Business-Keeper-Monitoring-System

Bekämpfung der Korruption und Wirtschaftskriminalität mit dem "Business-Keeper-Monitoring-System" des LKA-Niedersachsen und Antwort des Ministers des Innern und für Sport Vorbemerkung des Fragestellers:

Seit dem 30. Oktober 2003 arbeitet das Landeskriminalamt Niedersachsen mit der Software "Business-Keeper-Monitoring-System", um Korruption und Wirtschaftskriminalität erfolgreicher zu bekämpfen. Als Begründung wird angegeben, dass die Wirtschaftskriminalität in Niedersachsen im Jahr 2002 Schäden von rund 400 Mio. verursacht habe. Der tatsächliche Schaden dürfte weitaus höher liegen, da man von einer hohen Dunkelziffer ausgehen muss. Die Dunkelziffer soll bei 95 v.H. liegen.

Korruption ist ein klassisches Kontrolldelikt. Strafanzeigen von unmittelbar Beteiligten (Beschuldigten) bilden die absolute Ausnahme und Hinweisgeber aus dem Umfeld der korruptiven Beziehungen trauen sich in der Regel nicht, ihre Kenntnisse dem Vorgesetzten oder den Strafverfolgungsbehörden zu offenbaren. Gerade aber diesen Hinweisgeber, den so genannten "Whistleblower", gilt es, in das Netzwerk gegen Korruption einzubeziehen, will man das Dunkelfeld aufhellen.

Einen gesetzlichen Schutz des "Whistleblowers" wie z. B. in Schweden gibt es in Deutschland nicht. Um diesen Personen dennoch die Möglichkeit zu eröffnen, ihre Hinweise ohne Angst vor Repressionen mitteilen zu können, wurde von der Firma Business Keeper AG, Potsdam, ein webbasiertes Informationssystem (BKMSSystem) entwickelt, über das der Hinweisgeber völlig anonym eine Meldung abgeben kann. Die menügesteuerte Hinweisgabe als auch die systematische Hinweisbearbeitung finden über das Internet online statt und sind somit orts- und zeitunabhängig. Das BKMS-System garantiert die umfassende Anonymität des Hinweisgebers und erfüllt die höchsten Standards der Datensicherheit. Zugang zu der Meldung haben nur der Hinweisgeber selber und die Organisation, die angeschrieben wird, in diesem Fall das LKA. Hinweisgeber gelangen über einen Link auf der Homepage des LKA Niedersachsen (www.lka.niedersachsen.de) in den anonymen Meldebereich. Das Herzstück des Systems ist die Möglichkeit des anonymen Dialogs zwischen Hinweisgeber und Bearbeiter der Meldung. Dafür ist es wichtig, dass sich der Hinweisgeber einen anonymen Postkasten am Ende des Meldeprozesses einrichtet. Da er Benutzernamen und Kennwort selbst wählt und die Angaben keinen persönlichen Daten zugeordnet werden können, bleibt der gesamte Dialog anonym. Vergisst der Hinweisgeber allerdings seine Zugangsdaten, muss ein neuer Postkasten eingerichtet werden. Das BKMS-System unterscheidet sich hier vollkommen vom Mailingsystem. Da weder IP-Adresse noch Uhrzeit gespeichert werden, ist ein Rückschluss auf den Hinweisgeber unmöglich. Mehr als ein Drittel der Hinweise kommt inzwischen aus anderen Bundesländern (Spiegel 30/2004 vom 19. Juli 2004).

Diese Vorbemerkung des Fragestellers vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt:

Frage 1. Wie hoch ist der finanzielle Schaden, den die Wirtschaftskriminalität in Hessen in den Jahren 2002 und 2003 angerichtet hat?

Gemäß Erfassung in der Polizeilichen Kriminalstatistik wird der durch die Wirtschaftskriminalität in Hessen angerichtete Schaden für das Jahr 2002 mit 159.034.523 und für das Jahr 2003 mit 240.975.867 ausgewiesen.

Die Schadensentwicklung im 10-Jahres-Vergleich der Jahre 1994 bis 2003 kann der nachstehenden Tabelle entnommen werden.

Dabei ist anzumerken, dass Spitzen der Schadensentwicklung in der PKS immer auf Großverfahren zurückzuführen sind und sich regelmäßig auf ein durchschnittliches jährliches Niveau von ca. 200 Mio. einpendeln.

Über das Dunkelfeld nicht angezeigter Wirtschaftsstraftaten und damit auch der nicht bekannt gewordenen Schäden liegen keine validen Daten vor.

Frage 3. Wie bewertet die Landesregierung den Schutz des Hinweisgebers durch das BKMS?

Frage 4. Wie bewertet die Landesregierung die mögliche Erhöhung der Hinweisquantität und der Hinweisqualität?

Frage 5. Gibt es Pläne der Landesregierung, das BKMS für die Polizei in Hessen einzuführen?

Am 30. Oktober 2003 hat das Landeskriminalamt Niedersachsen im Rahmen der Intensivierung der Bekämpfung der Korruption und Wirtschaftskriminalität ein bundesweit bislang einmaliges Pilotprojekt gestartet, mit dem es erstmals möglich ist, in einen anonymen Dialog mit Hinweisgebern zu treten.

Es unterscheidet sich hierin von einem herkömmlichen Mailing-System. Das von der Potsdamer Firma "Business-Keeper-AG" entwickelte web-basierte Informationssystem ermöglicht es dem Landeskriminalamt Niedersachsen, Hinweise zu diesen Deliktsfeldern nicht nur ohne Rückschlüsse auf den Absender entgegenzunehmen, sondern mit dem Hinweisgeber zu kommunizieren, nachzufragen und so auch Plausibilitätsprüfungen anzustellen. Auch die Hinweisgeber können ihrerseits nachfragen. Ihre Anonymität wird hierbei jederzeit gewahrt. Die Daten sind für die Firma "Business-Keeper-AG" nicht einsehbar. Lediglich Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landeskriminalamtes Niedersachsen ist der Zugriff auf die Meldungen möglich.

Das System wurde im Rahmen eines Pilotprojektes zunächst bis Ende Februar 2004 getestet.

Die Hinweisqualität und die Hinweisquantität der eingegangenen Meldungen hat überrascht. 68 v.H. der eingegangenen Hinweise waren als strafrechtlich relevant einzustufen.

Die Hinweise bezogen sich unter anderem auf Betrug, Korruption, fehlerhafte Buchführung, Insolvenzdelikte, Urheberrechtsverletzungen, Wettbewerbsdelikte und auf illegale Beschäftigung.

Es wurden nicht nur Hinweise aus Niedersachsen, sondern auch aus anderen Bundesländern (43 v.H.) gegeben.

Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die relativ hohe Zahl von Meldungen auch mit einer intensiven Presse- und Öffentlichkeitsarbeit erreicht wurde. Es ist fraglich, ob auf Dauer dieses große Medieninteresse aufrechterhalten werden kann.

Das Hessische Landeskriminalamt schätzt bei einer möglichen bundesweiten Ausdehnung des Systems das Kostenvolumen für jedes Bundesland auf ca. 5.000 monatlich.

Inwieweit eine gegebenenfalls notwendig werdende Rückverfolgung der elektronischen Spur des Hinweisgebers beim BKMS für ausschließlich polizeiliche Belange ermöglicht werden wird, kann derzeit noch nicht abschließend bewertet werden.

Die AG Kripo hat eine Bund-Länder-Projektgruppe eingerichtet, die Möglichkeiten und Risiken zur Bekämpfung der Korruption und Wirtschaftskri minalität, die das BKMS bietet, umfassend durch Möglichkeiten und Risiken zur Bekämpfung der Korruption und Wirtschaftskriminalität prüfen und alsbald einen Bericht vorlegen wird.

Eine Entscheidung über die Einführung des BKMS für die Polizei in Hessen ist auf der Grundlage der Ergebnisse der Bund-Länder-Projektgruppe beabsichtigt.