Gemeindefinanzierung

Der IHK NRW ist die schwierige Finanzsituation vieler Kommunen bekannt. So haben einige Städte bereits ihr gesamtes Eigenkapital aufgebraucht oder stehen kurz davor (z. B. Duisburg, Hagen, Oberhausen). In der Folge gilt für diese Gemeinden in aller Regel Nothaushaltsrecht. Andere Städte (z. B. Düsseldorf, Langenfeld) haben sich aus eigener Kraft entschuldet und legen auch in Krisenjahren (zumindest formal) ausgeglichene Haushalte vor.

Die Probleme bei der Gemeindefinanzierung sind nicht monokausal zu erklären. Wesentliche Ursachen liegen in den laufend gestiegenen Sozialausgaben und anderen neuen Aufgaben, z. B. in der Kleinkinderbetreuung ohne ausreichende Finanzierung, sowie in einer jahrelangen Schuldenfinanzierung laufender Ausgaben. Die internationale Finanzkrise hat die finanziellen Schwierigkeiten der Gemeinden verstärkt, ist aber nicht die Ursache.

Im Vergleich zu den beiden süddeutschen Ländern geben die nordrhein-westfälischen Kommunen z. B. deutlich mehr aus, und zwar 300 Euro pro Einwohner. Selbst im gesamtdeutschen Vergleich tut sich eine beträchtliche Schieflage auf: Hier beläuft sich der Mehraufwand auf 164 Euro pro Einwohner. Weshalb viele Kommunen aus NRW im Vergleich mehr ausgeben, entzieht sich der Kenntnis der IHK NRW.

Die meisten Kommunen haben folglich in erster Linie ein Ausgabenproblem und erst in zweiter Linie ein Einnahmenproblem. Das Einnahmenproblem ist nichtsdestotrotz für die Wirtschaft als Hauptsteuerzahler zentral. Die Instabilität der Gewerbesteuer erschwert eine solide Steuer- und Haushaltspolitik. Sie ist jedoch eine wachstumsstarke Steuer, auf die Kommunen angesichts der zunehmenden Haushaltsdefizite zum Zwecke der allgemeinen Haushaltssanierung kaum verzichten wollen. Gleichwohl lassen sich die Einnahmen der Städte und Gemeinden nur durch eine umfassende Reform der Kommunalfinanzen verstetigen. Deshalb spricht sich die gewerbliche Wirtschaft weiterhin für eine Neuordnung der Kommunalfinanzen unter Verzicht von Substanzelementen bei der Gewerbesteuer aus. Der Reformbedarf ist dringender denn je.

Eine nachhaltige Gesundung der Gemeindefinanzen in Nordrhein-Westfalen kann nicht ohne Mitwirkung des Landes und des Bundes erreicht werden. Diese Erkenntnis gilt unabhängig davon, in wie weit die Nothaushaltskommunen ihre Finanzlage selbst verschuldet haben oder nicht. Bund, Land NRW und die Kommunen müssen deshalb gemeinsam eine IHK NRW - Die und Handeiskammern in Nordrhein-Westfalen neue Stabilitätskultur auf den Weg bringen. Es besteht dringender Handlungsbedarf, weil viele Kommunen ihre Kassenkreditschulden immer schneller wachsen lassen und ihr Eigenkapital verbrauchen.

Gesetzentwurf der Fraktionen

Die Gesetzesinitiative von SPD und Bündnis90/Die Grünen zur Änderung des § 76 der Gemeindeordnung ist aus Sicht der Wirtschaft der falsche Weg, um auf Dauer zu gesunden Kommunalhaushalten zurückzukehren. Eine Verlängerung des Zeitraums, in denen der Haushaltsausgleich darzustellen ist, greift schlichtweg zu kurz. Bereits schon jetzt sind die Planungen in den Kommunalhaushalten mit erheblichen Risiken verbunden, sei es bei den Steuereinnahmen oder bei den Ausgaben, die in Folge neuer Gesetzesinitiativen (z.B. drittes beitragsfreies Kindergartenjahr) entstehen; Kostenfolgeabschätzungen sind oftmals mit ihrer Prognose in der Realität nicht eingetroffen. Aus Sicht der Wirtschaft scheint es nicht sinnvoll, die strukturellen Haushaltsprobleme auf einen längeren Finanzplanungszeitraum zu strecken. Je länger die kommunalen Haushaltsprobleme in die Zukunft verschoben werden, desto einschneidender werden die notwendigen Maßnahmen, zum Nachteil von Bürger und Wirtschaft.

Es ist den Unternehmen nicht gleichgültig, wenn zahlreiche Städte in NRW immer handlungsunfähiger werden, kurz vor der Überschuldung stehen und deshalb zunehmend an der Steuer- und Abgabenschraube drehen. Denn die Wirtschaft ist angewiesen auf gute und verlässliche Standortbedingungen vor Ort. Hierzu gehören die Hebesätze für die Gewerbesteuer und die Grundsteuer B sowie die Abgaben- und Gebührensätze, insbesondere für die Müll- und Abwasserentsorgung. Und die Unternehmen benötigen eine Infrastruktur vor Ort, die das Wirtschaften erst möglich macht: Das sind gute Verkehrswege sowie Flächen für Händler und Dienstleister, insbesondere aber auch Produktionsflächen für die Industrie.

Das Steuergeld zur Finanzierung öffentlicher Leistungen muss zunächst erwirtschaftet werden, bevor es zur Finanzierung kommunaler Aufgaben verwendet werden kann. Es ist zu befürchten, dass mit der jetzt beabsichtigten Verlängerung des Konsolidierungszeitraums über eine Wahlperiode im Stadt- oder Gemeinderat hinweg, zeitnah notwendige Korrekturen nicht vorgenommen werden.

Bislang hat nach Auffassung der IHK NRW die Kommunalaufsicht des Landes Nordrhein Westfalen der Entwicklung nicht entschieden genug entgegengewirkt. Es besteht zumindest teilweise ein Vollzugsdefizit. Die Mittel einer Ersatzvornahme oder einer Entsendung eines Beauftragten wurden beispielsweise nur selten eingesetzt.

Mit der Gesetzesinitiative werden nunmehr unklare Genehmigungsvoraussetzungen geschaffen. Welche Auflagen bei einer Umsetzung der Gesetzesinitiative gemeint sind, ist für die Wirtschaft höchst unklar und kann zu Irritationen bzw. im extremen Fall zu Ungleichbehandlungen führen. Anstatt das oben erwähnte Vollzugsdefizit aufzulösen und die Kommunalaufsicht zu stärken, wird die Gemeindeordnung an das Vollzugsdefizit angepasst. Dies kann nicht im Interesse der Unternehmen in NRW sein, die den Staat dazu anhalten wollen, Steuern sparsam und effizient einzusetzen. Die Industrie- und Handeiskammern in Nordrhein-Westfalen rer Vorgaben an die Kommunalaufsicht, die sinnvoller weise durch Plausibilitätsprüfungen ergänzt werden.

In Anlehnung an die Planungshorizonte von Bund und Land ist es nicht sinnvoll, auf der untersten Ebene abweichende Planungszeiträume zu ermöglichen. Die Zuweisungen von Bund und Land stellen elementare Bausteine der kommunalen Haushaltsplanung dar. Ohne feste planbare Bezugsgrößen sind alle Planungen auf kommunaler Ebene zur Darstellung des Haushaltsausgleichs mit erheblichen Unsicherheiten verbunden und kaum durch die örtlichen Kämmereien leistbar. Es wäre fatal, angesichts einer ausufernden Zunahme der Kassenkredite Konsolidierungszwänge in die Zukunft zu verschieben. Die Verschuldung von Bund, Ländern und Kommunen ist ein gesamtstaatliches Problem. Die neue grundgesetzlich verankerte Schuldenbremse für den Bund und die Bundesländer, die sich auch auf das Finanzgebaren der Kommunen auswirken wird, ist zu begrüßen. Dabei darf es natürlich nicht zu einer Verschiebung der Schulden von Bund und Land hin zur kommunalen Ebene kommen. Erst unter dieser Bedingung lassen sich kurzfristige Konsolidierungsbemühungen auf kommunaler Ebene rechtfertigen.

Fazit:

Aus Sicht der Wirtschaft ist es nicht sinnvoll, die bisherigen Vorgaben der Gemeindeordnung aufzuweichen. Vielmehr sind zunächst flexiblere Möglichkeiten der Kommunalaufsicht - und damit der Kommunen - auf dem Erlasswege zu suchen. Insgesamt sollten aber die Ergebnisse in der Gemeindefinanzreformkommission und die Gutachterergebnisse zur Ausgestaltung der Konsolidierungshilfen abgewartet werden. Ein Vorziehen einzelner Bausteine zum jetzigen Zeitpunkt wäre kontraproduktiv.