Studiengang

DEUTSCHE POLIZEIGEWERKSCHAFT im Deutschen Beamtenbund - Landesverband Nordrhein-Westfalen Dr.-Alfred-Herrhausen-Allee 12 06.

Sehr geehrte Damen und Herren, die Deutsche Polizeigewerkschaft NRW bedankt sich für die Möglichkeit der Stellungnahme.

Aus Gründen der einfacheren Lesbarkeit wurde bei Personenbezeichnungen auf eine geschlechterspezifische Differenzierung (z.B. Beamte/-innen) verzichtet. Soweit in der nachfolgenden Stellungnahme jeweils nur eine der beiden geschlechtsspezifischen Varianten genannt ist, soll dies im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für beide Geschlechter gelten.

Zurzeit (aktueller Stand 05/2011) befinden sich in Afghanistan bei der Projektgruppe Polizeiliche Aufbauhilfe Afghanistan - German Police Projekt Team GPPT - 181

Polizeibeamte aus Deutschland, davon 29 aus Nordrhein-Westfalen.

Zielsollstärke sind 200 Beamte.

Bei EUPOL AFG - European Union Police Mission - finden zurzeit 26 deutsche Polizeibeamte Verwendung, 4 davon aus Nordrhein Westfalen.

Zielsollstärke wäre hier 40 Beamte. Beginnend im Jahr 2002 mit der Schaffung eines Projektes zum Wiederaufbau in Kabul, wurden deutsche Polizisten auch in Mazar-e Sharif, Kunduz und Feyzabad eingesetzt. Deutschland beteiligte sich ab Mitte 2007 zunächst bei EUPOL durch die Entsendung von Experten und schließlich folgend im GPPT. Der Schwerpunkt liegt in einer Vielzahl von Aus- und Fortbildungsmaßnahmen in den Trainingszentren Mazar-e Sharif, Kunduz und Feyzabad und seit Mitte 2010 auch in Kabul und im FDD Focused District Development Programm - in ausgewählten Distrikten in Nordafghanistan.

Auf Bundesebene (Bundeskabinett) wird entschieden, ob und in welcher Form sich die Bundesrepublik beteiligt. Polizisten aus NRW werden für die Zeit der Auslandsverwendung zur Bundespolizei abgeordnet. Das Bundespolizeipräsidium/ BMI entsendet dann in Folge die Polizisten zu den Auslandseinsätzen.

Internationale Polizeimissionen werden intensiv vorbereitet, begleitet und nachbereitet.

Das gewährleistet die Bund- Länder Arbeitsgruppe Internationale Polizeimissionen AG IPM-, die auf der Innenministerkonferenz 1994 ins Leben gerufen wurde. Der Einsatz deutscher Polizisten erfolgt ausschließlich auf freiwilliger Basis. Die Verwendung im Auslandseinsatz ist in der Regel auf 12 Monate beschränkt.

Im Falle einer veränderten Sicherheitslage oder auch bei Ad hoc Lagen werden unverzüglich alle Maßnahmen getroffen, um die Sicherheit der eingesetzten Polizisten zu gewährleisten.

In Nordrhein-Westfalen hat das Bildungszentrum Brühl eine besondere Rolle übernommen.

Es ist eines von bundesweit nur drei Trainingszentren für die umfassende Vorbereitung deutscher Polizisten auf Auslandseinsätze. Die beiden anderen Standorte sind die Bundespolizeiakademie in Lübeck und die Akademie der Polizei Baden-Württemberg in Wertheim. Das Bildungszentrum Brühl wurde im Jahre 2010 neben der Bundespolizeiakademie Lübeck als eines der beiden ersten Trainingszentren weltweit von den Vereinten Nationen zertifiziert. Dort wurden und werden auch immer wieder Polizisten anderer Länder, u.a. aus den Niederlanden, der Schweiz und Japan auf den Missionseinsatz vorbereitet. Beim internationalen Austausch der Trainingszentren nimmt Brühl einen herausragenden Platz ein und steht für das besondere Engagement von NRW im Bund-Länder Gefüge.

Wünschenswert wäre ein größerer Anteil von Polizeibeamten des höheren Dienstes im Auslandseinsatz.

Deutschland hat sich innerhalb der EU im Jahre 2000 verpflichtet, zeitgleich bis zu 910

Polizeibeamte in Internationale Einsätze zu entsenden. Derzeit (Stand OS/2011) befinden sich lediglich etwa 340 Polizisten im Einsatz. Deutschland ist in den Führungs- und Schlüsselpositionen bei der EU und UN, gemessen am Beitrag, unterrepräsentiert. Nur wenn man dauerhaft solche Positionen besetzt, kann man Einfluss auf den Kurs einer Mission nehmen und im positiven Sinne mit gestalten.

Exekutivmissionen wie im Kosovo von 1999 werden zur Seltenheit - Missionen wie Afghanistan erfordern eine erstklassige Beratung, beispielsweise von Führungskräften der nationalen Polizei und im jeweiligen Innenministerium. Es sind verstärkt erfahrene und hochrangige Spezialisten gefordert, die sich sprachlich und fachlich sicher auf dem internationalen Parkett bewegen können.

Um diese zu gewinnen, bedarf es auch einer fortschreitenden Internationalisierung unserer polizeilichen Aus- und Fortbildung. Grundvoraussetzung ist die sichere Beherrschung der englischen Sprache.

Neben der schon jetzt sehr guten unmittelbaren Einsatzvorbereitung ist eine weiterführende und länger währende Qualifizierung zur Erreichung von Spitzenpositionen in Missionen unabdingbar. Die im letzten Jahr diskutierte und fälschlicherweise aufgeschobene Einführung eines zweiten Studienganges internationales polizeiliches Sicherheitsmanagement an der Deutschen Hochschule der Polizei wäre hierfür geeignet gewesen und sollte erneut in Angriff genommen werden.

Über die Ermöglichung von Auslandskarrieren, Einrichtung entsprechender Stellenpools und weitere Anreize sollte nachgedacht werden.

Wenige, aber gut platzierte, deutsche Polizisten in Einsatzgebieten des internationalen zivilen Krisenmanagements können auch für unsere Sicherheit in Deutschland und NRW sehr viel bewirken.

Deutsche Polizisten beteiligen sich in Afghanistan an Infrastrukturprojekten und leisten Ausbildungs- und Ausstattungshilfe für die afghanische Nationale Polizei und Grenzpolizei. Ziel ist der Aufbau einer tragfähigen und effektiven Polizeistruktur unter afghanischer Führung und zur Stabilisierung der Sicherheitslage insgesamt.

Die afghanische Regierung wird dabei für eine angestrebte Polizeireform unterstützt und beraten.

Polizeibeamte aus NRW tragen dazu einen erheblichen Teil bei.

In den Trainingszentren werden jährlich etwa 5000 afghanische Polizisten aus - und fortgebildet. Dies macht etwa 10% des gesamten internationalen Engagements aus.

Deutsche Trainingscurricula werden dabei als Standard für nahezu alle Ausbildungen genutzt. In den eingerichteten Trainingszentren in Mazar-e Sharif, Kunduz und Feyzabad werden die Kapazitäten ständig erweitert. Im Trainingszentrum in Kabul wird ausschließlich das Programm Train the Trainer durchgeführt.

Gerade die Aus- und Fortbildung von afghanischen Führungskräften durch politische Bildung und Förderung von Schreiben und Lesen ist eine der Säulen, um Veränderungen herbeizuführen und eine akzeptierte und professionelle afghanische Polizei aufzubauen.

Es gibt natürlich auch Probleme vor Ort, das ist unbestritten.

Korruption, Drogen, Akzeptanz der Polizei in der Bevölkerung, die so genannte Rechtsprechung durch Stammesälteste, alles Faktoren, die sich in langer Zeit verfestigt haben und die es zu bekämpfen gilt.

Laut Fortschrittsbericht Afghanistan wurden wesentliche Institutionen neu geschaffen.

Gleichwohl beeinträchtigt der bisher verfestigte Staatsaufbau noch diesen beginnenden positiven Prozess. Erst wenn sich das ändert, wird in der Bevölkerung ein Umdenken stattfinden können. Das muss weiter gefördert und unterstützt werden.

Das Land benötigt eine unabhängige Verwaltung und Justiz, damit es überhaupt zu Veränderungen kommen kann.

Wahrscheinlich wird die angestrebte Zahl ausgebildeter afghanischer Polizisten nicht erreicht werden, aber ein Land wie Afghanistan kann man auch nicht von heute auf morgen auf rechtsstaatliche Säulen stellen. Das gelingt nur über Bildung und Akzeptanz.

Damit nicht gerade ausgebildete Polizisten zu Warlords wechseln, muss auch eine angemessene Bezahlung gesichert werden.

Bildung ist und bleibt der Schlüssel für Veränderungen! Allerdings muss man die Zeit haben, damit sich das auch verfestigen kann.

Ein häufig verwendeter und zitierter Spruch eines Afghanen lautet: Ihr habt die Uhren, wir haben die Zeit! Dieser Satz beschreibt es treffend.

Dass afghanische Polizisten auch im Kampf gegen Aufständische zusammen mit dem Militär eingesetzt werden, ist unbestritten. Aber gerade unsere Polizisten sollen ja durch ihre Ausbildung vor Ort und einer angestrebten Polizeireform dafür sorgen, dass die Polizei entmilitarisiert wird.

Sie sorgen dafür, dass ein Verständnis intern und so auch in der Bevölkerung für eine zivile rechtsstaatliche Polizei entsteht.

Solange die Sicherheitslage die Fortführung der polizeilichen Missionen zulässt, verdienen die Kolleginnen und Kollegen vor Ort die volle Unterstützung der Politik, verbunden mit durchdachten Konzepten und einer entsprechend guten Ausstattung.

Die Bundeswehr unterstützt die deutschen Polizisten vor Ort. Solange ein militärischer Schutz und eine Zusammenarbeit gewährleistet ist, können auch so zunächst ständig evaluierte neue Schutzkonzepte angewandt werden. Wäre kein militärischer Beistand durch die Bundeswehr oder Nato-Einheiten mehr gewährleistet, müsste das Konzept neu überdacht werden. Das eine wird ohne das andere nicht funktionieren.

Bisher wurde viel erreicht. Ein Abzug würde das alles rückgängig machen, das Land und die Menschen erneut sich selbst überlassen und in Chaos verfallen. Nordrhein Westfalen hat eine Spitzenrolle in Afghanistan übernommen. Unsere Kolleginnen und Kollegen leisten dort selbstlose Arbeit. Sie glauben an Ihre Aufgabe und sehen die Erfolge vor Ort, sie verdienen Ihre und unsere Unterstützung.

Ein Abzug zum jetzigen Zeitpunkt sollte daher, bei unveränderter Sicherheitslage, nicht thematisiert werden.

Deutschland insgesamt hat mit Bundeswehr, Bundespolizei und der Länderpolizei Verantwortung übernommen. Deutsche Projekte sind international anerkannt.

Polizeiliche Ausbildung genießt internationalen hohen Stellenwert.