Welches Kostenausgleichsverfahren wird bezüglich der Sozialtickets zwischen den Verkehrsbetrieben und Kommunen und Kreisen
Wie viele Personen gehören absolut zu dem Berechtigtenkreis und relativ im Verhältnis zur Wohnbevölkerung?
g. Welche Erkenntnisse existieren hinsichtlich des Alters, des Geschlechts und des Migrationshintergrundes des Berechtigtenkreises?
h. Welches Kostenausgleichsverfahren wird bezüglich der Sozialtickets zwischen den Verkehrsbetrieben und Kommunen und Kreisen durchgeführt?
Antwort NWL: Die bisher eingeführten Modelle und ihre Weiterentwicklung auf kommunaler Ebene ergeben allenfalls einen Flickenteppich mit unterschiedlichen Lösungsansätzen. Diese Modelle sind alle als freiwillige Leistungen der Kommunen entstanden und nur dort, wo die Kommunen noch über einen ausreichenden Sozialetat verfügen und über ein eigenes kommunales Verkehrsunternehmen Einfluss haben. Es bestehen bisher keine Erfahrungen über verbundweite oder Verbundgrenzen überschreitende Angebote.
Allen Modellen ist gemein, dass sie nur über eine erhebliche Mitfinanzierung der öffentlichen Hand möglich wurden. Je nach Modell sind monatlich 1530 / Berechtigter an Zuschuss erforderlich.
Die Antragsprüfung/Ticketausgabe/Verwaltung ist nur über die Sozialbehörden möglich. Wegen der unterschiedlichen Zuständigkeit hinsichtlich des Kreises der Berechtigten ist eine interdisziplinäre Zusammenarbeit erforderlich. Zusätzlicher Personalaufwand ist nicht zu vermeiden.
Weitere empirische Untersuchungen oder Erkenntnisse liegen auf NWL-Ebene nicht vor.
8. Welche Landesmittel wären Ihrer Kenntnis nach notwendig, um landesweit ein bedarfsgerechtes Sozialticket zu finanzieren, und sollte dieser Zuschuss dynamisiert werden?
Antwort NWL: Angesichts der oben genannten Zahlen von monatlich 15
30 je Antragsberechtigtem sind die bereit gestellten Mittel (2011 = 15 Mio und 2012 = 30 Mio) zu gering bzw. nicht angemessen. Mit der Annahme von 2 Millionen Berechtigten und 30 /Monat Zuschuss entsteht nach unserer Schätzung ein Zuschussbedarf in Höhe von ca. 720 Mio. /Jahr.
9. Sind durch die Einführung eines Sozialtickets Mehrerlöse zu erwarten, die geeignet sind, Mindereinnahmen teilweise zu kompensieren?
Antwort NWL: Da bisher nur isolierte nicht verbundweite Modelle mit kurzem Erfahrungshorizont bestehen, lassen sich keine qualitativen belastbaren Erkenntnisse bezüglich Neukunden und Kundenbindung prognostizieren. Eine repräsentative Studie des Zweckverbandes Region Hannover kommt zu dem Ergebnisse, dass bisher bereits 51% der Berechtigten Stammkunden des ÖPNV sind. Nur 11% gelten als Nichtkunden, die den ÖPNV nie nutzen.
10. Entstehen den Verkehrsunternehmen durch die Einführung eines Sozialtickets Mehrkosten, die über die Aufwendungen für den Vertrieb hinausgehen?
Antwort NWL: Soweit die Antragsprüfung/Ticketausgabe/Verwaltung nur über die Sozialbehörden geregelt wird, entstehen den Verkehrsunternehmen keine über den Vertrieb hinausgehenden Kosten.
Es kommt ggf. zu höheren Inkasso-Risiken bei den Verkehrsunternehmen.
11. Wurden bei den bisherigen Modellen eines Sozialtickets, z. B. in Köln, Dortmund und Unna zusätzliche Busse oder Bahnen eingesetzt?
Antwort NWL: nicht bekannt.
12. Ist zu erwarten, dass ein Sozialticket zu einer besseren Auslastung und damit unter Umständen auch zu einer größeren Wirtschaftlichkeit des ÖPNV-Angebots beitragen kann?
Antwort NWL: Allen bekannten Modellen ist gemein, dass sie nur über eine erhebliche Mitfinanzierung der öffentlichen Hand möglich wurden.
Je nach Modell sind monatlich 1530 / Berechtigter an Zuschuss erforderlich. Eine Verbesserung der Wirtschaftlichkeit wäre nur insofern anzunehmen, als der kommunale Zuschuss zum Teil durch den Landeszuschuss ersetzt wird.
13. Wie hoch ist der Anteil der Neukundinnen am Öffentlichen Personennahverkehr bei den Nutzerinnen des Sozialtickets beziehungsweise welche Erwartungen existieren hinsichtlich eines Tarifwechsels beziehungsweise eines Neuerwerbs von Sozialtickets von jetzt beziehungsweise künftig berechtigten Personen?
Antwort NWL: Dem NWL liegen keine eigenen Erfahrungen vor.
14. Wie muss die Evaluation eines Sozialticket-Angebotes angelegt sein, damit sie den Ansprüchen an empirische Erhebungen genügt und neben Wanderungs- und Kannibalisierungs-Effekten auch das Fahrverhalten von Bezugsberechtigten erfasst, die das Ticket nicht kaufen.
Antwort NWL: Dem NWL liegen keine eigenen Erfahrungen vor.
15. Welche Möglichkeiten bietet ein Sozialticket für die soziale Imagepflege einer Kommune?
Antwort NWL: Der NWL als kommunaler Aufgabenträger für den SPNV betreibt keine soziale Imagepflege.
16. Wie bewerten Sie die Auffassung des Innenministeriums, dass es keine finanzaufsichtsrechtlichen Bedenken gegen die Teilnahme von Kommunen im Haushaltssicherungskonzept oder Nothaushalt am Modellprojekt Sozialticket gibt?
Antwort NWL: Hierzu ist eine verbindliche Aussage der Finanzaufsicht erforderlich. Die Bewertung des NWL hierzu ist nicht relevant.
17. Das Sozialticket ist eine zusätzliche Sozialleistung der Kommunen, die der Verbesserung der örtlichen Mobilität von einkommensschwachen Bürgerinnen und Bürgern dient. Wie bewerten Sie es, dass diese zusätzliche Sozialleistung der Kommunen aus dem Landeshaushalt und speziell aus dem Verkehrshaushalt finanziert wird?
Antwort NWL: Wegen der freiwilligen Selbstverwaltungsaufgabe dieses Themas bei den Kommunen kann keine homogene für die Leistungsempfänger gerechte Lösung entstehen. Gerade diejenigen Kommunen mit dem größten Anteil von Transferleistungsberechtigten haben den geringsten finanziellen Spielraum bzw. stehen im Haushaltssicherungsverfahren unter Aufsicht. Die bisherigen rein kommunalen Lösungsansätze sind insoweit nicht für eine landesweite Verbreitung geeignet. Eine Finanzierung seitens des Landes ist erforderlich, allerdings ist nicht der ohnehin zu knappe Verkehrshaushalt dafür geeignet sondern das Sozialticket ist dem Bereich des Sozialhaushaltes zuzuordnen.
18. Kann die Förderung von Sozialtickets aus dem Landeshaushalt zu Mitnahmeeffekten führen, indem Städte, die einkommensschwachen Bürgern etwa mit einem Stadt-Pass Vergünstigungen bei ihren Verkehrsbetrieben einräumen, ihren eigenen Aufwand reduzieren?
Antwort NWL: Für die bereits eingeführten Sozialtickets ist dieser Mitnahmeeffekt uneingeschränkt zu bestätigen.
19. Werden die durch das Land zugesagten finanziellen Unterstützungen im Falle von Mindereinnahmen beim VRR und bei den Kommunen für ausreichend gehalten?
Antwort NWL: Bei den Kommunen innerhalb des NWL wird die aktuelle Förderung nicht für ausreichend gehalten. Insbesondere fehlt die gesetzliche Nachhaltigkeit über 2012 hinaus sowie die Unterstützung zum Verwaltungsaufwand bei den Aufgabenträgern analog der Regelung zu §11a ÖPNVG NRW.
Welche zusätzlichen Verwaltungskosten kommen auf die Kommunen zu?
Antwort NWL: Es trifft aber zu, dass aus den Erfahrungen der jeweiligen Städte, die bereits Sozialtickets eingeführt haben, neben der Kostenbeteiligung der Kommunen für die Tickets auch eine Kostenbelastung bezüglich des erforderlichen zusätzlichen Personals entsteht. Die Koordinierung der verschiedenen zuständigen Fachbehörden incl. der jeweiligen Prüfung der Antragsberechtigungen allein ist bereits mit beträchtlichem Aufwand verbunden. Dazu sind alle Verwaltungsaufwendungen analog der §11a-Regelung, angefangen von der nach EU-Recht (EU-VO 1370/2007) erforderlichen rechtssicheren Ausreichung der Mittel, über Prüfung und Anwendung der Regeln nach LHO §44 bis hin zur Überkompensationskontrolle, erforderlich. Dieser finanzielle bzw. personale Aufwand verbleibt den kommunalen Haushalten.
21. Für die Landesförderung des Sozialtickets über 2011 hinaus gibt es bislang lediglich eine unverbindliche Finanzierungsabsicht der Landesregierung. Entsprechende Verpflichtungsermächtigungen enthält der Landeshaushalt nicht. Welche Konsequenzen hätte es für die Kommunen, wenn die Landesfinanzierung des Sozialtickets ausläuft?
Antwort NWL: Die Verkehrsunternehmen und die kommunalen Aufgabenträger haben keine auf Dauer angelegte sichere Planungsgrundlage, da sich die Höhe des Zuschusses auch aufgrund einer Veränderung des Gesamtempfängerkreises jährlich ändern kann und die Inanspruchnahme durch die Berechtigten nicht sicher prognostiziert werden kann. Deshalb besteht die Sorge, dass die kommunalen Aufgabenträger ein einmal eingeführtes Sozialticket dann später in wesentlich größerem Ausmaß oder sogar vollständig selber weiter tragen müssen. Vor diesem Hintergrund wird die Einführung des Sozialtickets in vielen Kommunen verworfen.
22. Wie ist die Belastung für geringverdienende Berufspendler durch die vom VRR-Verwaltungsrat beschlossene durchschnittliche Fahrpreiserhöhung um 3,9 % zum 1. Januar 2012, die als Kompensation für das Sozialticket dienen soll, einzuschätzen?
Antwort NWL: Die Frage ist vom VRR zu beantworten.