AFio wie telefonisch besprochen sende ich Ihnen anbei den erbetenen Text der Stellungnahme

Wie hat sich die politische Bildung in den letzten Jahren mit Blick auf die Radikalismusprophylaxe entwickelt?

Der Schüler wird geprägt durch eine insgesamt fördernde und fordernde Lernkultur des Ensembles Schule, die erst dann fördern kann, wenn die Forderungen definiert sind.

Standards entstehen nicht beliebig, vor allem entstehen sie nicht aus Selbstdeutungen oder Motivationserwartungen, die eher nur situativen Aktivismus befördern (Jürgen Oelkers).

Als Hans-Ulrich Wehler vor etlichen Jahren in der FAZ unter der Überschrift Jugend ohne Geschichte eine harsche Polemik gegen die Schulpolitik formulierte, konnte der Geschichtslehrerverband noch im guten Glauben dagegenhahen, dass es mit dem Geschichtsunterricht in unserem Bundesland nicht derart im Argen läge.

Wenn der frühere Direktor des Deutschen Historischen Museums Hans Ottomeyer in einern Spiegel-Gespräch feststellt: Es gibt eine wachsende Desorientierung. Unser kulturelles Gedächtnis löst sich auf (..) Wer seine eigenen Wurzeln nicht kennt, versteht am Ende gar nichts mehr, so fällt es in Anbetracht der Stundentafeln der Sekundarstufe I des achtjährigen Gymnasium schwer, dem zu widersprechen.

Die seinerzeitige bürgerliche Koalition in Düsseldorf hat die schärfste quantitative Kürzung des Geschichtsunterrichts um ein Viertel in der Sekundarstufe I des Gymnasiums zu verantworten, was für NRW im Vergleich zu allen Bundesländern den letzten Platz 16 bedeutet. Die rot-grüne Koalition hat daran nichts geändert.

Mit den verbleibenden 6 (l) Jahrgangs-Stunden ist das von den Lehrplänen erwartete und für die folgende Sekundarstufe 11 vorausgesetzte - sichere Orientierungswissen nicht mehr zu gewährleisten.

Die banale Alltagsempirie bestätigt diesen Befund; die Lücke im Lehrgang in der Jahrgangsstufe 7 oder 8 am Gymnasium fördert das Vergessen von ein oder gar zwei Jahren (=160 Stunden) Geschichtsunterricht (GU) ungemein.

Die systembedingte Nichtwahlmöglichkeit in der Sekundarstufe II - mit der Notkonstruktion des Ersatzkurses in der bisherigen 13 - verhindert weithin eine entwicklungsgemäß vertiefende historisch-politische Bildung bei bewusster (?) Ent-Historisierung der meisten Fächer.

2. Wie erreichtpolitische Bildung die für politischen Extremismus empfänglichen Personen?

s. Stellungnahme zu Frage 1.

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3. Gibt es Erfahrungen mit der Demokratieerfahrung von extremistischen Personengruppen?

Da die empirische Forschung in der Geschichtsdidaktik im Argen liegt und ein immerwährendes Desiderat bleibt, kann nur auf Bodo von Borries und seine Untersuchung Youth and History zurückgegriffen werden, deren Ergebnisse einen intensiven, jahrgangsmäßig durchgängigen, sich auf Wesentliches konzentrierenden Geschichtsunterricht zwingend nahelegen.

4. In welchem Umfang werden in den Schulen Anlässe geschaffen, um politische und demokratische Bildung zu leben?

Projekttage und -wochen mit entsprechenden Themen, Teilnahme an den vielfältig ausgeschriebenen Wettbewerben zur politischen und historischen Bildung - dies ist alles noch zu erweitern und zu verbessern, entscheidend bleibt jedoch die alltägliche Demokratieerfahrung in der Schule als ein die Jugendzeit immer noch entscheidend prägendes System.

5. Wie beurteilen Sie die Mitwirkungsmöglichkeiten aller Beteiligten in den Schulen im Hinblick auf die poltische Bildung?

Ergänzend zu Frage 4: Die Drittelparität hat für die Lehrkräfte die Partizipationsmöglichkeiten zurückgestutzt, für Eltern und Schüler hingegen gestärkt. Alltagserfahrung ist, dass vielfach Schüler die angebotenen Partizipationsmöglichkeiten nicht genügend wahrnehmen, wie u.a. an der oftmals nicht vorhandenen Vertretung in den Fachkonferenzen zu erkennen ist.

6. Welche gesellschaftlichen außerschulischen Akteure sind bei der Vermittlung von politischer Bildung neben der Schule zu beteiligen (Jugendverbände, Stiftungen, NGOs, Parteien, usw.)?

Wenn neben der Schule gemeint ist, sollte die Frage nicht von einem Schulfachverband beantwortet werden. Im Übrigen werden in einer guten Schule alle diese Partner als Experten in den Unterricht mit eingebunden, was sich in der Ganztagsschule noch erhöhen und intensivieren wird (Nachmittagsbetreuung).

7. Welchen Stellenwert haben partizipative Elemente in der politischen Bildung und wie können sie verankert werden?

Vor allem in einer Obligatorik im Methodenteil von Lehrplänen.

8. Wie kann die Zusammenarbeit mit außerschulischen Trägern in der politischen Bildungsarbeit der Schulen verbessert werden?

s. Frage 6, ist in der Alltagspraxis v.a. eine Frage der Lehrplanfüllung, der Organisation und der finanziellen Ausstattung.