Umweltschutz

Diese wird durch ein Recht der Tierschutzverbände auf Information, Partizipation und Zugang zu gerichtlichem Rechtsschutz nicht berührt.

II. Kein verfassungsunmittelbares Gebot zur Einführung altruistischer Verbandsklagen

Aus der Systementscheidung für den Individualrechtsschutz folgt im Umkehrschluss, dass Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG kein Gebot zur Einführung von Rechtsbehelfen, die der Durchsetzung der objektiven Rechtsordnung dienen, entnommen werden kann.

Nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG hat der Schutzsuchende die Verletzung eigener (seiner) Rechte geltend zu machen und nicht öffentliche Interessen.

Es wird nicht der sachliche Bestand oder der Inhalt einer als verletzt behaupteten Rechtsstellung gewährleistet, diese richtet sich vielmehr nach Maßgabe der Rechtsordnung i. Ü.

Insoweit können objektiv rechtswidrige Maßnahmen gerichtlich nur mit einer Klage angegriffen werden, die die Verletzung subjektiver Rechte behauptet, wenn nicht das Gesetz selbst eine spezifische Klagebefugnis ­ wie etwa die naturschutzrechtliche Verbandsklage ­ vorsieht.

Dem Gedanken des verfassungsrechtlichen Gebots der Gleichbehandlung entspringt die Forderung des Rates von Sachverständigen für Umweltfragen in seiner 2005 veröffentlichten Stellungnahme Rechtsschutz für die Umwelt ­ die altruistische Verbandsklage ist unverzichtbar, Waffengleichheit zwischen Umweltnutzer und Umweltschützer durch Erweiterung überindividueller Klagebefugnisse herzustellen.

Eine derartige Forderung nach materieller Waffengleichheit lässt sich Art. 3 Abs. 1 GG jedoch nicht entnehmen.

Fraglich ist bereits, ob der Schutzbereich von Art. 3 Abs. 1 GG überhaupt berührt ist, handelt es sich bei überindividuellen Klagebefugnissen nicht um grundrechtlich geschützin. te Gewährleistungsbereiche zugunsten von Einzelpersonen.

Grundsätzlich obliegt es dem weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, gerichtliche Überprüfungsmöglichkeiten für Verletzungen objektiven Rechts zu eröffnen. Eine materielle Verpflichtung des Gesetzgebers zu ihrer Einführung lässt sich aus Art. 3 Abs. 1 GG nicht ableiten. Etwas anderes gebietet auch nicht der ­ aus dem Gleichbehandlungsgebot und Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG ableitbare ­ Fairnessgrundsatz.

Er gewährleistet die Gleichwertigkeit der prozessualen, nicht aber der materiellen Stellung der Parteien vor dem Richter. 30

Unmittelbar etwas anderes ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung von Art. 20a GG, der als Staatszielbestimmung keine überindividuellen Klagebefugnisse vermittelt.

Aus Art. 20a GG wie auch aus den Grundrechten können aber objektiv-rechtliche Schutzpflichten des Staates abgeleitet werden.

Verfassungsrechtliche Ziele fordern mithin in bestimmtem Umfang den Schutz öffentlicher Interessen. Unter Berücksichtigung des vom Bundesverfassungsgericht bei grundrechtlichen Schutzpflichten statuierten Untermaßverbotes33 ergibt sich auch für Staatszielbestimmungen die Pflicht des Staates, ein effektives und praktisch wirksames Schutzkonzept zu entwickeln.

Dabei steht dem Gesetzgeber freilich ein weiter Gestaltungsspielraum zu, der sich insbesondere auf die Wahl der Schutzinstrumente bezieht.

Klagebefugnisse bewerkstelligt werden.

Insoweit konkurrieren überindividuelle Klagebefugnisse etwa zugunsten von Nachweltschutzverbänden mit anderen Instrumenten zur Verwirklichung der Art. 20a GG innewohnenden Zielsetzung.

Freilich legt der ausdrückliche Verweis des Art. 20a GG auf den Schutz auch durch... die Rechtsprechung gerichtsbezogene Lösungen beispielsweise durch eine judikative Einführung überindividueller Klagebefugnisse nahe.

Ein konkretes Gebot zur Einführung und Ausgestaltung überindividueller Klagebefugnisse lässt sich aus Art. 20a GG jedoch nicht ableiten;39 vielmehr obliegt es nach dem deutlichen Wortlaut der Norm dem Gesetzgeber, die geeigneten Instrumente zum Schutz der Umwelt zu erlassen.

III. Kein Verstoß gegen gegenläufige verfassungsrechtliche Grundsätze und Grundrechte

Als Grenze des Art. 19 Abs. 4 GG gegenüber nicht individuellem, also überindividuellem Rechtsschutz wird recht einhellig erachtet, dass der Individualrechtsschutz nicht unverhältnismäßig eingeschränkt werden darf. Das ist der Fall, wenn der Individualrechtsschutz substituiert wird, objektive Rechtsschutz- und Kontrollverfahren zu einer quantitativen Überlastung der Gerichte führen oder objektive Rechtsschutz- und Kontrollverfahren zu einer qualitativen Überfremdung führen.

Letzteres soll eintreten, wenn der Richter sich als bloßer Kontrolleur missversteht und dadurch nicht mehr Rechtsschutzinstanz ist.

Art. 19 Abs. 4 GG soll verhindern, dass die Gerichte durch einen quantitativen Anstieg überindividueller Klagerechte so überlastet werden, dass sie keinen effektiven Individualrechtsschutz mehr gewährleisten können.