Mietwohnungen

Wenn die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen in einer Gemeinde oder einem Teil der Gemeinde besonders gefährdet ist.

Das heißt, die Eingriffsvoraussetzung wäre das Risiko für die Mieter, von einer Umwandlung bedroht zu sein und in diesem Fall auf dem örtlichen Wohnungsmarkt keinen angemessenen Ersatzwohnraum zu finden.

Die Basis des Erlasses der Kündigungssperrfristverordnung vom 20. April 2004 war ein Gutachten von 2002. Dies führte dazu, dass die Kündigungssperrfrist in 105 Kommunen mit nachweislich angespannten Wohnungsmärkten zum Schutz der Mieter auf sechs bzw. acht Jahre verlängert wurde. NRW ging damals deutlich über den im Bundesrecht vorgesehenen Kündigungsschutz hinaus.

Dieselbe Studie erneut als Grundlage für die neue Kündigungssperrfristverordnung zu nehmen, wäre nicht zielführend gewesen, da sich der Wohnungsmarkt in den mehreren Jahren stark gewandelt hat. Das zuletzt im Ausschuss vorgestellte Empirica-Gutachten zur Entwicklung der quantitativen und qualitativen Neubaunachfrage auf den Wohnungsmärkten in NRW bis 2030 macht dies sehr deutlich.

Die neue Studie vom Forschungsinstitut F & B ­ und damit auch der darauf basierende Verordnungsentwurf ­ kommt nun zu dem Ergebnis, dass 37 Kommunen die Voraussetzungen für eine Verlängerung der Kündigungssperrfrist erfüllen, 33 Kommunen auf fünf Jahre, vier Kommunen auf acht Jahre.

Dies führt aktuell beim Deutschen Mieterbund zu großer Kritik. In seiner Stellungnahme zum Entwurf einer Kündigungssperrfristverordnung stuft er das Gutachten als ungeeignete Bewertungsgrundlage ein ­ aufgrund der gewählten Indikatoren, ihrer Gewichtung zueinander und dem Fehlen weiterer Zahlen. Die derzeitige Einstufung der Städte und Gemeinden führe laut Deutscher Mieterbund zu Ergebnissen, die weder die Realität am Wohnungsmarkt widerspiegelten noch wohnungspolitisch vertretbar seien. ­ Die Kritik nimmt die SPD sehr ernst.

Bei genauerer Hinsicht, gerade vor dem Hintergrund meines Kenntnisstands aus der erscheinen wichtige Mieterstandorte wie der Ballungsraum Ruhrgebiet oder die bergischen Städte Wuppertal, Solingen und Remscheid durchaus als völlig unterbewertet in ihrem Bedarf nach Schutz vor drohenden Umwandlungsprozessen durch Finanzinvestoren.

Denn wie läuft es denn mit den sogenannten Heuschrecken? Sie sind keine Mieterfreunde, sondern einzig renditeorientiert. Die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen ist für sie ein Bombengeschäft. Wenn der Eigentümer eines Mietshauses die vermieteten Wohnungen in Wohneigentum umwandelt und dann die Eigentumswohnungen einzeln verkauft, liegt die gesamte Verkaufssumme weit über dem Verkaufspreis, den er für den Komplettverkauf des Mietshauses erzielen würde.

Der Wohnungseigentümer, der eine Umwandlung anstrebt, setzt alles daran, den Profit zu mehren ­ die bisherigen Mieterinnen und Mieter sind wegen Eigenbedarf sehr stark von Kündigungen bedroht. Insofern sind sie von ständiger Angst und sozialer Unsicherheit betroffen. Egal ob in Wachstums- oder Schrumpfungsregionen ­ den Betroffenen ist das egal!

Gerade deshalb nehmen wir uns dieses wichtigen Themas an, und ich begrüße es, dass wir mit der heutigen Überweisung in den Ausschuss in einen notwendigen Erörterungsprozess eintreten.

Ich freue mich auf die dortige ausführliche Diskussion zur Thematik und der erforderlichen Aussprache zur Auswahl und Gewichtung der Indikatoren und Parameter des Gutachtens.

Rot-Grün wird sich im Ausschuss eindeutig positionieren und sich kritisch mit der Kündigungssperrfristverordnung auseinandersetzen. Wir wollen uns intensiver mit der Verordnung beschäftigen. Sie muss konkreter und zielführender darauf ausgerichtet werden, Mieter vor dem Verlust und dem Vertreiben aus ihrer Wohnung durch Umwandlungsprozesse zu schützen.

Ich werbe bereits hier für einen breiten Konsens, um durch eine Stärkung der Kündigungssperrfristverordnung den Mieterschutz in NRW erheblich zu stärken und dabei gleichzeitig auf die Gerichtsfestigkeit zu achten.

Wir werden die Verordnung 2012 kritisch begleiten und erwarten zum Ende des Jahres eine Evaluierung, um die Verordnung auf Veränderungen der Marktlage hin zu überprüfen und damit stärker die politischen Komponenten in einer Anschlussregelung zu berücksichtigen.

Daniela Schneckenburger (GRÜNE): Wohnen ist ein Grundrecht und Teil der Grundversorgung des Menschen. Es ist darum Aufgabe von Politik, die Rahmenbedingungen so zu setzen, dass die Grundversorgung Wohnen für Menschen gesichert ist, wenn sie sich nicht aus eigener Kraft am Markt selbst versorgen können.

Das ist das Ziel des sozialen Wohnungsbaus, das ist auch das Ziel einer Kündigungssperrfristverordnung. Sie soll ­ im Falle einer Umwandlung von Wohnungen in Eigentumswohnungen ­ Kündigungen durch neue Eigentümer zeitlich hinausschieben und damit die 22.12. nen und Mieter dieser Wohnungen vor den Folgen dieser Umwandlung schützen.

Die Kündigungssperrfristverordnung ist also ein Mittel des sozialen Ausgleichs auf dem Wohnungsmarkt. Gleichzeitig ist sie jedoch auch ein Eingriff in die Eigentumsrechte derjenigen, die eine Wohnung gekauft haben, um Eigentum zu erwerben. Hier muss es um einen Interessensausgleich geben. Und darum ist es auch nur dort, wo Wohnungsmangel herrscht, rechtssicher möglich, eine Kündigungssperrfirstverordnung zu erlassen.

Im Koalitionsvertrag haben sich darum SPD und Grüne darauf verständigt, die Kündigungssperrfristverordnung wieder einzuführen, und das tun wir.

Das BGB sieht eine Kündigungssperrfrist von drei Jahren vor, bevor eine Kündigung wegen Eigenbedarf oder besserer wirtschaftlicher Verwertung ausgesprochen werden kann. Der § 577 a BGB räumt den Ländern die Möglichkeit ein, eine Verordnung zu erlassen, mit der die Kündigungssperrfrist auf bis zu zehn Jahre verlängert werden kann, wenn eine besondere Gefährdung der Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum festgestellt werden kann.

In der vom Ministerium geplanten Kündigungssperrfristverordnung soll nun die Sperrfrist auf fünf und acht Jahre in insgesamt 37 Kommunen verlängert werden, weil in diesen Kommunen eine durch ein Gutachten bestätigte besondere Gefährdung der Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum angenommen werden kann. Damit ist die Basis für eine rechtssichere Kündigungssperrfirstverordnung gelegt. Damit sind Mieterinnen und Mieter tatsächlich erheblich besser als bisher vor Kündigungen geschützt. Damit haben SPD und Grüne Wort gehalten.

Der Schutz von Mietrinnen und Mietern ist uns ein wichtiges Anliegen, nicht nur dann, wenn es um den Schutz vor Kündigung geht. Wir haben eine Enquetekommission beantragt, die Verwerfungen auf dem Wohnungsmarkt durch den Aufkauf von Wohnungen durch Private Equity Fonds ­ ausbleibende Investitionen, verfallender Wohnraum, bedrohte Stadtquartiere ­ eingehend untersuchen und Handlungsmöglichkeiten entwickeln soll.

Vor diesem Hintergrund und vor dem Hintergrund der Befürchtung, dass Druck auf die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen in den Jahren 2012 ff. dadurch entsteht, dass sich Private Equity Fonds Kapital beschaffen müssen und die Umwandlung darum forcieren, sind wir der Auffassung, dass die neue Kündigungssperrfristverordnung zeitnah evaluiert werden muss. Dabei muss es darum gehen, auch weitere Fragen in den Blick zu nehmen: Müssen Rentnerhaushalte besonders geschützt werden, weil in ihrem Quartier kein Wohnraum zu sozialverträglichen Mietern mehr vorhanden ist?

Müssen Familien besonders geschützt werden, weil die von ihnen benötigten Wohnungsgrößen unterdurchschnittlich im Markt vorhanden und damit überdurchschnittlich teuer sind?

Diesen Fragen muss man durch eine Untersuchung nachgehen, um klären zu können, welche Probleme am Wohnungsmarkt auf uns zukommen. Wir haben bisher jedoch keine Daten, die solche Ausnahmen rechtssicher rechtfertigen würden.

Ich erwarte und erhoffe von der Landesregierung, dass sie diese Daten erhebt und wir die vorgelegte Kündigungssperrfristverordnung dann entsprechend anpassen können. Dann können wir auf gesicherter Basis in die Diskussion gehen, ohne fürchten zu müssen, dass eine erweiterte Verordnung bei eventuellen Klagen keinen Bestand hat ­ womit niemandem geholfen wäre.

Der Antrag der Fraktion. Die Linke heute ist zur Überweisung vorgesehen. Wir sollten so verfahren und die intensive Fachdebatte dazu im Ausschuss führen.

Christof Rasche (FDP):

In der vergangenen Legislaturperiode hat sich die damalige schwarz-gelbe Koalition mit großem Erfolg dafür eingesetzt, unser Land von überflüssigen bürokratischen Hemmnissen zu befreien.

Hierzu gehörte auch die Abschaffung der landeseigenen Kündigungssperrfristverordnung, für die aufgrund hinreichender bundesgesetzlicher Regelungen keinerlei Bedarf bestand. Daran hat sich auch in der jüngeren Vergangenheit nichts geändert.

Die nun vom Land geplante Wiedereinführung der Kündigungssperrfristverordnung halten wir vor diesem Hintergrund für überflüssig. Dies gilt erst recht für die im vorliegenden Antrag der Linken geforderte Verschärfung des rot-grünen Vorhabens.

Allgemein genießt der Kündigungsschutz in Deutschland einen sehr hohen Stellenwert. Wer in Deutschland vermieteten Wohnraum erwirbt, der kann sich laut § 577 a BGB frühestens nach Ablauf einer Frist von drei Jahren auf seine berechtigten Interessen als Eigentümer berufen.

Hinzu kommen Kündigungsfristen von in der Regel neun bis zwölf Monaten. Im Klartext heißt das: Erwirbt eine Familie eine Wohnung, die zum Zeitpunkt des Verkaufs vermietet ist, so kann sie diese im Zweifel erst vier Jahre später selbst beziehen. Dies ist ein erheblicher Eingriff in das Privateigentum zugunsten eines vorbildlichen Mieterschutzes.

Landtag 22.12.

Es ist hinlänglich bekannt, dass selbst die im BGB normierten Regelungen zur Kündigungssperrfrist in weiten Teilen unseres Landes gar nicht benötigt werden. Denn in vielen Regionen Nordrhein-Westfalens haben wir eher mit Leerständen als mit Wohnungsknappheit zu kämpfen.

Das Mietpreisniveau in diesen Regionen liegt vielfach unter dem des sozialen Wohnungsbaus.

Insgesamt handelt es sich dort eher um Vermieter- als um Mietermärkte.

Nur in wenigen Teilräumen unseres Landes ist dies anders, beispielsweise in Köln, Düsseldorf, Münster oder Bonn. Hier führt die stetig steigende Wohnungsnachfrage zu Wohnungsengpässen und steigenden Mieten. Hier schafft die bundesgesetzliche Kündigungssperrfrist bei Wohnungsverkäufen einen angemessenen Übergangszeitraum zur Suche nach einer neuen Unterkunft. Einer Verlängerung der drei- bzw. vierjährigen Frist bedarf es aus unserer Sicht allerdings auch hier nicht. Was wir in diesen Regionen brauchen, sind mehr Wohnungen ­ nicht mehr Bürokratie.

Mehr Wohnungen resultieren aber in erster Linie aus privatwirtschaftlichem Engagement. Wer dieses Engagement durch überbordende bürokratische Hemmnisse und Negativanreize ausbremst, muss sich nicht wundern, wenn das Wohnungsangebot nicht wächst. Erweiterte Kündigungssperrfristen haben für die Mieterinnen und Mieter keinen tatsächlichen Nutzen. Sie bieten auch keinen Schutz gegen schwarze Schafe der Wohnungsbranche. Sie verhindern aber Investitionen in den Wohnungsbau und schaden damit der Stadtentwicklung. Es kommt nicht von ungefähr, dass die Wohnungswirtschaft Überlegungen zur Ausweitung der Kündigungssperrfrist regelmäßig die rote Karte zeigt.

Die Wiedereinführung der Kündigungssperrfristverordnung ist vor diesem Hintergrund eine rot-grüne Symbolhandlung mit Ankündigung im Koalitionsvertrag. Die darüber hinausgehenden Forderungen der Linken ein erwarteter Reflex.

Beides ist nicht sachgerecht.

Harry Kurt Voigtsberger, Minister für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr:

Die Landesregierung lehnt den Antrag der Fraktion. Die Linke ab. Im Koalitionsvertrag haben wir die Wiedereinführung einer Kündigungssperrfristverordnung verabredet. Dem will die Landesregierung ­ soweit rechtlich vertretbar ­ auch nachkommen. Allerdings können längere Schutzfristen nur eingeführt werden, wenn die Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage des § 577 a BGB vorliegen.

Danach muss ­ ich zitiere ­ eine besondere Gefährdung der ausreichenden Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen vorliegen.

Dies ist durch entsprechende Datenerhebung nachzuweisen. Hierzu haben wir ein Gutachten vergeben. Darin wurden sowohl der Anspannungsgrad der Wohnungsmärkte wie auch die sozialen Belange berücksichtigt. Im Ergebnis erfüllen 37 Gemeinden die Voraussetzungen für eine Verlängerung der Kündigungssperrfrist. Das Gutachten ist vor dem Hintergrund der Wohnungsmarktlagen schlüssig.

Ich bin mir darüber im Klaren, dass einige von dem Verordnungsentwurf eine breiter gefasste Gebietskulisse erwartet haben. Dem kann die Landesregierung ­ auch mit einem weiteren Gutachten ­ nicht nachkommen.

In jedem einzelnen Klageverfahren kann über eine Kündigung infolge einer Umwandlung, auch über die Wirksamkeit der Verordnung entschieden werden. Deshalb muss das Land die Risiken einer zu ausgedehnten Interpretation der Ermächtigungsgrundlage vermeiden. Sonst wäre die Verordnung landesweit gescheitert. Dies wäre nicht im Interesse der Mieterinnen und Mieter, die wir mit der Verordnung schützen wollen.

Selbstverständlich wird die Verordnung hinsichtlich von Veränderungen am Wohnungsmarkt evaluiert werden.