Mietwohnungen

Thorsten Falk, Bergneustadt

Angesichts der nahezu unbeschränkten Möglichkeiten der Umlageverbände (Kreise und Landschaftsverbände), ihren Finanzbedarf durch eigene Festsetzung von Hebesätzen selbst zu gestalten, liegt auch in der Zugehörigkeit der Kommunen zu diesem Umlagesystemen ein erhebliches Haushaltsrisiko. Hier wäre eine inhaltsgleiche Einbeziehung der Umlageverbände in die Sparerfordernisse der betroffenen Kommunen ein unabdingbarer Schritt zur Verbesserung der Erfolgsaussichten für einen Haushaltsausgleich.

Wird der Gesetzentwurf vom Landtag beschlossen und unterstellt man seine Vereinbarkeit mit dem Kommunalverfassungsrecht, so bleibt vielen Kommunen angesichts des vorstehend beschriebenen sehr eingeschränkten weiteren Sparpotentials nur die Erhöhung von Einnahmen.

Eine vollständige Erbringung des Konsolidierungsbeitrags aus der Grundsteuer B würde für die Stadt Bergneustadt die Erhöhung des aktuellen Hebesatzes von 410% auf 1.350% im Jahr 2016 und auf 1.950% im Jahr 2021 bedeuten. Die gleiche Berechnung für die Gewerbesteuer ließe auf der Grundlage des des Jahres 2010 die Steigerung des aktuellen Hebesatzes von 430% auf 925% im Jahr 2016 und auf 1.245% im Jahr 2021 erwarten.

Eine derart drastische Belastung von Gewerbetreibenden würde aber zu einer Abwanderung ins Umland führen. Damit würden die Finanzprobleme der Stadt nicht behoben, sondern im Gegenteil noch verschärft!

Die Erhöhung der Grundsteuer B würde zu einem verschärften Fortzug aus Bergneustadt (hoher Anteil an Mietwohnungen, ohnehin schon sinkende Einwohnerzahlen) führen. Der Stärkungspakt würde damit der Entvölkerung Vorschub leisten.

Auch angesichts der vergleichsweise schwierigen Sozialstruktur und dem im Vergleich mit den übrigen Kommunen des Oberbergischen Kreises geringsten Einkommen pro Steuerpflichtigen sind in der Stadt Bergneustadt zusätzliche finanzielle Belastungen der Bevölkerung nur in geringem Umfang vertretbar.

Die Verstärkung ehrenamtlichen Engagements für wegfallende Leistungen der Kommunen würde höhere Bedeutung bekommen. Hier ist nur zu berücksichtigen, dass der Grad der Inanspruchnahme der Bevölkerung nicht beliebig ausgeweitet werden kann. In Bergneustadt ist bereits heute das Maß ehrenamtlichen Engagements in allen Bereichen (Soziales, Kultur, Sport, Kirchen, Freizeit) sehr hoch. Der Einsatz der Bürgerinnen und Bürger lässt sich nicht beliebig erhöhen! Hinzu kommt, dass sich die Bevölkerung nicht nur persönlich, sondern auch finanziell in einer Vielzahl von Fördervereinen stark engagiert.

Diese Vereine unterstützen in vielfältiger Weise städtische Aufgaben oder übernehmen diese sogar vollständig! Ob dies bei drastischen Steuererhöhungen noch der Fall sein wird, ist fraglich.

Die Kommunen würden über die Schließung von Einrichtungen und über betriebsbedingte Kündigungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nachdenken müssen ­ mit allen Beschränkungen als öffentlicher Arbeitgeber.

Die Stadt Bergneustadt könnte indes sämtliche Beamten und Beschäftigten vom Bürgermeister bis zur Reinigungskraft entlassen und hätte das Defizit im Thorsten Falk, Bergneustadt

Ergebnisplan immer noch nicht ausgeglichen (Personal- und Versorgungsaufwand im Jahr 2011: 7,4 Mio. bei einem geplanten Defizit von 9,2 Mio.).

5. Inwieweit tangieren die im Gesetzentwurf vorgesehenen Regelungen das Recht auf kommunale Selbstverwaltung?

Das Recht auf kommunale Selbstverwaltung wird durch den Gesetzentwurf bedenklich untergraben, wenn nach einheitlichem Schema und ohne zeitliche Differenzierungsmöglichkeiten sowie ohne Berücksichtigung der Realitäten und der Spar-Historie vor Ort pauschale Sparvorgaben gemacht werden, die im Falle ihrer Nichtbeachtung scharf sanktioniert werden können.

Hier besteht die konkrete Gefahr, dass die Räte zum verlängerten Arm und nur noch ausführenden Organ der Landesregierung werden. Wie die Räte mit einer solchen Rollenverteilung umgehen werden, bleibt gespannt abzuwarten.

6. Inwieweit wäre es sinnvoll, die von den Programmteilnehmern aufzustellenden Haushaltssanierungspläne vor ihrer Vorlage bei den zuständigen Bezirksregierungen von unabhängiger Seite (z.B. GPA) bezüglich ihrer Umsetzbarkeit prüfen und testieren zu lassen?

Bei der Umsetzbarkeit geht es nicht nur um die rechtliche Realisierbarkeit von z. B. Steuererhöhungen, Schließung von Einrichtungen oder Entlassung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Es geht ebenso um die wirtschaftliche und soziale Vertretbarkeit und um die Aufrechterhaltung annähernd gleicher Lebensverhältnisse in der Region. Letztere würden über ein massiv in Schieflage geraten.

Die Entscheidung hierüber kann aber allein der Rat einer Kommune treffen. Berater wie die GPA oder andere können in die Vorprüfungen mit einbezogen werden. Ihnen fehlt jedoch die örtliche Kenntnis zur sachgerechten Einschätzung, welche Maßnahmen tatsächlich noch verträglich sind. Insofern halte ich einen externen Machbarkeits-TÜV für nicht sachgerecht.

8. Inwieweit halten Sie es für geboten, die Bestellung eines Beauftragten bei Verstößen gegen Sanierungsvereinbarungen i.S.v. § 8 Abs. 1 des Gesetzentwurfs verpflichtend zu machen?

Überhaupt nicht.

Der Beauftragte nach § 124 GO NRW könnte jedenfalls theoretisch alle Maßnahmen zum Haushaltsausgleich ergreifen ­ auch die tatsächlich unsinnigsten.

Sollte das MIK von der Möglichkeit des § 124 GO NRW aber Gebrauch machen, würde es den von der Landesregierung beabsichtigten Stärkungs-Pakt mit den Kommunen ad absurdum führen.

Thorsten Falk, Bergneustadt

9. Inwieweit halten Sie es für geboten, das für Kommunales zuständige Ministerium über eventuelle Abweichungen von Haushaltssanierungsplänen entscheiden zu lassen, statt dies dem Ermessen der Bezirksregierungen zu überantworten?

Wenn das Gesetz die stärkere Beachtung der örtlichen Besonderheiten und Möglichkeiten ermöglichen würde und eine landeseinheitliche grundsätzliche Handreichung zur Umsetzung erlassen würde, würde ich statt für eine Konzentration der Aufgabe beim MIK vielmehr für eine weitgehende Übertragung auf die unteren Kommunalaufsichten plädieren, die eine weit größere Kenntnis der Möglichkeiten und Besonderheiten der Städte und Gemeinden haben und daher am sachgerechtesten Entscheidungen treffen können.