Die Darstellung der Kosten sollte zwei praktische Kriterien nicht außer Acht lassen

Initiatoren die Frage der Kosten angesprochen und versucht werden, eine Kostenschätzung zu erarbeiten, die Konsens zwischen Verwaltung und Bürgerinitiative ist. In der Regel werden Bürgerinnen und Bürger hier bereits vorgearbeitet haben; das zeigen die Erfahrungen von Mehr Demokratie bei der Bürgerbegehrensberatung.

Die Darstellung der Kosten sollte zwei praktische Kriterien nicht außer Acht lassen. Zum einen muss sie auf deutlich weniger als eine passen. Zum anderen sollte sie der Zielgruppe, nämlich in der Regel nicht mit haushalterischen Fragen befassten Bürgerinnen und Bürgern angemessen sein. Ein gute Vorbild sind hier sicherlich die Unterlagen der in mehreren Städten von NRW durchgeführten Bürgerhaushalte.

Der Gesetzentwurf legt leider keinen Zeitraum fest, in dem die Verwaltung für Bürgerbegehren eine Kostenschätzung vorlegen muss. Zwar werden die Fristen für ein kassatorisches Bürgerbegehren bis zur Vorlage der Kostenschätzung ausgesetzt; es besteht aber trotzdem die Gefahr, dass eine Verwaltung auf Zeit spielt, bis bei der Maßnahme, die durch das Bürgerbegehren verhindert werden soll, unumkehrbare Fakten geschaffen wurden. Eine Sperrwirkung tritt durch den Antrag auf Erstellung einer Kostenschätzung nämlich nicht ein.

Ungeklärt ist weiterhin die besondere Situation, in der sich eine Verwaltung nicht in der Lage sieht, eine Kostenschätzung zu erstellen. Dieser besondere Fall ist in der Praxis bereits aufgetaucht und sollte daher bei der gesetzlichen Neuregelung nicht aus dem Blick verloren werden. Nach dem Verständnis von Mehr Demokratie NRW steht die Unschätzbarkeit eines Begehrens seiner Durchführung zukünftig nicht entgegen. Vielmehr ist auf diesen besonderen Umstand hinzuweisen, zunächst seitens der Gemeinde an die Initiatoren, sodann im Rahmen der Kostenschätzung des Bürgerbegehrens gegenüber den Unterzeichnenden.

Fragen 5 - 9 zur Neuregelung des Kostendeckungsvorschlags

Die bisherige Regelung in § 26 Abs. 2 GO NRW sieht vor, dass ein Bürgerbegehren einen durchführbaren Vorschlag für die Deckung der Kosten der verlangten Maßnahme enthalten muss.

Dies stellt die Initiatoren eines Bürgerbegehrens vor zwei Probleme. Zum ersten müssen sie die durch das Bürgerbegehren entstehenden Kosten schätzen. Dabei gibt es aber kein objektives Kriterium darüber, welche Kosten über welchen Zeitraum in der Schätzung enthalten sein müssen.

Betrifft ein Bürgerbegehren etwa den Erhalt eines alten Gebäudes, so ist unklar, ob ein erst in einigen Jahren entstehender Sanierungsbedarf in die Kostenschätzung mit aufgenommen werden muss. Häufig war genau dies Anlass für den Rat, Bürgerbegehren mit nach Ratsberechnungen unzureichender Kostenschätzung aus formalen Gründen für unzulässig zu erklären. Ebenfalls eine hohe Anforderung ist die zum zweiten geforderte Kostendeckung der aus der Schätzung entstehenden Kosten. Auch dies war vielfach Anlass für eine Unzulässigkeitsentscheidung.

Angesichts der Tatsache, dass der Kostendeckungsvorschlag beim späteren Bürgerentscheid nicht mehr vorgelegt werden muss (so besteht etwa auch keine Verpflichtung, diesen im Abstimmungsheft abzudrucken) und vor allen Dingen keinerlei rechtliche Bindung für die Verwaltung bei der Umsetzung eines Bürgerentscheids bedeutet, wird die Debatte um die Korrektheit eines Kostendeckungsvorschlags in der Regel nur geführt, um einen Unzulässigkeitsgrund für ein Bürgerbegehren zu suchen und zu finden.

Mehr Demokratie hat in der Vergangenheit stets gefordert, die Initiatoren von der Erstellung eines Kostendeckungsvorschlags zu entlasten; idealerweise durch die vollständige Abschaffung des Kostendeckungsvorschlags. Wie schon ausgeführt, gibt es meist unterschiedliche Meinungen über die Folgekosten eines Bürgerbegehrens und darüber, welche Kosten im Kostendeckungsvorschlag zu berücksichtigen sind. Letztlich zeigt die Realität, dass Folgekosten zukünftiger Projekte von Bürgerbegehren und Stadtverwaltungen oft nur ungenau angegeben werden können, so dass ein objektiv richtiger Kostendeckungsvorschlag gar nicht möglich ist. So werden etwa die erwarteten Erlöse aus geplanten Grundstücksverkäufen zu hoch, oder die Kosten für geplante Baumaßnahmen zu niedrig angesetzt. Oftmals können aber selbst Politik und Verwaltung keine genauen Zahlen nennen und damit Bürgerbegehren auch nicht bei der Formulierung eines Kostendeckungsvorschlags helfen. So hatte der Rat der Stadt Alsdorf 2006 gleich zwei Bürgerbegehren für den Erhalt wohnortnaher Schulen für unzulässig erklärt. Begründung: Der Vorschlag der Bürgerbegehren zur Deckung der Kosten für den Weiterbetrieb der dezentralen Schulen sei unzureichend. Die Initiatoren hatten immer wieder versucht, ihren Kostendeckungsvorschlag mit den zuständigen Stellen in Stadt und Kreis abzustimmen; eine Einigung kam aber nie zustande.

Auch im Falle einer vorherigen Beratung durch die Verwaltung ­ quasi nach dem jetzt vorliegenden Gesetzesentwurf ­ ist eine Zulässigkeit des Begehrens im Nachhinein allzu häufig bestritten worden. Dies liegt vor allen Dingen auch in dem formalen Umstand begründet, dass der Bürgermeister zur Beratung verpflichtet, der Rat aber zur Entscheidung über die Zulässigkeit berechtigt ist. Der Rat ist dabei an das Beratungsergebnis der Verwaltung nicht gebunden. Eine Treuepflichtverletzung gegenüber dem Quasi-Organ Bürgerbegehren ist von der Rechtsprechung zwar in Einzelfällen anerkannt worden, muss aber in jedem Fall (nachträglich) gerichtlich erstritten werden; eine Frage die sich konkret derzeit in Brühl für Initiatoren und Kommunalaufsicht aufdrängt. Dies ist unbefriedigend für Initiativen wie auch für die Beteiligten auf Seiten von Rat und Verwaltung.

Der im vorliegenden Gesetzentwurf neu gefasste § 26 Abs. 2 GO NRW wäre insofern eine Verbesserung des status quo, weil er die Initiatoren eines Begehrens von der Formulierung des Kostendeckungsvorschlags entlastet. Lediglich eine schriftliche Mitteilung an die Verwaltung über das Vorhaben eines Bürgerbegehrens soll in Zukunft notwendig sein. Die Verwaltung muss daraufhin ihrerseits eine Schätzung der durch das Bürgerbegehren entstehenden Kosten erstellen.

Der Rat kann nach der vorliegenden Begründung des Gesetzesentwurfs im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung weiterhin mit Hinweis auf die finanzielle Situation der Kommune ein Bürgerbegehren für unzulässig erklären. In der Begründung des Gesetzentwurfs (S. 14, Abs. 5) wird darauf verwiesen, dass die kostenmäßigen Auswirkungen und der Aspekt der haushaltsrechtlich zulässigen Finanzierung weiterhin Gegenstand der Zulässigkeitsprüfung bleiben. Diese Trennung im zeitlichen Ablauf ist nicht unproblematisch, vor allen Dingen bei Gemeinden, die sich im Nothaushalt befinden. Es stellt sich nämlich die Frage, ob die Verwaltung sehenden Auges eine Kostenschätzung erstellen muss, wissend, dass das Bürgerbegehren voraussichtlich nach erfolgreicher Unterschriftensammlung mit Hinweis auf den Nothaushalt vom Rat für unzulässig erklärt werden wird. Relativ unwahrscheinlich ist, dass die Gemeinde erst während eines laufenden Bürgerbegehrens in die missliche Situation des Nothaushalts gerät. Eher werden die finanzielle Situation der Kommune und die Nichtfinanzierbarkeit des Begehrens bereits beim Start bekannt sein.