Als rechtlich nicht verbindliche Mindestgröße gelten 30000 ha

Das Biosphärenreservat ist eine Schutzgebietskategorie, die den Schutz großflächiger Kulturlandschaften - wie der Senne - zum Ziel hat. Biosphärenreservate sind Model/regionen, in denen das Zusammenleben von Mensch und Natur beispielhaft entwickelt und erprobt wird.

Sie schützen Kulturlandschaften.. und erhalten und entwickeln wertvolle Lebensräume für Mensch und Natur.. (Leitbild von EUROPARC Deutschland e.v., www.europarcdeutschland.de). Sie sind Gebiete, die vornehmlich der Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung einer durch hergebrachte vielfältige Nutzung geprägten Landschaft und der darin historisch gewachsenen Arten- und Biotopvielfalt, einschließlich Wild- und früherer Kulturformen wirtschaftlich genutzter oder nutzbarer Tier- und Pflanzenarten dienen.. (§ 25 Abs. 1 Nr. 3

Als - rechtlich nicht verbindliche - Mindestgröße gelten 30.000 ha. Biosphärereservate sind in drei Zonen zu gliedern und wie Naturschutzgebiete (NSG) oder Landschaftsschutzgebiete (LSG) zu schützen (§ 25 Abs. 3 Die Zonen sollen nach rechtlich nicht verbindlichen fachlichen Standards folgende Größen haben sollen (Deutsches Nationalkomitee für das UNESCO-Programm MAB, 1996): @ Kernzone (mit Prozessschutz): mind. 3 % der Gesamtfläche, also 900 ha, geschützt als NSG;

Pflegezone (mit Schutz von Kultur-Ökosystemen): mind. 10 %, also 3.000 ha, geschützt als NSG; @ Entwicklungszone (der Lebens-, Wirtschafts- und Erholungsraum der Bevölkerung): mind. 50 %, also 15.000 ha, Ld.R. geschützt als LSG.

Das Biosphärenreservat wurde schon vor seiner gesetzlichen Normierung als Alternative zum Nationalpark erörtert. So urteilte der der Bielefelder Ökologe Professor Dr. S.W. Breckle schon 1993 über die diskutierten Vorstellungen zu den Inhalten eines Nationalparks Senne: In der Regel werden Vorschläge diskutiert, die weniger für einen Nationalpark als vielmehr für ein Biosphären-Reservat geeignet zu sein scheinen.

Das Biosphärenreservat passt insbesondere zu der alten Kulturlandschaft Senne, aber auch zu dem forstwirtschaftlich, für die Erholung, den Tourismus und den Klimaschutz bedeutsamem Teutoburger Wald und dem Eggegebirge deutlich besser als ein Nationalpark. Im Biosphärenreservat wäre die Idee einer umfassenden Nachhaltigkeit umsetzbar44. Auch für die Realisierung der naturschutzfachlichen Ziele bietet das Biosphärenreservat mehr Möglichkeiten45. Allerdings ist auch die Ausweisung eines Biosphärenreservates während der laufenden militärischen Nutzung nicht erforderlich.

Die Idee, in Senne, Teutoburger Wald und Eggegebirge ein Biosphärenreservat einzurichten, trifft daher in der Region auch auf deutlich weniger Widerstand als die Nationalparkpläne. Im Gegensatz zu einem Nationalpark könnte es - nach einem nicht gewünschten Abzug des 43 Mit einem Biosphärenreservat wäre es auch vereinbar, den Senner Pferden wieder Lebensraum in ihrer angestammten Heimat Senne und Teutoburger Wald zurück zu geben. In einem Nationalpark würden dadurch Konflikte mit der natürlichen Waldentwicklung auftreten.

44 Im Übrigen auch einer finanziellen Nachhaltigkeit bzw. einer finanziellen intergenerativen Gerechtigkeit. Denn ein Nationalpark in OWL könnte nur über zusätzliche Schulden in Höhe von vielen Mio. Euro pro Jahr betrieben werden, die bekanntermaßen einmal die folgenden Generationen bezahlen müssen. Ob sie dafür eine angemessene Gegenleistung erhalten, und ob sie den Nationalpark für die ihnen aufgebürdeten Schulden haben wollten, ist äußerst fraglich. Denn zunächst einmal werden Rechte eingeschränkt, die die bislang lebenden Menschen noch haben (z.B. das Recht zur Nutzung eines nachwachsenden Rohstoffes als Baumaterial, Werkstoff oder Energiequelle, oder das Recht zum freien Betreten des Waldes, zum Sammeln von Pilzen, Beeren oder Brennholz). 45 So heißt es in einem Gutachten des Zweckverbandes Naturpark (2005, 44): Um eine internationale Anerkennung zu erlangen, muss das deutlich großflächiger sein als der Nationalpark. Dafür ist es aber auch möglich, in großem Umfang genutzte und auch weiterhin zu nutzende Flächen in das Schutzgebiet einzubringen. Da im Gegensatz zum Nationalpark kein hoher Anteil an vom Menschen möglichst wenig beeinflussten Flächen erhalten oder entwickelt werden muss, sondern nachhaltig bewirtschaftete Kulturlandschaften mit hoher Biodiversität von gleichrangiger Bedeutung sind, erhält der Naturschutz mehr Freiheiten, seine auch den Schutz von Kulturlandschaften umfassenden Ziele zu realisieren, wie sie sich aus den Zielvorgaben unter anderem des Bundesnaturschutzgesetzes, des nordrhein-westfälischen Landschaftsgesetzes, der EU-Vogelschutzrichtlinie und der FFH-Richtlinie ergeben. In stärkerem Maße als bei einem Nationalpark können die in der Region wirtschaftenden und lebenden Menschen in ein Entwicklungskonzept integriert werden.

Militärs! - im Konsens realisierbar sein46. Zudem gibt es prominente Befürworter aus dem Naturschutz, z. B. den ehemaligen Vorsitzenden von EUROPARC Deutschland e.V., Dr. Eberhard Henne47. Auch das Bundesamt für Naturschutz sieht Senne und Teutoburger Wald ggf. als geeignet zur Ausweisung als Biosphärenreservat an (Steer et al. 2008).

Selbst der Nationalpark-Gutachter des Kreises Lippe und des Landesverbandes Lippe, die Roland Berger Strategy Consultants, spricht sich dafür aus, sich im Teutoburger Wald auf das Thema eines Biosphärenreservates zu konzentrieren. Ein reiner Nationalpark bringe für den Kreis Lippe zu wenig. Daher solle auf das Thema Mensch & Natur gesetzt werden: Kemidee ist die touristische Aufbereitung, Forschung und Bildung durch eine Gegenüberstellung von einer Natur ohne Einfluss des Menschen im Nationalpark mit der genutzten Natur. Betrachtet werden sollen der Einfluss des Menschen auf die Natur, die Nutzung der Natur durch den Menschen, die Natur als Ideengeber für den technischen Fortschritt und die Natur als Grundlage zur Erholung und Gesundheit. Das sind die Themen eines Biosphärenreservates nicht eines Nationalparks.

Der Vorschlag aus dem Jahr 2005, ein ca. 88.000 ha großes Biosphärenreservat Weserbergland unter Einschluss von Teutoburger Wald und Egge einzurichten (z.B. LÖBF 2005), scheiterte an unzureichender Unterstützung in der Region. Vor allem wurden - nach der Ausweisung der FFH-Gebiete - weitere Einschränkungen für die Land- und Forstwirtschaft sowie zusätzliche Belastungen für die öffentlichen Haushalte erwartet. Weil mehr als die Hälfte eines Biosphärenreservates maximal als Landschaftsschutzgebiet geschützt werden, waren die Befürchtungen aus der Land- und Forstwirtschaft wohl überzogen.

Dass ein Biosphärenreservat auch in einer deutlich kleineren und damit auch konfliktärmeren Kulisse möglich wäre, hat ein Gutachten des Zweckverbandes Naturpark (2005) ergeben.

Demnach wäre ein Biosphärenreservat in der Größe von 31.200 ha machbar, das sich weitgehend auf den Teutoburger Wald, das Eggegebirge und die Senne beschränkt. Weitere Ausweisungen von (Natur-)Schutzgebieten wären in dieser Kulisse vor allem auf dem Truppenübungsplatz Senne erforderlich, falls die militärisch bedingte Beschränkung der Betretungsbefugnis entfallen sollte. Eine Prozessschutzfläche bräuchte rein rechnerisch lediglich rund 1.000 ha groß sein48 - anstatt mind. 15.000 ha in einem Nationalpark Senne Teutoburger Wald - Egge oder mind. rund 6.500 ha in einem Nationalpark Teutoburger Wald49.

Dass die Idee eines Biosphärenreservates für die Senne, den Teutoburger Wald und die Egge schlüssig ist, belegen die gegen ein Biosphärenreservat vorgetragenen Argumente, denn sie sind nicht naturschutzfachlicher Art und leicht zu widerlegen50.

46 Politische Signale für eine Unterstützung eines Biosphärenreservats in OWL oder zumindest für die Bereitschaft, sich mit dem Biosphärenreservat als Alternative zum Nationalpark zu beschäftigen, gab es u.a. von der SPD in OWL und Lippe sowie von Teilen FDP und der CDU. Die SPD in OWL sprach sich dafür aus, die Forstwirtschaft im Teutoburger Wald und im Eggegebirge fortzusetzen und dort ein Biosphärenreservat auszuweisen. Für diesen Vorschlag wollte die Partei kämpfen, so Frau Ministerin Schäfer (Neue Westfälische (NW) u. Westfalenblatt (WB) 11.11.2010). Der Vorschlag wurde von der SPD in Lippe (Lippische Landeszeitung (LZ) 13.11.2010) sowie von der CDU unterstützt (NW 15.11.2010). Von Seiten der FDP wird für die Senne ein Biosphärenreservat bevorzugt (NW 05.02.2011, NW 24.08.2011,). Die Grünen lehnen ein Biosphärenreservat hingegen ab (z.B. Pressemitteilung U. Koczyvom 11.11.2010). 47 Dr. Henne schrieb mir mit Datum vom 01.05.2011 zur Senne: Unter den Aspekten der Offenhaltung der Heidelandschaft.. wäre ein ständiges Management oder eine extensive Nutzung nötig, was dem großflächigen Prozessschutz eines Nationalparks widerspräche. Es wäre vielmehr zu empfehlen, sich an den Kriterien für die Ausweisung.. von Biosphärenreservaten.. zu orientieren und.. einen solchen Schutzgebietsstatus anzustreben.

Eine..lohnenswerte Aufgabe, wenn man die Senne als historische Kulturlandschaft auf der Grundlage einer nachhaltigen Regionalentwicklung gemeinsam mit der Bevölkerung gestalten wollte.

In dem Gutachten wird - für die Flächen der 1. Prioritätsstufe - eine Kemzone von 3.010 ha (10%) vorgeschlagen.

Die Pflegezone soll 4.620 ha (15%) umfassen, die Entwicklungszone 23.750 ha (75%). Eine Erweiterung der Gebietskulisse um die Flächen der 2. Prioritätsstufe (13.700 ha) sowie um weitere Flächen in der Größe von 33. ha wäre fachlich zu rechtfertigen.

49 Dieser wäre nach LANUV (2011, 40) rund 8.650 ha, jener ca. 20.000 ha groß. 50 So sagte z. B. Herr R. Priggen in der Sitzung des Umweltausschusses in Schlangen am 17.02.2005, dass die Bevölkerung gegen ein Biosphärenreservat sei, weil sie nicht im Reservat leben wolle. Herr Staatssekretär Dr. Th.

Griese wandte gegen das Biosphärenreservat ein, dass es kein Markenname sei, mit dem man für die Region werben könne (Ausschussprotokoll 13/1464). Herr Minister J. Remmel äußerte am 02.02.2011 im Landtag, dass die Senne viel zu wertvoll sei, als letztendlich als Biosphärenregion zu enden. Die Schutzkategorie sei an anderer

Mit einem Biosphärenreservat bzw. einer Biosphärenregion könnten also die naturschutzfachlichen Ziele ebenso realisiert werden wie die erhofften wirtschaftlichen Effekte im Bereich des Tourismus, ohne jedoch die nachteiligen Auswirkungen für die Forst- und Holzwirtschaft, die energetische Holznutzung und die Erholungsmöglichkeiten der in der Region lebenden Menschen, die ein Nationalpark mit sich bringt, zu erzeugen. Mit anderen Worten:

Das Biosphärenreservat bietet alle Vorteile, die von einem Nationalpark erhofft werden, ohne die Nachteile des Nationalparks mit sich zu bringen. Das Biosphärenreservat hat sogar Vorteile, die über die des Nationalparks hinaus gehen, nämlich die Möglichkeit, land- und forstwirtschaftliche Produkte besonders zu vermarkten.

13. Die Argumente für einen Nationalpark haben sich seit 1991 z.T. verändert, überzeugen aber immer noch nicht.

1991 war der Nationalpark ein Abwehrinstrument gegen das Militär, gegen den Tourismus und gegen die Kommunen mit ihren Entwicklungsbedürfnissen. Viele Nationalparkbefürworter gingen von einer Unvereinbarkeit von Naturschutz und Militär aus.

Heute ist bekannt und weithin akzeptiert, dass die militärische Nutzung der Senne ein wesentlicher Grund für die große Vielfalt seltener und gefährdeter Arten und lebensräume ist.

Zwischenzeitlich wurde vor diesem Hintergrund eine Parallelnutzung Nationalpark-Militär Stelle sinnvoll, in der Senne aber nicht (Plenarprotokoll 25/23, S. 2058). Der Förderverein Nationalpark e.v. schreibt zu der Frage Warum nicht Biosphärenreservat?: Dies muss mindestens 30.000 ha sein.

Da die Flächen Teutoburger Wald und Senne zusammen um die 19.000 ha sein werden, müssten noch 10.000 ha landwirtschaftliche Flächen mit einbezogen werden Dies hat die Landwirtschaft bereits 2005 abgelehnt (web.foerderverein-nationalpark-senne.del?p=106).

Das Biosphärenreservat als naturschutzrechtliches Instrument wird also nicht mit naturschutzfachlichen oder rechtlichen Gründen zurückgewiesen. Das Argument, die Menschen wollten nicht im Reservat leben, ist überholt, weil das Biosphärenreservat in NRW Biosphärenregion heißen soll - in einer Region lebt schon jetzt jeder. Dass das Biosphärenreservat kein werbeträchtiger Markenname sei, wird auch anders gesehen (s. z. B. Zweckverband Naturpark 2005). Dort, wo es Biosphärenreservate gibt, verspricht man sich sehr wohl ein erfolgreiches Marketing auf Grundlage des Biosphärenreservates. Die aktuellen Aussagen des Fördervereins Nationalpark bezüglich der Flächenangaben sind durch das Gutachten des Zweckverbandes Naturpark (2005) widerlegt. Danach müssten keine 10.000 ha landwirtschaftliche Flächen einbezogen werden. Auch wenn es so wäre: Diese Flächen würden überwiegend unter Landschaftsschutz stehen und keine rechtlichen Einschränkungen erfahren, die über den aktuellen Schutzstatus hinausgehen.

Zu dem Einwand von Herrn Minister Remmel ist anzumerken, dass ein Nationalpark Senne nur eine nationale Bedeutung hätte, ein Biosphärenreservat hingegen von der UNESCO anerkannt werden sollte und somit eine weltweite Bedeutung hätte. Im Übrigen beruht der aktuelle naturschutzfachliche Wert der Senne weit überwiegend auf den Arten und Biotopen, die bei einer nationalparkkonformen Entwicklung (Prozessschutz) zu einem erheblichen Teil verschwinden würden. Das Argument, die wertvollste Landschaft müsste mit der höchsten werden, ist nur bei Landschaften anwendbar, deren hoher Wert auf den Arten und Lebensräumen der Naturlandschaft beruht. Bei wertvollen Kulturlandschaften passt das Argument nicht.