Regelstudienzeit

§ 2 Abs. 1 und 2 bestimmen, wie sich das Studienguthaben bemisst. Anknüpfend an die Regelstudienzeiten wird für ein Studium bis zum ersten berufsqualifizierenden Abschluss unabhängig von individuellen Faktoren ein Zuschlag an zusätzlichen Semestern von bis zu 50 v.H. gewährt. Damit besteht im Regelfall bereits bei der Bildung des Studienguthabens ein großzügiger Spielraum zur Gestaltung des Studiums. Der Zuschlag berücksichtigt auch, dass sich ein Studium bisweilen durch Mängel verlängern kann, die durch unbefriedigende Umstände an den Hochschulen bedingt sind.

Die Bemessung des Studienguthabens an der Regelstudienzeit und der Studiendauer - anstelle einer Bemessung an Zahl und Umfang der in Anspruch genommenen Lehrveranstaltungen - ist vorteilhaft für solche Studierende, die nicht nur das "Pflichtprogramm" eines Studiengangs absolvieren, sondern zusätzliche Studienangebote in Anspruch nehmen wollen. Auch wer die Studienzeit besonders intensiv durch ein "Doppelstudium", also das Studium zweier Studiengänge zur gleichen Zeit, oder durch den Besuch zusätzlicher Lehrveranstaltungen nutzen möchte, kann dies tun, ohne dass - wie bei einem insoweit leistungsfeindlichen lehrveranstaltungsbezogenen Studienkontenmodell - das Studienguthaben dadurch verringert wird. § 2 Abs. 1 Satz 3 überträgt darüber hinaus den Gedanken der prüfungsrechtlichen Freiversuchsregelung nach § 25 Abs. 1 Nr. 7 HHG auf die Wahl des Studiengangs.

Jeder soll in einem begrenzten Zeitraum das Recht haben, sich einmal in der Wahl des Studiums irren zu dürfen, ohne negative Folgen für das Studienguthaben befürchten zu müssen. Auch dies gewährleisten verbrauchsabhängige Studienkonten nicht. Gleichzeitig soll bewirkt werden, dass die Entscheidung für ein bestimmtes Studium frühzeitig kritisch hinterfragt und eine gegebenenfalls gewünschte Korrektur zügig vorgenommen wird. Eine Kollision mit den Regelungen des BAföG, welches einen Wechsel bis zum Ende des dritten Semesters zulässt, besteht insofern nicht, als die Förderungshöchstdauer nach BAföG nur die Regelstudienzeit umfasst. In keinem Bundesland mit vergleichbarer Regelung wird eine längere Frist für einen folgenlosen Wechsel als zwei Hochschulsemester eingeräumt; in Hinblick auf eine mögliche Beurlaubung wurden nunmehr Fachsemester angesetzt.

§ 2 Abs. 2 gewährt zusätzliche Studienguthaben für den Erwerb eines weiteren berufsqualifizierenden Abschlusses (konsekutiver Master-Studiengang oder Diplom II). Die Verwendung eines Restguthabens aus dem Erststudium ist zusätzlich möglich. Aufgrund der Anhörung wurde die Beschränkung auf ein Restguthaben aus Bachelor/Bakkalaureus-Studiengängen aufgegeben.

§ 2 Abs. 3 regelt den Erwerb eines Universitätsabschlusses nach Erststudium an einer Fachhochschule im gleichen Fach und das Weiterstudium an einer Fachhochschule nach Erwerb des Berufsakademie-Diploms.

§ 2 Abs. 4 regelt Spezialfälle erforderlicher Doppelqualifikation (z.B. Kieferchirurgie), ohne allerdings den Zuschlag nach Satz 1 ein weiteres Mal zu gewähren und unter Berücksichtigung gegebenenfalls erfolgender Anrechnungen aus der Erstqualifikation.

§ 2 Abs. 5 regelt die Verringerung und den Verbrauch des Studienguthabens durch die jeweils vorangegangenen Studienzeiten. Sie beschränken sich wie in den anderen Bundesländern zunächst auf den Geltungsbereich des Hochschulrahmengesetzes. Damit wird ausgeschlossen, dass pauschal auch solche Studienzeiten, die nicht zu vergleichbaren oder anrechenbaren Qualifikationen führen, das Bildungsguthaben verringern oder dem Ziel der Internationalisierung der Studiengänge und der Stärkung der Hochschulkooperationen zuwiderlaufende Effekte erzielt werden.

Zu § 3:

§ 3 Abs. 1 regelt die Gebührenpflicht für Studierende ohne Studienguthaben und zwingende Ausnahmen von dieser Gebührenpflicht. Diese Ausnahmen sind hier nicht abschließend, sondern greifen zur Vermeidung von Kollisionen zunächst diejenigen Tatbestände auf, die sich aus anderen und insoweit Vorrang beanspruchenden gesetzlichen Regelungen (BAFöG) sachlogisch ergeben oder, wie im Fall des Promotionsstudiums, dem Regelungszweck nicht unterliegen. Die Vorschrift entspricht der Rechtslage in anderen Bundesländern. Die ursprünglich als Satz 3 vorgesehene Regelung ist nach der Anhörung als Nr. 4 eingereiht worden. Durch Umformulierung ist sichergestellt, dass der Beginn der Betreuung eines Kindes während des Semesters für die Befreiung ausreichend ist.

§ 3 Abs. 2 und 3 enthalten eine Differenzierung zwischen Studierenden, die sich im Erststudium befinden, und Studierenden, die bereits über einen Studienabschluss verfügen:

Für beide Gruppen ist zu vermuten, dass ein je nach Studiengängen unterschiedlicher Anteil der Studierenden keine Leistungen der Hochschule in Anspruch nimmt und das künftig auch nicht beabsichtigt. Als Motivation zur Aufrechterhaltung des Studierendenstatus sind hier vorwiegend die mit diesem Status verbundenen Vergünstigungen maßgeblich. Das öffentliche Interesse an einer Gebührenpflicht für diesen Personenkreis gründet sich nicht in erster Linie auf dem Ziel, eine Abgeltung von "über Gebühr" in Anspruch genommenen Lehrleistungen zu erreichen, sondern auf die Vermeidung des Missbrauchs der Vergünstigungen. Die Regelungen und die festgesetzte Mindesthöhe der Gebühren sind daher so gefasst, dass ein individuelles Interesse an der Beibehaltung des formalen Status zwecks Abschöpfung des geldwerten Vorteils im Regelfall nicht mehr bestehen wird, sodass dieser Personenkreis künftig nicht mehr an den Hochschulen immatrikuliert sein wird. Damit wird zugleich ein wesentlicher Beitrag zur sachgerechten Veranschlagung, Verteilung und Verwendung der für das gebührenfreie Erststudium erforderlichen öffentlichen Mittel durch eine deutlich verbesserte Transparenz der nachgefragten Lehrleistungen erzielt; für diejenigen Studierenden, die trotz Eintreten der Gebührenpflicht ihr Studium weiterführen, kann nämlich unterstellt werden, dass ein Interesse an der Inanspruchnahme von Lehr- oder Prüfungsleistungen grundsätzlich weiterhin besteht.

§ 3 Abs. 2 betrifft die gebührenpflichtigen Studierenden im Erststudium.

Diese Gruppe ist in ihrer Zusammensetzung und der sich daraus ergebenden unmittelbar hochschulbezogenen Ressourcenbilanz heterogen. Ein Teil hat das Studium lediglich zeitlich gestreckt und von diesen wiederum einige aus durchaus beachtlichen Gründen (Teilzeitstudierende). Ein anderer Teil war durch unzureichende Leistungen zu Wiederholungen gezwungen oder hat durch eine nicht den Vorgaben der Prüfungs- und Studienordnungen entsprechende Gestaltung des Studiums eine zusätzliche Lehrnachfrage erzeugt.

Bei einem weiteren Teil beruhen überlange Studienzeiten auf (spätem) Studiengangwechsel, der ebenso im Regelfall eine erhöhte Lehrnachfrage bewirkt.

Die Gebührenregelungen soll darauf hinwirken, dass ein derartiges und mit Ausnahme des Teilzeitstudiums wenig zielführendes Studium künftig unterbleibt und die Studierenden verstärkt Anstrengungen unternehmen, um ihr Studium innerhalb des gebührenfreien Zeitraums erfolgreich abzuschließen.

Damit soll zugleich erreicht werden, dass die Lehrangebote von den Studierenden möglichst effizient genutzt und insofern auch die zur Finanzierung der Hochschulen bereitgestellten öffentlichen Mittel effizient eingesetzt werden. Für Teilzeitstudierende, die der Vorwurf eines wenig zielführenden Studiums nicht trifft, werden geeignete Sonderregelungen im Wege der Verordnung geschaffen. Soweit Studierende aus von ihnen zu vertretenden Gründen ihr Studium nicht hinreichend zielführend und erfolgreich durchführen und daher gebührenpflichtig werden, haben sie allerdings, anders als in Bundesländern mit Zwangsexmatrikulation bei Fristüberschreitungen, weiterhin die Möglichkeit zum Abschluss ihres Studiums.

Der Studierendenstatus birgt in Hessen beträchtliche finanzielle Vorteile. Es geht hier um die Vorteile, die mit den Leistungen der Studentenwerke verbunden sind, und um weitere soziale Vergünstigungen (z.B. Krankenkasse, ermäßigte Eintrittskarten), wobei die vergünstigte Fahrtmöglichkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln den größten Anteil ausmacht. Die Staffelung von 500 und 700 in den beiden ersten für die jeweils betroffenen Studierenden gebührenpflichtigen Semestern soll noch einmal eine Warnfunktion haben und schafft einen Übergang bis die Abschöpfung des genannten Vorteils in weitgehend voller Höhe erfolgt. Damit soll insbesondere der Situation derjenigen Studierenden Rechnung getragen werden, die deutlich länger als andere studieren, aber trotz Studiengebühren weiterhin einen Studienabschluss anstreben.

Die Gebührensätze liegen deutlich unter den tatsächlichen Kosten der einzelnen Studiengänge, die den Hochschulen zwischen 1.960 (pro Semester für Sozialwissenschaften an Universitäten) und 14.855 (pro Semester für Ve18 terinärmedizin) vom Land erstattet werden. Diese Erstattung richtet sich nicht nach den hier maßgeblichen Hochschulsemestern abzüglich der Urlaubssemester, sondern nach den Fachsemestern des jeweils aktuell besuchten Studiengangs. Daher belastet ein durch unter Umständen mehrmaligen Studiengangwechsel bedingtes Langzeitstudium die öffentlichen Haushalte.

§ 3 Abs. 3 Satz 1 enthält die grundsätzliche Wertung, dass der Anspruch auf ein öffentlich finanziertes Studium dem Erwerb eines berufsqualifizierenden Abschlusses nach § 1 dient und mit dessen Erwerb als abgegolten anzusehen ist oder erlischt. Die Ausnahmen von diesem Grundsatz werden bei der Bildung des Studienguthabens (siehe hierzu § 2) berücksichtigt. Die Festsetzung einer Mindestgebühr beruht auf den oben ausgeführten Erfordernissen zur Vermeidung des Missbrauchs des Studierendenstatus.

Im Hinblick auf die unterschiedlichen Kosten, die einzelne Studiengänge verursachen, können nach § 3 Abs. 3 Satz 2 höhere Gebühren bis zur Obergrenze von 1.500 festgesetzt werden. Insoweit wird von der Übertragungsermächtigung zur Regelung durch Satzung in § 6 Abs. 3 Gebrauch gemacht werden.

§ 3 Abs. 3 Satz 3 bezieht die Leistungen der Hochschulen für Gasthörerinnen und Gasthörer in diesen Regelungszusammenhang sachgerecht mit ein.

Die Inanspruchnahme der Hochschule wurde nach der Anhörung durch den Bezug auf die Lehrveranstaltungen konkretisiert.

Unberührt von dieser Regelung, wie auch von den übrigen Regelungen dieses Gesetzes, bleiben die Entgelte für den Besuch weiterbildender Studien, die von den Hochschulen nach § 21 Abs. 3 HHG insgesamt kostendeckend zu erheben sind.

Zu § 4:

In Hinblick auf die in der Begründung zu § 3 erläuterten Steuerungsziele und die bestehende Systematik der leistungsorientierten Mittelzuweisung und den Hochschulpakt fließen die Gebühren dem Landeshaushalt zu. Die Gebühren für Zweitstudierende sollen perspektivisch den Hochschulen im Budget verbleiben, sobald dies bei der Budgetzuweisung durch das Land entsprechend berücksichtigt wird. Die Gasthörergebühren, für die die Hochschulen im Gegenzug konkrete Leistungen erbringen, die auch in der Budgetierung nicht berücksichtigt werden, verbleiben - wie bisher - den Hochschulen. Die Kosten der Umsetzung dieses Gesetzes werden den Hochschulen pauschal dadurch erstattet, dass sie 10 v.H. der entsprechenden Einnahmen für ihr Budget erhalten. Auch unter Berücksichtigung der Berechnung der Studienguthaben, der Bearbeitung von Befreiungsanträgen und eventueller Rechtsstreitigkeiten kann davon ausgegangen werden, dass dieser Prozentsatz bei prognostizierten Gebühreneinnahmen von bis zu 24 Mio. im ersten Jahr ausreicht. Das wird durch die Berechnungen der Universität Frankfurt am Main bestätigt, die in der Anhörung zum Entwurf im ersten Jahr von Kosten in Höhe von 215.000 ausgeht. Bei einer Hochrechnung auf die 12 hessischen Hochschulen, die die unterschiedlichen Studierendenzahlen berücksichtigt, werden Kosten von 2,4 Mio. bei weitem nicht erreicht.

Zu § 5:

§ 5 bewirkt, dass die Vorschrift zügig greift, ohne die bereits Studierenden unangemessen zu benachteiligen. Darüber hinaus kann noch durch die Härtefallregelungen der Rechtsverordnung eine im Einzelfall gebotene abweichende Wertung berücksichtigt werden.

Zu § 6:

§ 6 enthält eine wegen der weiteren Differenzierungsnotwendigkeiten zwar umfangreiche Verordnungsermächtigung, legt die Inhalte aber in ihren Grundzügen fest. Neben der angemessenen Berücksichtigung individueller sozialer Belange kommt der Verpflichtung zur Schaffung von Regelungen für das Teilzeitstudium besondere Bedeutung zu. Dadurch wird erstmals in einem Bundesland gewährleistet, dass, entsprechend § 65 HHG, das Teilzeitstudium und damit verbundene zeitliche Restriktionen der Studierenden grundsätzliche Beachtung finden. Die in der Anhörung geäußerte, auf die Hochschulautonomie gestützte Ablehnung der Regelung durch Rechtsverordnung wird den Interessen der Studierenden gegenwärtig nicht hinreichend gerecht.

Bei der Bildung zusätzlicher Studienguthaben für weiterführende und ergänzende Studienangebote soll sowohl den Interessen der Studierenden als auch