Sigrid Beer GRÜNE Sehr geehrter Herr Präsident Liebe Kolleginnen und Kollegen. Zu dem Antrag ist schon einiges gesagt worden

Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Frau Kollegin Hendricks. ­ Für die grüne Fraktion hat nun Frau Kollegin Beer das Wort.

Sigrid Beer (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu dem Antrag ist schon einiges gesagt worden. Das will ich nicht alles wiederholen, sondern deutlich machen: Natürlich ist es nicht gelungen, die Entgeltgruppe festzulegen. Das ist mehr als bedauerlich. Wir haben dabei an die Föderalismusreform zu denken, die genau diese Frage mitverursacht hat. Die Bundesländer und die betroffenen Lehrkräfte haben es jetzt mit einer vollkommen unglücklichen und unzureichenden Situation zu tun.

Genauso unseriös ist eigentlich dieser Antrag. Zunächst greift er viel zu kurz. Es geht in der Mehrklassengesellschaft im Lehrerzimmer nicht nur um die Benachteiligung der angestellten Lehrer, sondern es geht um die Benachteiligung von Fachlehrkräften, von Werkstattlehrern und vielen anderen.

Genau deshalb hat die Regierungskoalition vereinbart, eine Kommission zur Dienstrechtsreform einzusetzen.

(Gunhild Böth [LINKE]: Aha!)

Selbst die betroffenen Lehrerinitiativen wissen, dass man bei mehr als 38.000 angestellten Lehrern im Land Nordrhein-Westfalen eine Schrittigkeit entwickeln muss, das aber nicht mit einem Schlag lösen kann, wie mit diesem Antrag unterstellt. Das ist einfach unseriös. Das ist populistisch. Deswegen lohnt es sich nicht, weiter über diesen Antrag zu diskutieren. Der ist nämlich nicht seriös und streut Sand in die Augen der Betroffenen. Sie hätten wenigstens ihre Haushaltsanträge minimal dazupacken sollen: 300 Millionen nur für einen Bereich!

(Gunhild Böth [LINKE]: 260!)

Ich frage Sie, wie Sie das gegenfinanzieren wollen, wie Sie das schrittweise entwickeln wollen.

Auf der Grundlage einer solchen parlamentarischen Arbeit kommen wir zu keinen guten Ergebnissen.

Die Dienstrechtskommission werden wir einsetzen und dort mit den Betroffenen an den Lösungen arbeiten.

(Beifall von den GRÜNEN und von Josef Hovenjürgen [CDU]) Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Frau Beer. ­ Für die FDP-Fraktion spricht nun Herr Witzel.

Ralf Witzel (FDP): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben hier schon häufiger über den unterschiedlichen Status angestellter und verbeamteter Lehrer miteinander gesprochen. In der Tat macht die Debatte Sinn, solange es Unterschiede gibt, die sich nicht alleine aus der Sache heraus rechtfertigen lassen.

(Beifall von der LINKEN ­ Zuruf von Britta Altenkamp [SPD])

­ Sie sind auch herzlich eingeladen, zu klatschen, Frau Altenkamp.

Auch wir haben seitens der FDP-Landtagsfraktion in verschiedenen parlamentarischen Initiativen in den letzten Jahren auf diesen Komplex hingewiesen. In der Tat gibt es sachlogisch keinen Grund, warum Lehrer bei sonst identischen Tatbeständen unterschiedlich honoriert werden. Das vermittelt sich alleine schon aus der Perspektive des unterrichteten Schülers. Sie können in jeder Schulklasse Kinder fragen, welcher Lehrer verbeamtet ist und wer angestellt ist. Niemand wird Ihnen diese Frage beantworten können. Es macht ganz erkennbar keinen Unterschied für die Unterrichtsqualität, in welchem Anstellungsstatus sich die Betroffenen befinden.

Wir sagen als FDP-Landtagsfraktion das, was wir in der Vergangenheit gesagt haben und was heute auch unter anderen Vorzeichen gilt: Nicht alles Wünschenswerte ist über Nacht finanziell machbar.

Auch in der Opposition ist unsere Kernanforderung, Solidität in der Haushaltspolitik zu praktizieren.

Deshalb wird man die Problematik wahrscheinlich nicht über Nacht, sondern nur etappenweise bewältigen können.

Dieser Philosophie folgend haben wir in der letzten Legislaturperiode begonnen, für Veränderungen zu sorgen. Das sage ich ausdrücklich, weil in der Zeit der letzten Legislatur unter Schwarz-Gelb fünf gute Jahre für den Bildungsbereich gewesen sind.

(Gunhild Böth [LINKE]: Aber nicht für die angestellten Lehrer!)

Für den Bildungsbereich sind über 2 Milliarden zusätzlich mobilisiert worden, (Beifall von der FDP) aber nur in Teilen für die Frage, um die es in diesem Antrag geht. Trotzdem sagen wir, dass wir das ganz realistisch mit einer Finanzierung unterlegen müssen, die über die Zeitdauer gestreckt ist.

Wir haben an dieser Stelle sehr wohl gehandelt, auch wenn wir das Problem bis heute nicht umfassend gelöst haben. Aber in der letzten Legislaturperiode ­ genauer: im Herbst 2009 ­ haben CDU und FDP einen ersten wichtigen Schritt gemacht, um Ungerechtigkeiten zu beseitigen, indem das Verbeamtungsalter um fünf Jahre auf 40 Jahre hochgesetzt worden ist. In einer Phase der Rekrutierung, die für viele entscheidend ist, sich für eine dauerhafte Erwerbsperspektive im Bildungsbereich zu entscheiden, haben wir diese neue Verbeamtungsmöglichkeit geschaffen.

Damit sind zwar die Fälle, die altersmäßig nach Kohorten über dieser Grenze liegen, noch nicht 31.03. digt, aber ich glaube, dass man erkennen muss:

Das war ein erster Schritt der Angleichung. Weitere Schritte können und sollen gerne mit unserer Unterstützung in den nächsten Jahren folgen, aber eben in einem Rahmen, der seriös finanzierbar ist.

Ansonsten gilt für uns in der Tat auch: Der ganz große Wurf wird sich im Zusammenhang mit der großen Dienstrechtsreform ergeben, wo auch die Frage des Einstellungs- und Verbeamtungsstatus von Lehrern natürlich mit zu erörtern ist.

Ich darf, gerade weil wir zumindest einen Teil der Probleme in der letzten Legislaturperiode im Jahr 2009 hinsichtlich des Einstiegs und der Verbeamtung gelöst haben, ausdrücklich an alle heute in Verantwortung stehenden Regierungsfraktionen appellieren, auch ähnliche Signale im Rahmen dessen auszusenden, was hier realistisch ist. Das gilt natürlich für die die Landesregierung tragenden Parteien. NRW als Bundesland ist Mitglied der Tarifgemeinschaft deutscher Länder, insofern haben Sie auch Einfluss auf die Fragen, die hier insgesamt rechtlich auf Bundesebene zu koordinieren sind.

Da denke ich schon an die eine oder andere vollmundige Zusage der letzten Jahre, als SPD und Grüne Opposition waren; da kann ich im heutigen Regierungshandeln noch nicht so viel feststellen.

(Beifall von der FDP) Die Forderung nach besseren Gehältern für angestellte Lehrerinnen und Lehrer ist richtig. Zu Recht fordern die Gewerkschaften..., sich dafür einzusetzen, dass es in Berlin endlich zum Abschluss eines Tarifvertrages zur Eingruppierung der Lehrkräfte kommt. Das Motto Gleicher Lohn für gleiche Arbeit muss auch hier gelten. Außerdem fordere ich die Landesregierung auf, eine gravierende Lücke im Zusammenhang mit dem neuen Lehrerausbildungsgesetz zu schließen.

Zukünftig ist die Ausbildung für alle Lehrkräfte gleich lang. Ob die Lehrerinnen und Lehrer anschließend aber auch gleich bezahlt werden, ist völlig unklar; hier muss die Landesregierung die Karten auf den Tisch legen. (Beifall von der FDP und von der LINKEN ­ Zuruf von Sigrid Beer [GRÜNE])

­ Vielen Dank für den Applaus, den Sie gerade Ministerin Ute Schäfer haben zukommen lassen. Ich habe das nur für Sie vorgetragen. Sie können es in Landtagsdrucksache 15/1445 nachlesen; die letzten sieben oder acht Sätze meiner Ausführungen waren ein Zitat von Frau Schäfer vom 4. Dezember 2009.

Wir sind gespannt, wie die Ministerin, die auch im aktuellen Landeskabinett sitzt, das, was sie damals in Aussicht gestellt und Ende 2009 mit Verve eingefordert hat, jetzt, 2011, in der Politik realisiert.

(Rüdiger Sagel [LINKE]: Fragen Sie mal Ihre Ministerin!) Man könnte nämlich fast meinen, man befinde sich nicht im Landtag, sondern mitten in Tarifverhandlungen.

Das liegt nicht nur daran, dass der Antrag große Parallelen zu den inhaltlichen ursprünglichen Forderungen der Gewerkschaft GEW hat, nein, vor allem auch die Rhetorik erinnert doch sehr stark an die Streitkultur der Tarifpartner. Allein schon der Begriff tarifunsichere Verhältnisse geht an den Realitäten vorbei, da der TV-L natürlich auch für Lehrer gilt.

Dass sich die Eingruppierung der kleineren Gruppe der angestellten Lehrkräfte systemgleich an der gesetzlich geregelten Besoldungseinstufung der verbeamteten Lehrer ausrichtet, ist seit Jahrzehnten durch die Rechtsprechung anerkannt.

Diese Systematik wurde für die Lehrkräfte in den neuen Bundesländern in den frühen 1990-er Jahren sogar tarifvertraglich vereinbart. Auch in den alten Bundesländern ist seit Jahrzehnten tarifvertraglich festgelegt, dass die tariflichen Eingruppierungsregelungen eben nicht für Lehrer gelten. Dies ist keine einseitige Regelung, sondern sie trägt die Unterschriften aller Tarifparteien. Es gehört schließlich zum Wesen des Tarifrechts, dass Tarifverträge der Zustimmung beider Tarifpartner bedürfen; nicht umsonst redet man beim Tarifrecht auch vom Recht der zwei Unterschriften. Als tarifunsicher oder gar verwerflich können die Regelungen über die Arbeitsbedingungen der angestellten Lehrkräfte wohl kaum angesehen werden.

Meine Damen und Herren, politische Gremien sind naturgemäß nicht der richtige Ort, um Tariffragen zu lösen. Die Einmischung, selbst der gut gemeinte Rat aus dem politischen Lager haben in Tarifverhandlungen selten genutzt. Die gebotene Zurückhaltung gilt natürlich verstärkt auch für offizielle Parteiergreifung des Landtages. Mit Blick auf die grundgesetzlich geschützte Tarifautonomie und im Vertrauen auf die Vernunft und die Kompromissfähigkeit der Tarifpartner sollte dieser Antrag daher nicht durch den Landtag unterstützt werden.

Landtag 31.03.

Der Antrag ist ­ es wurde vorhin auch schon gesagt ­ durch die Entwicklungen im Tarifbereich inzwischen ohnehin überholt; bereits am 10. März haben sich die Tarifpartner verständigt und geeinigt. Mit diesem schnellen, Planungssicherheit schaffenden Abschluss haben die Tarifpartner ihrer gesamtpolitischen Verantwortung in beeindruckender Weise Rechnung getragen. Dabei möchte ich nicht verschweigen, dass mit dem Abschluss für beide Seiten eine gehörige Portion Bauchweh verbunden sein dürfte; aber gerade das zeichnet ja gute Kompromisse aus.

Vereinbart wurden neben Entgelterhöhungen, die der Finanzminister bereits im HFA vorgestellt hat, auch die Grundzüge einer neuen Entgeltordnung für die Arbeitnehmer der Länder. Diese neue Entgeltordnung soll am 1. Januar 2012 in Kraft treten. Sie muss von den Fachleuten der Tarifpartner noch in sogenannten Redaktionsverhandlungen im Detail abgestimmt und ausformuliert werden. Die neue Entgeltordnung beseitigt dann den von den Tarifpartnern nie als Dauerlösung gedachten Zustand, dass trotz des neuen Tarifrechts des TV-L auf das alte Eingruppierungsrecht des BAT zurückgegriffen werden musste.

Abgesehen von der erhöhten Rechtssicherheit durch die neue Entgeltordnung, die allen Betroffenen zugutekommt, profitieren besonders Beschäftigte der unteren Entgeltgruppen davon, dass die Effekte von Bewährungsaufstiegen nun materiell berücksichtigt werden.

Die GEW hat sich mit ihren Forderungen nicht durchsetzen können, im Rahmen der neuen Entgeltordnung auch die Eingruppierung der Lehrer tarifvertraglich zu regeln. Die Arbeitgeber hatten in diesen Verhandlungen vorgeschlagen, die Eingruppierung bestimmter Lehrkräfte ­ nämlich der Lehrkräfte, die die fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen zur Übernahme in das Beamtenverhältnis erfüllen ­ tarifvertraglich zu regeln. Die GEW hat dies zurückgewiesen, weil damit keine unmittelbaren Verbesserungen der Bezahlung bzw. Eingruppierung verbunden gewesen wären. Raum für weitere Verhandlungen besteht bei dieser Ausgangslage derzeit wohl eher nicht.

Wenn ich nun, ungeachtet der gerade ausführlich dargestellten förmlichen und faktischen Hinderungsgründe dennoch auf die Sache eingehe, dann ist das weniger dem Antrag als dem Bedürfnis geschuldet, Sachaufklärung zu betreiben. Die Darstellung des Themas in der Presse, aber auch in Zuschriften zu dem Thema lassen nämlich erkennen, dass regelmäßig verschiedene Gesichtspunkte falsch verstanden und bewertet werden.

In der Sache sprechen insbesondere folgende inhaltliche Argumente gegen die im Antrag der Fraktion. Die Linke erhobenen bzw. unterstützten Forderungen.

Erstens. Tarifpartner reden und verhandeln üblicherweise immer über Bruttobeträge. Denn auf die individuellen Abzüge haben sie keinen Einfluss.

Zweitens. Entsprechend bezieht sich der arbeitsrechtliche Leitsatz Gleicher Lohn für gleiche Arbeit auch stets nur auf Bruttobeträge.

Niemand wird ernsthaft auf die Idee kommen, dass dieser Grundsatz verletzt wird, weil ein Lediger monatlich wegen Steuerklasse I etwa weniger Geld auf seinem Konto erhält als ein verheirateter alleinverdienender Familienvater, der nach der milderen Steuerklasse III versteuert und auch bei der Pflegeversicherung nicht den erhöhten Beitragssatz des Kinderlosen zahlen muss.

Dies gilt schon bei Arbeitnehmern, muss aber erst recht gelten, wenn ich Angehörige verschiedener Statusgruppen miteinander vergleichen möchte.

Selbst der Blick auf das Monatsbrutto wäre dabei zu kurz. Der Nettovergleich scheidet aber völlig aus.

Drittens. Die im Antrag der Fraktion. Die Linke aufbzw. angegriffenen Nettodifferenzen sind rein statusbedingt und resultieren aus den Sozialversicherungsbeiträgen und dem Eigenanteil zur Zusatzversorgung. Es darf nicht übersehen werden, dass die Zusatzversorgung den Beschäftigten im Alter natürlich auch eine weit über die gesetzliche Rente hinausgehende Altersversorgung sichert.

(Ralf Michalowsky [LINKE]: Dafür bezahlen sie ja auch!) Viertens. Die ganze vom Ansatz falsche Diskussion um Nettodifferenzen betrifft nicht nur Lehrer, sondern auch alle Arbeitnehmer des Landes, auch in der Verwaltung, zum Beispiel im Finanzamt und in den Gerichten arbeitende Beamte und Arbeitnehmer in vergleichbaren Tätigkeiten. Davon enthält Ihr Antrag nichts.

Fünftens. Das Land hat keinen unmittelbaren Einfluss auf die bundesgesetzlich geregelten Soziallasten. Eine Anhebung des Bruttos bringt keine Lösung des Kernproblems der hohen Sozialversicherungsabgaben. Dieser Weg wäre zudem schlicht unbezahlbar.

Dabei ist auch zu beachten, dass wegen der Steuerprogression eine überproportionale Anhebung der Bruttobeträge notwendig wäre, um eine Nettoangleichung zu erreichen.

Sechstens. Auch die Eingruppierung aller Lehrer in die Entgeltgruppe 14 ist eine Forderung der GEW.

Die Gewerkschaft selbst war aber davon stets bereits im Laufe der Verhandlungen über eine neue Entgeltordnung zumindest in kleineren Verhandlungskreisen schon abgerückt. Die Arbeitgeber der Länder hatten in diesem Punkt keinerlei Einigungsmöglichkeit signalisiert. Dafür gab es neben finanziellen Gesichtspunkten grundsätzliche Erwägungen.

Landtag 31.03.

Die Einstufung der kleineren Gruppe der Lehrkräfte im Angestelltenverhältnis kann aber nicht losgelöst von der größeren Gruppe der Beamten geregelt werden. Die Hebung der Eingruppierung wäre eine nicht sachgerechte systematische Besserstellung der Lehrer im Arbeitnehmerverhältnis im Vergleich zu den Beamten. Wenn es darum geht, im Lehrerbereich aus dem Bologna-Prozess Konsequenzen zu ziehen, dann kommt dem Besoldungsbereich allein schon wegen des Zahlenverhältnisses eine Vorreiterrolle zu. Dieses wurde selbst von der Gewerkschaftsseite so dem Grunde nach akzeptiert.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Tarifverhandlungen sind Sache der Tarifpartner. Das haben uns die Väter und die damals noch sehr wenigen Mütter unseres Grundgesetzes aufgeschrieben und sehr gut erkannt. Dieser Antrag der Linken kann daher nicht durch den Landtag unterstützt werden. ­ Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD) Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Herr Minister Kutschaty. ­ Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen.

Damit kommen wir zur Abstimmung. Es ist direkte Abstimmung beantragt worden. Wer stimmt also diesem Antrag der Fraktion. Die Linke Drucksache 15/1431 zu? ­ Die Fraktion. Die Linke. Wer stimmt dagegen? ­ CDU, FDP, SPD und Grüne. Gibt es Enthaltungen im Hohen Hause? ­ Das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag mit allen Stimmen außer denen der Fraktion. Die Linke abgelehnt.

Ich rufe auf: 13 Selbstorganisation und Selbsthilfe von Erwerbslosen fördern Antrag der Fraktion DIE LINKE

Ich eröffne die Beratung und erteile für die Fraktion

Die Linke Frau Dr. Butterwegge das Wort.

Dr. Carolin Butterwegge (LINKE): Herr Präsident!

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit Beginn dieses Jahres fördert die Landesregierung wieder die Arbeit von 72 Beratungsstellen für Erwerbslose und 73

Arbeitslosenzentren.

(Vorsitz: Vizepräsidentin Angela Freimuth)

Die Förderanträge von 24 Beratungsstellen und fünf Zentren wurden abschlägig beschieden. Sie haben die Förderkriterien des Ministeriums offenbar nicht erfüllt bzw. keinen positiven regionalen Konsens der Arbeitsmarktakteure erzielen können. Sie verfügen zum Beispiel nicht über die erforderlichen ausreichenden und angemessenen Räumlichkeiten, wie es heißt. Sie können nicht an mindestens fünf Tagen die Woche Öffnungszeiten von mindestens 30 Wochenstunden gewährleisten und/oder sie verfügen nicht über das nötige Kleingeld, da sie selbst erstmals mit Eigenmitteln kofinanzieren müssen, um eine Landesförderung zu bekommen.

Außerdem fehlt denjenigen, die nicht gefördert werden, offenbar die nötige Arbeitsmarktorientierung, wie das Ministerium es nennt. Diese Arbeitsmarktorientierung als weiches Förderkriterium aufzustellen, ist aus unserer Sicht übrigens besonders problematisch.

(Beifall von der LINKEN) Gemeint ist damit vermutlich, dass die geförderten Einrichtungen vor allem die so genannten Eingliederungsmaßnahmen der Jobcenter möglichst fraglos unterstützen sollen.

Damit habe ich aber längst nicht alle Hürden, die vor einer Förderung stehen, aufgezählt. Aber diese reichen schon aus, um zu verstehen, dass überwiegend Wohlfahrtsverbände und Beschäftigungsträger von der bestehenden Landesförderung profitieren.

Die eingezogenen Hürden erklären, warum nicht nur zahlreiche Anträge abgelehnt wurden, sondern auch, warum viele Erwerbsloseninitiativen, die wichtige Beratungs- und Unterstützungsarbeit leisten, gar nicht erst einen Antrag gestellt haben. Dass es etliche solcher Initiativen in Nordrhein-Westfalen gibt, die in der jetzt abgeschlossenen ersten Förderrunde nicht zum Zuge kamen, wissen wir aus vielen Gesprächen mit Erwerbsloseninitiativen.

So fordert der Verein Tacheles e. V. von der Landesregierung ein Zusatzprogramm für die Förderung wirklich unabhängiger Erwerbslosenarbeit.

Diese Forderung greifen wir mit dem vorliegenden Antrag auf.

(Beifall von der LINKEN)

Der Verein Tacheles schreibt ­ ich zitiere ­:

Seit Einführung der Hartz-IV-Reform haben sich landesweit eine Reihe neuer Gruppen und Organisationen gegründet, die Erwerbslosenarbeit und beratung ehrenamtlich durchführen. Sie leisten eine unabhängige und betroffenenorientierte Unterstützungs- und Beratungstätigkeit und sind vielerorts Bestandteil der sozialen Infrastruktur geworden.

Viele dieser Gruppen und Organisationen können ihr selbst organisiertes und niedrigschwelliges Angebot nicht in der gebotenen Form weiterentwickeln, weil sie keine Finanzierung von öffentlicher, kirchlicher oder verbandlicher Seite erhalten.

Die hier angesprochenen Gruppen sind aus der Erfahrung entstanden, dass viele Erwerbslose Unterstützung in der Auseinandersetzung mit den Behörden brauchen, um wenigstens ihre Existenz zu sichern und ihre äußerst spärlichen Rechte zu vertreten. Viele der Selbsthilfegruppen versuchen auch,