Anzahl der verkehrsberuhigten Zonen in NRW

In den letzten Jahren hat die Anzahl der verkehrsberuhigten Zonen in NRW erfreulicherweise deutlich zugenommen. Jedoch beschweren sich die Anwohner der sogenannten Spielstraßen häufig über Autofahrer, die sich nicht an die vorgegebene Geschwindigkeit von 7 km/h halten.

Die überhöhten Geschwindigkeiten in Spielstraßen gefährden vor allem Fußgänger, unter ihnen insbesondere Kinder, da es keine gesonderten Gehwege gibt. Die leider nur sehr selten durchgeführten Geschwindigkeitsmessungen in verkehrsberuhigten Bereichen ergeben Geschwindigkeitsrekorde von 70 km/h statt des vorgegebenen Schritttempos.

Zudem wird die Verkehrssicherheit durch wild parkende Autos, mitunter direkt in Kreuzungsbereichen, zusätzlich gefährdet. Da häufig Familien mit kleinen Kindern in den verkehrsberuhigten Bereichen leben, sollte gerade die Sicherheit für Kinder oberste Priorität haben. Doch nicht selten fühlen sich Eltern trotz massiver Beschwerden bei den zuständigen Ordnungsund Polizeibehörden nicht ernst genommen. Von den Behörden wird teilweise sogar der Eindruck vermittelt, dass leichte Geschwindigkeitsverstöße in Spielstraßen zu tolerieren seien.

Dadurch entsteht der Anschein, dass Geschwindigkeitskontrollen vor allem dort durchgeführt werden, wo besonders viele Autofahrer kontrolliert werden können. Also insbesondere auf Autobahnen, Landes- und Bundesstraßen sowie innerorts auf Durchgangsstraßen.

1. Wie werden Geschwindigkeitsverstöße in verkehrsberuhigten Zonen konkret geahndet?

In verkehrsberuhigten Bereichen misst die Polizei Geschwindigkeitsverstöße vorwiegend mit der etablierten Geschwindigkeitsmesstechnik (Laser, Radar, Lichtsensor). Laut einem Beschluss des OLG Düsseldorf vom 14.04.1978 (2 Ss OWi 154/78) kann ein Polizeibeamter einen groben Verstoß gegen die Schrittgeschwindigkeit auch durch Schätzen feststellen. Die Sanktionierung erfolgt dann gemäß Bundeseinheitlichem Tatbestandskatalog Straßenverkehrsordnungswidrigkeiten.

2. Wie viele Geschwindigkeitsverstöße in verkehrsberuhigten Zonen werden, verglichen mit Tempoverstößen auf anderen Straßen, jährlich geahndet?

Eine Erfassung von Geschwindigkeitsverstößen in der hinterfragten Differenzierungstiefe wird von der Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen nicht vorgenommen.

3. Wie hat sich die Zahl der Verkehrsunfälle in verkehrsberuhigten Zonen, insbesondere mit Kinderbeteiligung, in den letzten Jahren in den Kreisen und kreisfreien Städten in NRW entwickelt?

Die landesweite Unfallentwicklung in verkehrsberuhigten Bereichen für die Jahre 2005 2009 ist der nachfolgenden Tabelle, deren Daten der Verkehrsunfalldatei Nordrhein Westfalen (VUD NRW) entstammen, zu entnehmen. Bezogen auf alle Verkehrsunfälle unter Beteiligung von Kindern machte das beispielsweise im Jahr 2009 einen Anteil von 2,9 % aus.

Zur Frage der Entwicklung in den Kreisen und kreisfreien Städten ist darauf hinzuweisen, dass diese Daten auf Ebene der Kreispolizeibehörden erfasst werden. Eine entsprechende Auswertung habe ich als tabellarische Übersicht in der Anlage beigefügt.

4. Gibt es bauliche Mindestanforderungen an sogenannte Spielstraßen, um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten?

Gemäß Nr. II. der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu den Zeichen 325.1 (Beginn eines verkehrsberuhigten Bereichs und 325.2 (Ende eines verkehrsberuhigten Bereichs) Straßenverkehrsordnung müssen die Straßen durch ihre besondere Gestaltung den Eindruck vermitteln, dass die Aufenthaltsfunktion überwiegt und der Fahrzeugverkehr eine untergeordnete Bedeutung hat. In der Regel wird ein niveaugleicher Ausbau für die ganze Straßenbreite (d. h. als Mischverkehrsfläche) empfohlen.

Gemäß Nr. V. zu den Zeichen 325.1 und 325.2 sollen mit Ausnahme der Parkflächenmarkierungen keine weiteren Verkehrszeichen angeordnet werden. Die zum Parken bestimmten Flächen sollen nicht durch Verkehrszeichen 314 (Parkplatz) gekennzeichnet werden, sondern durch Markierung, die auch durch Pflasterwechsel erzielt werden kann.

Zur Geschwindigkeitsdämpfung auf Mischverkehrsflächen sollten nach den anerkannten Regeln der Technik (Abschnitt 6.1.1.11 der Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen der Forschungsgesellschaft für das Straßen- und Verkehrswesen; RASt 06) die Fahrgassen höchstens über eine Länge von 50 m gleichförmig bzw. geradlinig verlaufen.

5. Gibt es aus Sicht der Landesregierung hinnehmbare Geschwindigkeitsüberschreitungen in verkehrsberuhigten Zonen?

Bei der polizeilichen Geschwindigkeitsüberwachung sind Messgeräte-Toleranzwerte zu berücksichtigen, die von der jeweils gemessenen Geschwindigkeit abgezogen werden müssen.

So sind bei der zum Einsatz kommenden Messtechnik (Radar, Laser, Lichtsensor) für eventuelle Messungenauigkeiten bei Fahrgeschwindigkeiten unterhalb von 100 km/h grundsätzlich 3 km/h in Abzug zu bringen. Bleibt nach diesem Abzug eine Geschwindigkeitsüberschreitung von nicht mehr als 5 km/h, so ist gemäß dem des Innenministeriums - 41 61.02.01 - 3 vom 19.10.2009 Verkehrssicherheitsarbeit der Polizei Nordrhein-Westfalen von einer Verfolgung abzusehen. Diese Regelung geht auf eine bundesweite Vereinbarung aus dem Jahr 1995 im Bund-/Länder-Fachausschuss zurück und wird auch als Opportunitätstoleranz bezeichnet. Als Schrittgeschwindigkeit gilt eine Geschwindigkeit von maximal 10 km/h.

Darüber hinaus gibt es keine hinnehmbaren Geschwindigkeitsüberschreitungen.