Zusatz zu Ortsnamen

Viele Städte in Hessen haben ihren Ortsnamen einen kennzeichnenden Zusatz beigefügt (Universitätsstadt, Wissenschaftsstadt, Barbarossastadt).

Diese Vorbemerkung der Fragesteller vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt:

Frage 1. Welche formalen Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um eine solche Zusatzbezeichnung zu erhalten?

Gemeinden können zum einen solche Bezeichnungen nach § 13 Abs. 2 Satz 1 Hessische Gemeindeordnung (HGO) weiterführen, die ihnen nach "altem Recht" vor Entstehung des Landes Hessen verliehen worden sind. Beispielsweise sind vier hessische Gemeinden berechtigt, die Bezeichnung "Marktflecken" weiterzuführen. Zum anderen kann der Minister des Innern nach § 13 Abs. 2 Satz 2 HGO Bezeichnungen, die auf der geschichtlichen Vergangenheit, der Eigenart oder der Bedeutung der Gemeinde beruhen, verleihen. Ein Rechtsanspruch auf die Verleihung besteht nicht.

Eine auf der geschichtlichen Vergangenheit der Gemeinde beruhende Bezeichnung kann nur verliehen werden, wenn die Gemeinde in einem ganz besonderen, weithin bekannten Maße mit einem geschichtlichen Ereignis verknüpft ist oder eine geschichtliche Rolle gespielt hat und wenn heute noch ein Interesse daran besteht, die Erinnerung an diese Tatsache wach zu halten (zum Beispiel "Barbarossastadt" Gelnhausen). Ein solcher Verleihungsantrag ist nur erfolgversprechend im Zusammenhang mit einer befürwortenden Stellungnahme des Hessischen Hauptstaatsarchivs. Mit der restriktiven Verleihungspraxis wird einer Inflation dieser Namenszusätze entgegengewirkt und der Wert der Bezeichnungen hervorgehoben.

Auf die Bedeutung der Gemeinde stellt die Bezeichnung "Kreisstadt" ab, die von den Sitzgemeinden der Kreisverwaltungen beantragt werden kann. Von den 21 Verwaltungsstandorten der Landkreise führen derzeit 13 diese Bezeichnung. Städten, die Sitz einer Universität sind, kann auf Antrag die Bezeichnung "Universitätsstadt" verliehen werden. Die Städte Gießen und Marburg tragen als Sitz alter Hochschulen diesen Titel. Wiesbaden erhielt die Bezeichnung "Landeshauptstadt".

Die am häufigsten geführte Bezeichnung ist der dem Gemeindenamen vorangestellte Titel "Bad". Mit diesem Zusatz wird die Eigenart der Kurgemeinden hervorgehoben. Grundlage für dessen Verleihung ist eine Stellungnahme des vom Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung beim Regierungspräsidium Kassel eingerichteten Fachausschusses für Kurorte, Erholungsorte und Heilbrunnen (vgl. Nr. 3 der Richtlinien des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung vom 15. Oktober 2001 über die Anerkennung von Kurorten, Erholungsorten und Heilbrunnen in Hessen, StAnz. S. 3876). Aussicht auf eine befürwortende Stellungnahme durch den Fachausschuss besteht in der Regel nur bei Heilbädern (in Ausnahmefällen auch bei Kneipp-Heilbädern), die sich als "Heilbad" schon über einen längeren Zeitraum bewährt haben.

Eine Liste der Gemeinden, denen der Minister des Innern seit 1945 eine Zusatzbezeichnung i.S.v. § 13 Abs. 2 HGO verliehen hat ist unter der Internetadresse www.hmdi.hessen.de veröffentlicht.

Im Übrigen steht es den Gemeinden unabhängig von den vorstehenden Zusatzbezeichnungen frei, im nicht amtlichen Verkehr örtliche Besonderheiten mit dem Gemeindenamen in Verbindung zu bringen.

Frage 2. Aus welchen Motiven beantragen Kommunen eine solche Bezeichnung?

Die Gemeinden, die beim Minister des Innern einen Antrag nach § 13 Abs. 2 Satz 2 HGO stellen, müssen nicht mitteilen, warum sie diese Initiative ergreifen. Ihre Motive sind der Genehmigungsbehörde daher nicht bekannt.

Frage 3. Welche Vorteile hat diese Qualifizierung?

Rechtliche Vorteile gegenüber anderen Kommunen bestehen nicht. Im Übrigen verweise ich auf die Antwort zu Frage 2.

Frage 4. Würde die Landesregierung die Bezeichnung "Grimm-Stadt" für Steinau an der Straße unterstützen?

Die Stadt Steinau an der Straße hat mit Schreiben vom 12. Juli 2005 die Verleihung der Bezeichnung "Grimm-Stadt" beantragt. Nach einer Stellungnahme des Hauptstaatsarchivs Wiesbaden wurde dieser Antrag mit Erlass vom 2. November 2005 abschlägig beschieden. Das Hauptstaatsarchiv hat in seiner Einschätzung deutlich gemacht, dass alleine in Hessen neben Steinau an der Straße mit Hanau, Kassel und Marburg weitere drei Städte in der Lage seien, geschichtliche Bezüge zu den Brüdern Grimm herzustellen.

Dabei sei es unmöglich, einen Ort zuungunsten der anderen hervorzuheben.

Das Beispiel der Brüder Grimm zeige vielmehr, dass das Gedenken an herausragende Persönlichkeiten oft genug gerade nicht an einem bestimmten Ort festzumachen sei.