Finanzmanagement
Haushaltssanierungsplans die Herstellung des Haushaltsausgleichs zum nächstmöglichen Zeitpunkt (wie nunmehr auch in Nordrhein-Westfalen wieder beabsichtigt) vorgegeben. Angelehnt an den Zeitrahmen, innerhalb dessen die Bundesländer nach den Vorgaben des Grundgesetzes über die Schuldenbremse ihre Haushalte auszugleichen haben, hat das Innenministerium in seinem Erlass für die Haushalts- und Finanzwirtschaft 2011 als Ziel des Haushaltssanierungsplanes die Erreichung des Ausgleichs der kommunalen Haushalte bis spätestens 2020 vorgegeben. Mithin wäre ab 2011 eine Verringerung des strukturellen Defizits der Kommunen um jährlich 10 v.H. erforderlich. Allerdings begnügt sich das Innenministerium für 2011 mit Haushaltssanierungsmaßnahmen LH.v. lediglich 5 % des Haushaltsdefizits und verzichtet unter Hinweis auf den benötigten zeitlichen Vorlauf in diesem Jahr auf die Erstellung eines förmlichen Haushaltssanierungsplans. Von den Kommunen, die zur Erstellung eines Haushaltssanierungsplans nicht verpflichtet sind, erwartet die Kommunalaufsichtsbehörde mit Blick auf die Erhaltung ihres Eigenkapitals Einsparungen in Höhe der Hälfte der vorgenannten Einsparvolumen.
Zu 6. Das Neue Kommunale Finanzmanagement (NKF) hat keine Einflüsse auf die bilanzielle Überschuldung der Kommunen im Sinne einer Ursachensetzung. Vielmehr macht das NKF durch das Gegenüberstellen von Vermögen und Schulden die finanzielle Lage einer Kommune transparent. Darüber hinaus ist es ein Gebot der intergenerativen Gerechtigkeit, dass die Kommunen die Ressourcen, die sie verbrauchen, auch selbst erwirtschaften.
Deshalb ist es unabdingbar, Abschreibungen und Rückstellungen in den Bilanzen auszuweisen, um so deutlich zu machen, wie viele Ressourcen tatsächlich verbraucht werden und was durch die Kommune deshalb zum Haushaltsausgleich zu erwirtschaften ist. Zwar ist zu konstatieren, dass insbesondere Abschreibungen und Rückstellungen Belastungen kommunaler Haushalte darstellen, allerdings würde eine bloße Nichtausweisung (wie unter kameralem Haushaltsregime) nicht zu einer tatsächlichen Gesundung der kommunalen Finanzen führen, sondern Defizite lediglich verschleiern.
Bezüglich der Einführung des NKF hat eine Evaluation seitens der Landesregierung stattgefunden, an der sich die GPA NRW beteiligt hat. Die gesetzliche Umsetzung der Erkenntnisse ist der Initiative des Landtags bzw. der Landesregierung vorbehalten.
Zu 7. Die Quantifizierung der Anteile exogener und endogener Ursachen an den finanziellen Schieflagen kommunaler Haushalte ist umfassend kaum leistbar. Zwar lassen sich aus einer Zeitreihenentwicklung der Jahresergebnisse einige exogene Einflüsse - wie z. B. konjunkturbedingte Einnahmerückgänge - zumindest näherungsweise quantifizieren. Bei anderen exogenen Faktoren ist dies weitaus schwieriger. Allerdings ist die Annahme verfehlt, alle Pflichtaufgaben (zur Erfüllung nach Weisung) seien als exogene (also anderweitig verursacht LS.d. Frage) Aufwandstreiber allein für die Haushaltsdefizite der Gemeinden verantwortlich.
Aus den Prüfungen der GPA NRW ergibt sich das Bild, dass die Frage, wie, also mit welchem Aufwand, eine Pflichtaufgabe erfüllt wird, äußerst unterschiedlich ist. Dazu mag ein Beispiel aus der Praxis dienen. Bei den Erzieherischen Hilfen wurden bei den Städten Ausgabeverhalten ermittelt, die teilweise sehr stark voneinander abweichen. So bewegte sich in diesem Prüfgebiet die Bandbreite bei den Ausgaben pro Einwohner ungefähr zwischen 37,00 und 106,00 und bei den Fallkosten zwischen ca. 12.000 und 27.000. Auch in anderen Untersuchungsfeldern wurden ähnliche Bandbreiten der Finanzaufwendungen bei der Aufgabenerfüllung festgestellt. Dieser differierende Ressourceneinsatz ist nur durch Unterschiede in den kommunale Strukturen nicht (mehr) zu erklären, sondern auch durch eine unterschiedlich optimale Organisation der Aufgabenwahrnehmung, also einen endogenen, steuerbaren, Faktor.
Bei einer Quantifizierung der selbst- und fremdverschuldeten Anteile am jeweiligen Haushaltsdefizit reicht also eine Unterscheidung der kommunalen Aufgaben in freiwillige und Pflichtaufgaben nicht aus. Vielmehr müsste das gesamte Aufgabenportfolio in steuerbare und nicht steuerbare Leistungen und Wirkungen eingeteilt werden. In Teilbereichen versucht die GPA dies zu leisten. Für den gesamten kommunalen Aufgabenbestand ist dies mit darstellbarem Aufwand jedoch nicht möglich.
Zu 8. Die Pflicht zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes trifft jede Kommune, die nicht in der Lage ist, einen in Aufwänden und Erträgen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Dieser gesetzliche Regelungsmechanismus trifft keinerlei - auch nicht implizite - Aussage über die Ursachen des unausgeglichenen Haushaltes. Vielmehr korrespondiert mit dem Recht der kommunalen Selbstverwaltung auch die Pflicht der Kommunen, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen, da sie nur so dauerhaft ihre finanzielle Lage sichern und den Weg in die weiter zunehmende Verschuldung vermeiden können. Dies ist eine der Grundbedingungen, um Selbstverwaltung zukunftssicher gestalten zu können.
Zu 9. Der andauernde Verbleib in der vorläufigen Haushaltsführung mit ihren im Gesetzentwurf aufgeführten Restriktionen ist eine der stärksten, verfassungsrechtlich gleichwohl zulässigen, Einschränkungen des Rechts auf kommunale Selbstverwaltung.
Politikpraktisch gibt es verschiedene Reaktionsmöglichkeiten darauf. Einerseits besteht die Gefahr, dass eingeleitete Konsolidierungsbemühungen nicht mehr mit Nachdruck verfolgt werden, da das Ziel, die Haushaltswirtschaft wieder in eigener Verantwortung führen zu können, dauerhaft nicht zu erreichen ist. Andererseits scheint auch die Gefahr auf, es sich in der vorläufigen Haushaltsführung bequem zu machen, sich aber zumindest mit ihr zu arrangieren. Dies erfolgt nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund, dass einige der schärfsten Restriktionen in den letzten Jahren zumindest teilweise aufgeweicht worden sind (z.B. durch die Schaffung von Beförderungskorridoren oder die Zulässigkeit energetischer Sanierungsmaßnahmen).
Beide Reaktionsmuster treffen vor allem auf Kommunen zu, die sich teilweise bereits seit Jahren in der vorläufigen Haushaltsführung befinden.
Gerade in Kommunen, die sich dieser Situation erstmals oder wieder ausgesetzt sehen, sind große Bemühungen erkennbar, durch weitere eigene Konsolidierungsbeiträge die vorläufige Haushaltsführung schnellstmöglich wieder zu verlassen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass für die betreffenden Räte und Verwaltungen, vor allem aber auch für die Bürger, ein Licht am Ende des Tunnels sichtbar ist. Dies hängt auch davon ab, aus welchen Gründen das Haushaltsdefizit entstanden ist, vgl. Frage 7.
Zu 10. Das in der Praxis gelebte Recht der vorläufigen Haushaltsführung nimmt teilweise vor allem langfristige Wirkungen von Konsolidierungsmaßnahmen nicht in den Blick. Sparanstrengungen, die zwar kurzfristig den Haushalt entlasten, langfristig jedoch in der Gesamtbetrachtung zu Mehraufwand führen, sind nicht nachhaltig und tragen nicht zur strukturellen Haushaltskonsolidierung bei. Hierzu können im Einzelfall der Verzicht auf notwendige Unterhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen und Investitionen sowie demotivierende Restriktionen im Personalbereich gehören. Solche sind jedoch nicht nur auf das aktuelle Nothaushaltsrecht zurückzuführen, sondern liegen auch in der Verantwortung der Kommune selbst. Nachhaltige, strukturelle Einschnitte im Leistungsportfolio wirken sich zum einen oftmals erst langfristig haushaltsentlastend aus und sind zum anderen häufig politisch schwerer durchsetzbar als kurzfristig ausgerichtete Einsparmaßnahmen.
Darüber hinaus verstellt das Nothaushaltsrecht (aus seiner inneren Logik heraus folgerichtig) den Blick auf die Wirkungen von zusätzlichen, teilweise freiwilligen Leistungen. So liegen der GPA NRW Erkenntnisse aus Prüfungen vor, dass sich beispielsweise zusätzliche Präventionsmaßnahmen im Bereich der Jugendhilfe (Hilfen zur Erziehung) in einer längerfristigen rechnen.