Eine konkrete Schadensbilanz für den TÜP Senne liegt nicht vor und war bisher wohl auch nicht erwünscht

Bau von Häusern und Übungseinrichtungen - sämtlich Maßnahmen, die das ursprüngliche Landschaftsbild ebenso verändern wie die Abgrabung von Dünen oder Aufwallungen bei Schießanlagen.sowie das Anlegen von Furten in natürlichen Bachtälern (z. B. Grimke). Auch Wasserentnahmen durch das Militär aus eigenen Brunnen haben Einfluss auf den Naturhaushalt und können sich schädigend auswirken.

Eine konkrete Schadensbilanz für den TÜP Senne liegt nicht vor und war bisher wohl auch nicht erwünscht. Gleichwohl gibt es zahlreiche Hinweise auf diese Schadenswirkungen.

Ein erhebliches Problem ist auch dadurch gegeben, dass der Naturschutz - soweit es ihn dort gibt - auf Truppenübungsplätzen prinzipiell ungesichert ist, weil bei Bedarf das Militär Vorrang vor dem Naturschutz hat. Welch gravierende Folgen das haben kann, zeigte drastisch der 2009 geplante Ausbau des TÜP Senne mit 6 Übungsdörfern, einem Höhlenkomplex, Schießhäusern, dem Neubau von Straßen und Panzertrassen in einer Länge von über 40 km bei 6-10 m Breite. Wäre die Planung nach heftigen Protesten nicht drastisch reduziert worden, wäre allein durch den Straßenbau (je nach Breite der Trassen) eine Fläche von 24 - 40 ha versiegelt worden. Die Einbringung von Schotter hätte unter dem Einfluss von Wind und Regen die natürlichen Verhältnisse im weiteren Umfeld der Straßen irreversibel verdorben.

Die jetzt noch unzerstückelte naturnahe Fläche wäre von Straßen zerschnitten worden. Für Kleintierarten wie Laufkäfer, Spinnen, Heuschrecken und Kleinsäuger wären die Straßen zu unüberwindlichen Begrenzungen ihrer Lebensräume und zu Arten schädigenden Ausbreitungsbarrieren geworden.

Wenn gesagt wird; dass Naturschutz und militärische Nutzung zeitgleich möglich seien, muss immer mitbedacht werden, dass dies nur auf freiwilliger Grundlage und bei gleichzeitiger Inkaufnahme erheblicher Schädigungen der Natur durch das Militär zu machen ist. Der beste Naturschutz für die Senne wäre deshalb die Beendigung ihrer militärischen Nutzung und ihre Ausweisung und Entwicklung zum Nationalpark.

2. Die Grunde für diese Konsequenz liegen in der Besonderheit des Gebiets. Darauf machte der Präsident des Deutschen Naturschutzrings, Hubert Weinzierl, in einem Schreiben vom 27. Juli 2011 auch Bundesverteidigungsminister de Maiziere aufmerksam. Zitat: Das Gebiet des TÜP Senne ist seiner Größe, seiner Landschaftsgeschichte und Ausstattung unbestritten einer der ökologisch wertvollsten Landschaftsräume des Landes NRW und von bundes- und europaweiter Bedeutung.

Einem Gutachten des Bundesamtesjür Naturschutz zujolge beherbergt der TÜP die gesamte Naturausstattung der alten Heidelandschaft Westfalens, mit Mooren, Heiden, naturnahen Fließgewässern und Wäldern ; nach einem Abzug der britischen Truppen könnten Waldökosysteme wieder entstehen, die einstjür Teile des Nordwestdeutschen Tieflandes charakteristisch waren und heute kaum noch vorhanden sind. Deshalb besteht hier die Nationalparkwürdigkeit und das Gebiet ist als potenzieller Nationalpark in das Gutachten eingegangen.

Fast die gesamte Fläche wurde als FFH- und Voge/schutzgebiet ausgewiesen und unterliegt damit europarechtlich einem besonderen Schutzanspruch. Die FFH-Lebensräume treten hier in maximaler Flächenausdehnung und beispielhafter Repräsentanz nebeneinander auf Hervorzuheben sind besonders die Sandtrockenrasen, die feuchten und trockenen Heideflächen, die naturnahen Bachtäler und Laubwälder (Eichen-Birken- und Buchenwälder in den verschiedenen Ausprägungen) sowie die Dünenlandschaften und Moorbereiche. Hier leben unter anderem 111 Brutvogel-, 15

Amphibien- und 49 Libellenarten. Geradezu unerschöpflich ist die Insektenwelt. (..) Ca. 850

Arten höherer Pflanzen und ca. 1500 Pi/zarten wurden bisher gefunden. Dieses

Lebensraumgefüge und die außergewöhnliche Artenvielfalt ist die Grundlage für eine auch europaweit herausragende Fauna und Flora. Zahlreiche Arten der Vogelschutzrichtlinie und des Anhangs 11 der FFH-Richtlinie haben hier einen Verbreitungsschwerpunkt und eines der letzten überhaupt noch verbliebenen Vorkommen in NRWund sind von bundesweiter Bedeutung.

Dieser Sichtweise hatte sich auch der vormalige Umweltminister Eckhart Uhlenberg nicht verschlossen, wenngleich er eine Nationalparkausweisung vor Beendigung der militärischen Nutzung (Doppelnutzung) ausschloss. In einer Pressemitteilung vom 1.7.2009 zur Rechtfertigung der deutsch-britischen Vereinbarung über den Schutz von Natur und Landschaft auf Truppenübungsplätzen im Rahmen des Natura 2000-Programms erklärte Uhlenberg:

Das Land wird die naturschutzfachliche Entwicklung in der Senne so steuern, dass eine mögliche spätere rechtliche Ausweisung als Nationalparkfachlichjetzt schon im Umgang mit der Natur in der Senne berücksichtigt wird, zum Beispiel durch Einstellung der Bewirtschaftung aufdafür geeigneten Waldflächen.

Im Hinblick darauf, dass ein Abzug der britischen Streitkräfte absehbar ist, sollte diese Entwicklung im Einvernehmen mit dem britischen Militär jetzt zügig betrieben werden.

3. Im Antrag wird angemahnt, es sei eine Grundvoraussetzung aller Überlegungen in der Region gewesen, dass jegliche Anderung des naturschutzrechtlichen Status nur dann eine Chance und breite Akzeptanz hat, wenn ein regionaler Konsens aller Betroffenen sichergestellt werden kann. Nimmt man diese Formulierung wortwörtlich, dann wäre das Konsensprinzip mit dem Abschluss der o. g. Rahmenvereinbarung bereits krass verletzt worden, weil diese Vereinbarung von den Naturschutzverbänden strikt abgelehnt wurde. Tatsächlich bezog sich der Konsenswunsch aber nicht auf,jegliche Änderung des naturschutzrechtlichen Status, sondern ganz konkret auf das Projekt Nationalpark Senne. Dazu ist grundsätzlich anzumerken: Konsensfindung ist in einer pluralistisch strukturierten Gesellschaft nur möglich auf der Grundlage einer gemeinsamen Konsensbasis. Diese war gegeben durch einen einstimmigen Landtagsbeschluss von 1991, dem alle dem Landtag angehörenden Parteien und alle Abgeordneten der Parteien zugestimmt haben. Der Beschluss lautet: 1. Nach Beendigung der militärischen Nutzung soll unverzüglich ein Nationalpark Senne geschqffen werden. Der Landtagfordert die Landesregierung auf, die dafür notwendigen Schritte zu unternehmen.

2. Der Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN soll bei der weiteren Umsetzung der Beschlussfassung beachtet und bei der weiteren Vorgehensweise der Landesregierung als Material verwendet werden. (Drucksache 11/1610)

In Interpretationen dieses Beschlusses wird die Formulierung nach Beendigung der militärischen Nutzung von Gegnern des Nationalparks jetzt sinnwidrig so ausgelegt, dass damitjegliche militärische Nutzung gemeint sei und damit nur abgewartet werden könne, ob dieses Ereignis eintritt - oder eben auch nicht. Entgegen dieser Auslegung wurde die Landesregierung aber aufgefordert, schon vorher Schritte zu unternehmen. Woran dabei gedacht wurde, ergibt sich aus dem Antrag der GRÜNEN-Fraktion, der bei der Umsetzung des Beschlusses beachtet werden sollte. Dieser Antrag enthält als notwendige Schritte zum Ziel des Nationalparks folgende Forderungen: 1. Die Landesregierung setzt sichfür den baldmäglichen Abzug der in der Senne stationierten Truppen ein und wendet sich zugleich gegen jegliche andere militärische oder naturunverträgliche wirtschaftliche Folgenutzung, sei es als Truppenübungsplatz der Bundeswehr, sei es als Siedlungs- oder Gewerbegebiet(..)

2. Das Gebiet des Truppenübungsplatzes und die daran anschließenden naturnahen und naturgemäß genutzten Landschaftsräume werden im Landesentwicklungsplan 111als Nationalpark ausgewiesen. (..)

3. Aufder Grundlage der Bestandsaufnahme (..) werden eine Satzung sowie ein Entwicklungs- und Nutzungskonzeptfür den Nationalpark erstellt. (Drucksache 11/796)

Dieser Landtagsbeschluss war die gemeinsame Konsensbasis aller Betroffenen und es ist offensichtlich, dass auf dieser Grundlage die Konsenssuche sich allein auf das Wie und Wann, nicht auf das Ob eines Nationalparks beziehen konnte. Wer diese Konsensbasis verlässt, begibt sich auf die Ebene regulärer demokratischer Willensbildung und Entscheidungsfindung

- und da ist Konsens, dass nach dem Mehrheitsprinzip entschieden wird. Wäre es anders, könnten partikulare Interessengruppen jederzeit auch am Gemeinwohl orientierte Mehrheitsbildungen durch Einforderung von inhaltlichem Konsens blockieren und demokratische Entscheidungen verhindern. In diesem Zusammenhang ist von Belang: Der Kreistag Lippe hat mit der großen Mehrheit von CDU, SPD und Grünen die Errichtung eines Nationalparks beschlossen; eine repräsentative Meinungsumfrage des EMNID-Instituts in den Kreisen Lippe, Paderborn, Höxter und Gütersloh sowie in der kreisfreien Stadt Bielefeld hat im Oktober 2008 ergeben, dass 86 % der Befragten einen Nationalpark in der Region befürworten; eine nicht repräsentative Leserbefragung der Lippischen Landeszeitung vom Juli 2011 hat ebenfalls eine Zwei-Drittel-Mehrheit für den Nationalpark ergeben.

Zull.

Die Behauptung, dass die Einrichtung eines Nationalparks für die wirtschaftliche Entwicklung der Region kontraproduktiv sei, wird im Antrag nicht belegt. Die unterstellten negativen Auswirkungen auf die heimische Holz- und Mäbelindustrie werden weder quantifiziert noch benannt. Das zum Nationalpark Teutoburger Wald eingeholte Wirtschaftlichkeitsgutachten der Unternehmensberatung Roland Berger Strategy Consultans ist da konkreter. Es kommt zu dem Schluss: Die Mäbelindustrie (..), die Holzbau- sowie die Zellstoff-, Papier- und Druckindustrie sindjeweils nicht von lokalen Holzlieferungen abhängig. Sie sind daher wirtschaftlich nicht von einem Nationalpark im Teutoburger Wald betroffen. Zur Forst- und Holzwirtschaft heißt es im Gutachten: Reine Nadelwaldjlächen werden sukzessive in Laubwald umgewandelt. Die dabei anfallenden Nadelholzmengen liegen bei einem Entwicklungszeitraum von 45 Jahren rund 20 Jahre lang aufdem aktuellen Nutzungsniveau oder sogar darüber. Während bei Nadelholz also für Jahrzehnte sogar mit einem größeren Holzaufkommen gerechnet werden kann, wird es eine regionale Reduzierung nur bei Laubholz geben. Ein Gutachten zur Senne käme wohl zu einem ähnlichen Ergebnis.

Auch für den unterstellten Entzug oder die Nutzungseinschränkung wertvoller landwirtschaftlicher Nutzjlächen, welche angeblich die Wirtschaftskraft der Region belasten, gibt es keinen Beleg. Der Truppenübungsplatz Senne - und nur davon ist im Antrag die Rede - ist fast vollständig FFH- und Vogelschutzgebiet und kann deshalb weder jetzt noch nach Aufgabe der militärischen Nutzung eine wertvolle landwirtschaftliche