der Anteil der Bewerber für den Beruf des Rechtspflegers betrug in den letzten 10 Jahren im Durchschnitt 2,92 Prozent der Abiturienten (Quelle der Abiturientenzahlen bis 2009: MSW NRW Stat. Übers. 371 - Quantita Schuljahr 2009/2010 - 3. Auflage, für 2010 Vorausberechnung des MSW). Im Jahr 2010 betrug der Anteil 2,87 Prozent. Mit 2,13 und 2,24 Prozent war der Anteil in den Jahren 2001 und 2002 am niedrigsten und mit 3,53 Prozent in den Jahren 2005 und 2007 sowie 4,21 Prozent im Jahr 2006 am höchsten. Die absoluten Bewerberzahlen sind seit drei Jahren gestiegen.

Rückschlüsse auf eine gesunkene Attraktivität lassen sich demnach statistisch nicht belegen.

Auch in den von den Oberlandesgerichten durchgeführten Auswahlverfahren und Bewerbungsgesprächen ist eine nachlassende Attraktivität des Rechtspflegerberufs nicht erkennbar. Allenfalls könnten die zahlreichen Diskussionen in der letzten Legislaturperiode über geplante Privatisierungen von Rechtspflegeraufgaben im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht ohne Auswirkungen auf eventuelle Interessenten geblieben sein.

5. Welche Pläne verfolgt die derzeitige Landesregierung, um die Entlastung der Rechtspflege in Nordrhein-Westfalen auch in den kommenden Jahren voranzutreiben?

Die Landesregierung wird das verfügbare Stellenkontingent unter Anpassung der aus dem konkreten Ersatzbedarf folgenden Zahl an Einstellungsermächtigungen ausschöpfen. Im Übrigen wird die Landesregierung die konkrete Belastungssituation der Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger genau beobachten und die insoweit erforderlichen Maßnahmen veranlassen.