JVA

Guido Schäferhoff JVA Werl

7. War die bisherige Regelung (Offenbarungspflicht) Gegenstand von Beschwerden einzelner Häftlinge?

Mir sind solche Beschwerden aus eigenem Erleben oder durch Schilderung anderer Bediensteter nicht bekannt.

8. War die bisherige Regelung Gegenstand von Eingaben an die Gefangenenmitverantwortung (GMV)? Eingaben an die GMV, die diese Regelung betreffen, sind meines Wissens bisher nicht gemacht worden.

9. Wird und wenn ja, wie, der Kondom-Erlass des NRW-Justizministeriums vom 11.03.1998 in den JVAen umgesetzt?

Keine spezifische Aussage über die Umsetzung in den einzelnen JVAen des Landes NRW möglich.

10. Wie gestaltet sich die Bereitstellung von Schutzmöglichkeiten (Kondome und Gleitmittel) von sexuell übertragbaren Infektionen für am Umschluss teilnehmende Gefangene in der Praxis der einzelnen Justizvollzugsanstalten?

Die Bereitstellung von Schutzmöglichkeiten erfolgt über verschiedenste Wege.

- Abteilungsbüro (Ansprechpartner ist z. B. der jeweilige Abteilungsbeamte)

- Suchtberater/in (Soziale Dienste)

- GMV (Anstaltssprecher)

- ärztlicher Dienst

- Besuchsabteilung (z. B. für Langzeitbesuche) 11. Muss danach gefragt werden, stehen sie in einem bewachten oder unbewachten Raum?

Erfolgt der Zugriff anonym und kostenlos?

Kondome können je nach Offenheit des Insassen sowohl diskret wie auch offen über die unter Pkt. 10 genannten beschafft werden. Die Ausgabe ist stets kostenfrei.

Ein direkter und damit unkontrollierten Zugriff auf Kondome - beispielsweise über allgemein zugängliche Entnahmestellen ist auf Grund der verschiedenen Sicherheitsaspekten und den sich daraus ergebenden Organisationsbedürfnissen sowie der unterschiedlichen Klientel innerhalb der Anstalten vermutlich nicht in allen Vollzugsanstalten eingerichtet.

12. Wie erfolgt die Finanzierung der Verhütungsmittel?

Die Finanzierung der Verhütungsmittel erfolgt überwiegend aus Landesmitteln.

Teilweise werden auch die Angebote der Stiftung Aidshilfe wahrgenommen, die Kondome kostenfrei anbieten.

13. Werden die Zellen von HIV-Positiven Insassen in irgendeiner Form gekennzeichnet?

Z. B. mit Aufklebern an den Türen?

Eine Kennzeichnung der Haftraumtüren erfolgt nicht.

14. Gibt es in Haftanstalten Situationen, in denen es Seitens der Bediensteten im Umgang mit Häftlingen zu Situationen kommen kann, in denen bei Kenntnis einer HIV-Infektion des

Guido Schäferhoff JVAWerl Gefangenen die Bediensteten sich besser schützen und generell den Umgang mit Gefangenen anders handhaben würden.

Allgemein ist anzumerken, dass Schutzmaßnahmen von Seiten der Bediensteten nicht nur gegenüber infizierten Insassen, sondern gegenüber sämtlichen Gefangenen getroffen werden. Insofern ist eine Unterscheidung von Insassen mit oder ohne Infektionskrankheiten letztlich entbehrlich.

15. Gibt es im Haftalltag Geschehensabläufe, wie z. B. tätliche Auseinandersetzungen, bei denen sich Gefangene untereinander oder Bedienstete so verletzen, dass z. B. Platzwunden mit Blutverlust eintreten?

Neben körperlichen Auseinandersetzungen zwischen Insassen oder sog. häuslichen Unfällen (z. B. Putzen des Haftraumes, Ungeschicklichkeiten etc.) gibt es eine Reihe weiterer Situationen, in denen es zu Platzwunden mit Blutverlust kommen könnte. Dazu zählen diverse Sportverletzungen ebenso wie Verletzungen am Arbeitsplatz mit Arbeitsgeräten und Maschinen.

Verletzungsrisiken für Bedienstete bestehen bei Übergriffen durch Insassen, der Anwendung unmittelbaren Zwanges sowie bei der Durchsuchung des Haftraumes oder mitgeführter Gegenstände (z. B. Verletzung durch Tätowiernadeln oder aus Einwegrasierern herausmontierte Klingen).

Gab es im Haftalltag Situationen im Umgang mit Gefangenen, in denen diese den Bediensteten mit der Infektion einer ansteckenden, mitunter tödlichen Krankheit drohten?

Mir sind solche Situationen aus eigenem Erleben oder durch Schilderung anderer Bediensteter nicht bekannt.

11. Halten Sie in diesem Zusammenhang die Ausgabe von Spritzen mit Nadeln an Gefangene für richtig?

Grundsätzlich halte ich die Ausgabe von Spritzen und Nadeln an Insassen für eine potentielle Gefahr sowohl für Bedienstete wie auch Mitinsassen.

Denkbar ist, dass ein Teil der Gefangenen auch nach Einführung der Spritzenvergabe und der notwendigen Aufklärung über die Risiken das riskante needle sharing weiter betreiben wird, denn längst nicht alle werden sich vermutlich zum Drogenkonsum bekennen, um an sterile Spritzen zu gelangen. Unter Berücksichtigung der jeweiligen Klientel und den unterschiedlichsten Sicherheitsbedürfnissen der Haftanstalten könnte eine Spritze durchaus auch als Waffe eingeschätzt werden.

Bei den Haftraumkontrollen durch die Bediensteten des allgemeinen Vollzugsdienstes steigt vermutlich die Gefahr der Selbstverletzung an gebrauchten Spritzen, denn diese würden ja nicht offen und für jeden Bediensteten ersichtlich im Haftraum herumliegen. Verstöße gegen das sind schließlich auch im Strafvollzug strafbar.

Um dem Vollzugsziel gerecht zu werden, ist es m. E. besser, wenn der Vollzug in NRW sich weiterhin darauf konzentriert, drogenabhängige Gefangene auf Betreuungs- und Behandlungsmöglichkeiten (z. B. Substitutionsprogramme) anzusprechen und sie zu einer Behandlung zu motivieren.

Guido Schäferhoff JVAWerl

Wie oft kam es in den vergangenen Jahren zu tätlichen Auseinandersetzungen zwischen Gefangenen (z. B. in gemeinschaftlich genutzten Duschräumen) zu denen Vollzugsbeamte hinzu gerufen wurden?

Keine spezifische Aussage möglich.

Hierzu führt das Justizministerium des Landes NRW entsprechende Erhebungen.

19. Gab es in der Vergangenheit Unfälle bei der Beschäftigung von Gefangenen, z. B. in Werkstätten, bei denen eine Körperverletzung z. B. mit Blutverlust einherging?

Selbstverständlich ergeben Verletzungen mit Blutverlust entsprechende Erhebungen. sich im Vollzugsalltag Unfälle, die zu führen. Hierzu führt das Justizministerium

Gab es in der Vergangenheit Situationen, in denen Mithäftlinge einem Gefangenen zur Hilfe gekommen sind, der eine Körperverletzung mit Blutverlust erlitten hatte?

Mir selbst sind Einzelfälle dieser Art bekannt. Insbesondere bei einfachen Sportverletzungen oder Verletzungen im Arbeitsbetrieb sind solche Situationen doch ais Normalität einzustufen. Hierbei ist aber nicht nur die Blutung durch Körperverletzung zu nennen. Einfachste Blutungen, beispielsweise beim Nasenbluten, bedingen unter Umständen bereits die Hilfe eines Mitinsassen.

21. Gab es in der Vergangenheit im Umgang mit Gefangenen Situationen, in denen einer oder mehrere Gefangene gegen einen Bediensteten Gewalt verübt, z. b. durch Schläge, Beißen, oder Kratzen?

Situationen dieser Art gab es. Diese sind teilweise in der Presse publiziert worden.

Über die Einzelfälle führt das Justizministerium entsprechende Erhebungen.

22. Außerhalb des Strafvollzugs gelten im Umgang mit AIDS moderne Ansätze der Gesundheitsfürsorge: Nach der Lernstrategie geht das Thema AIDS alle an, d. h., dass die Verantwortung für den Infektionsschutz nicht allein den Menschen mit HIV zugeschrieben werden kann. Durch die Vermittlung von Informationen kann erlernt werden, wie Infektionen vermieden werden können: Wo und wie unterstützt der Strafvollzug in NRW die außerhalb des Vollzuges geltenden AIDS Präventionsstrategien? Wenn sie nicht unterstützt werden, warum nicht?

Was rechtfertigt Abweichungen? Was braucht der Strafvollzug in NRW um die außerhalb des Vollzuges geltenden Lernstrategien umsetzen zu können? Gelten für den Strafvollzug die gleichen Präventionsbotschaften in Bezug auf HIV/AIDS wie für außerhalb?

Wenn dies verneint wird, worin unterscheiden sich die Botschaften?

Keine spezifische Aussage möglich.

23. Wie wird der Stellenwert bzw. das Recht auf informationelle Selbstbestimmung von Menschen mit HIV in nordrhein-westfälischen Strafvollzug bewertet? Welche Alternativen haben Gefangene mit HIV, die am sozialen Leben der Haftanstalten teilnehmen möchten, sich aber aus den genannten Gründen nicht outen wollen?

Dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung von Menschen mit HIV wird m. E. im Strafvollzug durchaus in angemessener Weise Rechnung getragen.

Allerdings sind auch weitere, ebenso schutzwürdige Interessen der anderen insassen und der Bediensteten zu berücksichtigen.