Übernachtungsteuer

Sehr geehrte Damen und Herren, für die Gelegenheit zu einer Stellungnahme anlässlich der Öffentlichen Anhörung zur sog. Übernachtungsteuer möchten wir uns bedanken.

Wir begrüßen die von den Ministerien für Inneres und Kommunales sowie für Finanzen des Landes Nordrhein-Westfalen erteilte Genehmigung zur Erhebung einer örtlichen Aufwandund Verbrauchsteuer auf Übernachtungen durch die Städte- und Gemeinden,

Das Recht zur Findung und Erhebung örtlicher Aufwand- und Verbrauchsteuern ist Ausdruck kommunaler Finanzautonomie. Vor diesem Hintergrund sind aus kommunaler Sicht schon im Grundsatz allenfalls nur solche Eingriffe in das Steuerfindungsrecht akzeptabel, die einen Rahmen für die Erhebung von örtlichen Aufwand- und Verbrauchsteuern setzen.

Der mit Schreiben vom 08.12.2010 übermittelte Fragenkatalog zur Anhörung stellt im Wesentlichen auf die beiden Fragen der abgabenrechtlichen Zulässigkeit sowie der steuerpolitischen Zweckmäßigkeit ab. Verwiesen sei hierzu im Einzelnen auf: Norbert Meier, Die Übernachtungsteuer ein Zwischenruf, ZKF 12/2010, S. 265 ff.; Andreas Mickisch, Die Übernachtungsteuer als neue kommunale Einnahmequelle, ZKF 8/2010, S. 169 ff., Klaus Rosenzweig, Kulturabgabe - eine neue Einnahmequelle für Not leidende Städte?, NST-N 4/2010, S. 72 ff.

Die seitens der Wirtschaftsverbände vorgetragene abgabenrechtliche Kritik am Konzept der Übernachtungsteuer konzentriert sich demgegenüber im Wesentlichen auf drei Thesen, die sich jedoch offenkundig als nicht stichhaltig erweisen.

· Die Belastung der beruflich veranlassten Übernachtungen sei unzulässig: Diese Argumentation lässt außer Acht, dass der Aufwand für Übernachtungen - wie bspw. auch der Aufwand für die persönliche Verpflegung - unabhängig vom jeweiligen Anlass stets in den Bereich privater Lebensführung fällt. Dies ergibt sich schon daraus, dass der Schlaf selbst unabhängig von der beruflichen Tätigkeit erfolgt. So ist bereits höchstrichterlich entschieden, dass auch im wesensgleichen Fall des Haltens einer Zweitwohnung aus beruflichen Gründen die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer zulässig ist.

Sollte die Rechtsprechung dennoch zu einer anderen Schlussfolgerung gelangen, würde auch dies nicht die Zulässigkeit der Übernachtungsteuer an sich in Frage stellen. Die betroffenen Kommunen müssten dann lediglich ihre Satzungen entsprechend modifizieren.

· Die Übernachtungsteuer sei gleichartig mit der Umsatzsteuer: Im DEHOGAGutachten wird diese These allein auf ein Urteil zur badischen Weinabgabe aus dem Jahre 1963 gestützt. Die Umsatzsteuer von 1963 hatte jedoch eine völlig andere Bemessungsgrundlage als die heutige Umsatzsteuer, da die Umsatzsteuer 1968 von einer Umsatzsteuer ohne Vorsteuerabzug in eine Umsatzsteuer mit Vorsteuerabzug umgewandelt worden ist. Die heutige Umsatzsteuer weist daher keine Gleichartigkeit mit dem Konzept der Übernachtungsteuer nach dem Kölner Satzungsbeispiel auf.

· Die Bettensteuer konterkariere das Ziel des Bundes, mit der Mehrwertsteuerermäßigungfür Übernachtungen das Beherbergungsgewerbe zu fördern und verstoße daher gegen die Grundsätze der Bundestreue / Widerspruchsjreiheit der Rechtsordnung:

Die wirtschaftspolitischen Zielsetzungen der Übernachtungsteuer einerseits und der Mehrwertsteuerermäßigung für das Übernachtungsgewerbe anderseits sind identisch beziehungsweise ergänzen sich wechselseitig. Die Mehrwertsteuerermäßigung verfolgt das Ziel, die Konkurrenzfähigkeit des deutschen Übernachtungsgewerbes im Bereich der Umsatzbesteuerung sicherzustellen (Verbesserung der Angebotspreise).

Die Übernachtungsteuer soll ergänzend dazu - vergleichbar dem Kurbeitrag und der Fremdenverkehrsabgabe - die Konkurrenzfähigkeit des örtlichen Übernachtungsgewerbes in Bezug auf die touristischen Infrastruktur stärken (Verbesserung der Aufenthaltsqualität für Übernachtungsgäste). Beide wirtschaftspolitischen Strategien, die Preis- und die Qualitätsstrategie, ergänzen sich insoweit wechselseitig.

Bei der Erhebung örtlicher Aufwand- und Verbrauchsteuem, wie etwa der Hunde-, der Vergnügungs- oder der Zweitwohnungsteuer, kommt es regelmäßig vor, dass die Recht- 3 sprechung einzelne der vielzähligen Möglichkeiten zur Satzungsgestaltung verwirft. Die betroffenen Kommunen reagieren hierauf dann zeitnah mit zielgenauen Nachbesserungen ihrer Steuersatzungen, um den jeweils neuen Anforderungen der Rechtsprechung gerecht zu werden. Ein solcher Nachbesserungsbedarf im Detail kann naturgemäß auch für die derzeit vorliegenden und zukünftigen Übernachtungsteuersatzungen nicht für jede einzelne Detailregelung ausgeschlossen werden. Allerdings ist ein solcher durch die Rechtsprechung mitgeprägter Prozess bei der Fortentwicklung des Abgabenrechts auch keine Besonderheit der örtlichen Aufwand- und Verbrauchsteuern. Dies gilt vielmehr für alle Steuern und Abgaben gleichermaßen und stellt insoweit keinen Hinderungsgrund für die Erhebung von Übernachtungsteuern dar.

2. Zur Zweckmäßigkeit der Erhebung:

Die Frage nach der Zweckmäßigkeit der Erhebung einer Übernachtungsteuer durch Kommunen, die den zweiten inhaltlichen Schwerpunkt des Fragenkataloges bildet, kann nur für jede Stadt oder Gemeinde gesondert beantwortet und nicht verallgemeinert werden. Die Antwort auf diese Frage hängt stets von den jeweiligen finanziellen, infrastrukturellen und wettbewerblichen Rahmenbedingungen vor Ort ab.

Hieraus folgt auch die Notwendigkeit, dass die Kommunen jeweils autonomen entscheiden können müssen, ob und in welcher Höhe sie eine Übernachtungsteuer einführen.

Ferner ist es zwingend erforderlich, dass die durch die Übernachtungsteuer zusätzlich generierten Einnahmen der Städte und Gemeinden auch bei diesen verbleiben und insoweit frei verwendet werden können, damit auch tatsächlich gezielt die Übernachtungen generierende Infrastruktur vor Ort aufrecht erhalten oder gar ausgebaut werden kann.

In der Praxis werden vor allem solche Städte und Gemeinden die Einführung einer Übernachtungsteuer erwägen, die einerseits relativ hohe Ausgaben für Übernachtungen generierende Infrastruktur tätigen und andererseits gerade aufgrund dieser Vorleistungen für die (Tourismus)-Wirtschaft einen Wettbewerbsvorteil im Kampf um Übernachtungsgäste aufweisen. Hierbei darf der Blick allerdings nicht allein auf die rein touristischen Leistungsangebote im engeren Sinn verengt werden. Auch die Teile der kommunalen Infrastruktur, die Städte und Gemeinden für Geschäfts- und (Weiter-)Bildungsreisen attraktiv machen, wie etwa kommunale Messe-, Kongress- und Weiterbildungsgesellschaften bis hin zum Unterhalt zeitsparender Verkehrsinfrastruktur, kommen immer auch in hohem Maße als Sondervorteil dem örtlichen Übernachtungsgewerbe zu gute. Eine Beteiligung des Übernachtungsgewerbes an den dafür getätigten Ausgaben der Kommunen ist insoweit auch eine Frage gerechter Lastenverteilung.

In Städten und Gemeinden, deren Übernachtungsbetriebe dagegen kaum von besonderen kommunalen Leistungsangeboten profitieren und daher einem verschärften Preiswettbewerb ausgesetzt sind, wird es in der Praxis nicht zur Einführung von Übernachtungsteuern kommen.

Der Blick auf die Städte und Gemeinden, die bisher eine Übernachtungsteuer eingeführt haben oder eine solche Einführung diskutieren, lässt eindeutig erkennen, dass eine solche Abwägung in der kommunalen Praxis stets vorgenommen wird. Bisher haben also ausschließlich solche Kommunen die Einführung einer Übernachtungssteuer eingehender geprüft, die - bedingt durch gute kommunale Infrastruktur - erfolgreich im Wettbewerb um touristisch und beruflich bedingte Übernachtungsgäste positioniert sind.

Vor diesem Hintergrund muss die Diskussion und Auseinandersetzung über das Für und Wider der Einführung einer Übernachtungsteuer stets in den jeweiligen Kommunen und auch dort entschieden werden.

Wir fordern daher Landtag und Landesregierung auf, die Städte- und Gemeinden auch weiterhin bei der Entwicklung dieses neuen Finanzierungsinstrumentes zu unterstützen und damit zugleich die bereits getroffenen Abwägungen und Entscheidungen der kommunalen Interessenvertreter in den Stadt- und Gemeinderäten in dieser Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaften zu respektieren.

Mit freundlichen Grüßen Dr. Martin Klein Hauptgeschäftsftihrer Dr. Stephan Articus Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Städtetages Nordrhein-Westfalen des Landkreistages Nordrhein-Westfalen Dr.