Grundstücke und Erbbaurechte

Der Wortlaut umfasst bei formaler Betrachtungsweise auch die gängige Praxis beim Verkauf gemeindeeigener Grundstücke und Erbbaurechte, dem Käufer zur Kaufpreisfinanzierung eine Belastungsvollmacht zu erteilen, welche ihn berechtigt, bereits vor Übertragung des Eigentums bzw. des Erbbaurechts das Grundstück mit Grundpfandrechten zu belasten.

Für die Bürgerinnen und Bürger als potentielle Käufer gemeindeeigener Grundstücke ist diese Möglichkeit der Sicherheitenbestellung schon vor formalem Eigentumsübergang nach Eintragung in das Grundbuch wirtschaftlich von enormer Wichtigkeit, da häufig anderenfalls der Kaufpreis bzw. das Darlehen zum Errichten eines Gebäudes auf dem Grundstück nicht gesichert werden kann. Im Extremfall kann dies zu einer schlechten Veräußerbarkeit der gemeindeeigenen Grundstücke führen.

Mit der bis Ende letzten Jahres geltenden Verordnung über Ausnahmen vom Verbot der Bestellung von Sicherheiten zugunsten Dritter durch Gemeinden hatte das Innenministerium für diese Fälle bislang eine generelle Genehmigung erteilt. Die Regelung ist aber zum 31.12.2009 außer Kraft getreten, nachdem die Bezirksregierungen dem Innenministerium signalisiert hatten, dass die Regelung vor dem Hintergrund einer geringen Zahl von Anwendungsfällen entbehrlich sei. Dies bedeutet in der Konsequenz, dass seit dem 01.01.2010 die Belastung gemeindeeigener Grundstücke mit Grundpfandrechten zugunsten Dritter nicht mehr auf eine allseits akzeptierte Rechtsgrundlage gestützt werden kann.

Die Westfälische Notarkammer hatte ihre Mitglieder über das Problem der möglichen Unwirksamkeit der dinglichen Sicherungen informiert. Außerdem haben auch die beiden Sparkassenverbände die ihnen angeschlossenen Institute darauf aufmerksam gemacht, dass hier möglicherweise Darlehen nicht korrekt gesichert wurden.

Wir hatten uns nach Bekanntwerden der Probleme an das Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes NRW gewandt mit der Bitte, die für die kommunale Praxis wichtige Thematik im Sinne der alten Verordnung neu zu regeln. Das Ministerium für Inneres und Kommunales hat den Bezirksregierungen im November in einem Erlass Auslegungshinweise zu § 87 Abs. 1 GO NRW an die Hand gegeben, die darauf hinauslaufen, dass nach Sinn und Zweck der Vorschrift in dieser speziellen Konstellation Genehmigungen entbehrlich seien (Anlage).

Dieser Erlass hat leider nicht die gewünschte Rechtssicherheit herbeigeführt. So hat die Westfälische Notarkammer in einem Rundschreiben an ihre Mitglieder vom 16. November 2011 bereits erhebliche Zweifel an der Tragfähigkeit dieser Rechtsauffassung des Innenministeriums angemeldet. Auch die Grundbuchämter sind offensichtlich nicht bereit, pragmatische Lösungen mitzutragen. So hat beispielsweise das Grundbuchamt des Amtsgerichts Siegen in einem konkreten Fall Folgendes mitgeteilt: Aus Sicht des Grundbuchamtes stellt der Erlass des Innenministeriums lediglich eine Gesetzesinterpretation zu § 87 GO NRW dar, die für die Beurteilung durch die Gerichte keinerlei Bindungswirkung entfaltet. Um im Grundbucheintragungsverfahren Beachtung finden zu können, müsste eine neue Verordnung ergehen, die inhaltlich an die - zum 31.12.2009 ausgelaufene- bisherige Ausnahmeverordnung anknüpft.

Es bleibt dabei, dass das Grundbuchamt eine Vorwegbeleihung zu Lasten der Grundstücke von Städten und Gemeinden nur mit vorher erteilter Zustimmung der Aufsichtsbehörde eintragen wird. Diese Auffassung ist mit den übrigen Kollegen des Grundbuchamts abgestimmt und kann daher für den Bereich des Grundbuchamts Siegen als verbindlich angesehen werden.

Dies verdeutlicht den dringenden Handlungsbedarf in dieser Angelegenheit. Unseres Erachtens bietet es sich an, die (zwischen den kommunalen Verbänden unstreitige) 3 v. 3 rung im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zur Änderung des § 76 GO NRW mit zu vollziehen.

Für vertiefende Gespräche stehen wir jederzeit gerne zur Verfügung.

Nach Wegfall der Verordnung über Ausnahmen vom Verbot der Bestellung von Sicherheiten zugunsten Dritter durch Gemeinden haben sich bei einigen Gemeinden und Gemeindeverbänden Fragen zur Auslegung o.g. Vorschrift ergeben.

Ich gebe hierzu folgende Hinweise: Kommunale Grundstücke bzw. Erbbaurechte können bei ihrer Veräußerung zum Zwecke der Kaufpreisfinanzierung mit Grundpfandrechten belastet werden. Sofern der Kaufpreis vom Käufer unwiderruflich unmittelbar an die Gemeinde oder auf ein Notaranderkonto gezahlt wird, sind die Tatbestandsvoraussetzungen der o.g. Vorschrift nicht erfüllt.

Die Einräumung von Grundpfandrechten liegt in diesen Fällen ausschließlich im Interesse der Gemeinden an einer geschäftsüblichen und marktgerechten Abwicklung der Veräußerung. Die Gemeinde tritt hier nicht in eine Garantenstellung fremder Interessen ein, da die Grundpfandrechte nur unter Bedingung der Kaufpreiszahlung wirksam werden. Die Übernahme eines wirtschaftlichen Risikos zu Gunsten eines Dritten ist mit der Bestellung der Grundpfandrechte für die Gemeinden nicht verbunden. Eine aufsichtsbehördliche Genehmigung ist somit nicht erforderlich.

Ich weise in diesem Zusammenhang ausdrücklich darauf hin, dass im Übrigen Grundpfandrechtsbestellungen bei kommunalen Grundstücksverkäufen an Dritte, die nicht nach den oben erläuterten Ausgestaltungen besichert sind, einer Ausnahmeregelung nach § 87 Abs. 1 S.2 GO NRW bedürfen und ohne deren Erteilung nichtig sind (§ 130 GO NRW).