Unfallversicherung

Durch das Gesetz zur Eingliederung der Versorgungsämter in die allgemeine Verwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen - Eingliederungsgesetz - (Artikel 1 des Zweiten Gesetzes zur Straffung der Behördenstruktur in Nordrhein-Westfalen vom 30.10.2007) sind die Versorgungsämter im Zuge der Verwaltungsstrukturreform zum 31.12.2007 aufgelöst und die dort bislang wahrgenommenen Aufgaben nach dem Sozialen Entschädigungsrecht zum 01.01.2008 auf die Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen-Lippe übertragen worden (§ 4 Abs. 1 Eingliederungsgesetz). Die Aufsichtsfunktion der Bezirksregierung Münster ist mit der Aufgabenübertragung entfallen (Art. 2 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Eingliederung von Landesoberbehörden und unteren Landesbehörden in die Bezirksregierungen). Die Fachaufsicht liegt seitdem ausschließlich bei der obersten Landesbehörde, dem Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales (bis 14.07.2010: Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales) des Landes Nordrhein-Westfalen (§ 4 Abs. 2 Satz 2 Eingliederungsgesetz).

Die nach einer bundesrechtlichen Zuständigkeitsverordnung den Landesversorgungsämtern vorbehaltenen Aufgaben (u.a. Kuren, Kapitalabfindungen, Regress) sind mit der Landesverordnung über die Zuständigkeiten im Bereich des Sozialen Entschädigungsrechts vom 18.12.2007 SER) weiterhin der Bezirksregierung Münster zugewiesen worden (§ 1 der SER). Darüber hinaus erfolgt dort die Produktbetreuung sowie die Qualitätssicherung des IT-Fachverfahrens.

Die Landschaftsverbände nehmen die Aufgaben nach dem Sozialen Entschädigungsrecht als Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung wahr (§ 4 Abs. 2 Satz 1 Eingliederungsgesetz). Nach der Gesetzesbegründung zu § 4 Abs. 2 des Eingliederungsgesetzes soll bis zum 31.10.2010 eine Evaluation zur Klärung der Frage erfolgen, ob die Aufgaben zukünftig als Selbstverwaltungsaufgaben den Landschaftsverbänden übertragen werden können.

Relevante Kennziffern und Entwicklungen

Derzeit (Stand: 31.12.2009) erhalten noch rund 66.000 Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen monatlich laufende Rentenzahlungen nach dem Sozialen Entschädigungsrecht; bei der Aufgabenübernahme durch die Landschaftsverbände (Stand: 31.12.2007) waren es knapp 83.000. Das Antragsvolumen nach dem Opferentschädigungsgesetz liegt unverändert bei rund 6000 Anträgen pro Jahr.

Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung

Die Aufgabenwahrnehmung in Form einer Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung hat der Gesetzgeber bewusst gewählt, um im Wege des staatlichen Wei- 47 sungs- und Aufsichtsrechts gewährleisten zu können, dass die Aufgaben landeseinheitlich erfüllt werden (vgl. Gesetzesbegründung zu § 4 Eingliederungsgesetz).

Dabei wurde gewürdigt, dass es sich bei dem Sozialen Entschädigungsrecht um eine sehr ausdifferenzierte Rechtsmaterie mit einer hohen Einzelfallorientierung handelt. Neben den originären anspruchsbegründenden Rechtsvorschriften des Sozialen Entschädigungsrechts existieren vielfältige Bezüge zu anderen Leistungsgesetzen im Sozialrecht. Hierzu zählen Verfahrensvorschriften nach dem SGB I, X als auch Regelungen aus anderen Sozialgesetzbüchern wie etwa der Kranken-, Renten- oder Unfallversicherung.

Darüber hinaus wurde mit dieser Form der Aufgabenzuweisung berücksichtigt, dass als Ausfluss der sich aus dem Bundesrecht ergebenden Aufgabenverpflichtung für die Länder, insbesondere zur Sicherstellung einer hoch qualifizierten Versorgung der Kriegsopfer, eine angemessene Steuerungs- und Kontrollfunktion des Landes gegenüber den Landschaftsverbänden als höhere Kommunalträger erhalten bleibt.

Mit der nach § 4 Abs. 2 Satz 3 des Eingliederungsgesetzes eingeräumten Befugnis, den Landschaftsverbänden im Rahmen der Fachaufsicht allgemeine und besondere Weisungen zu erteilen, um die gesetzmäßige Aufgabenerfüllung zu sichern, konnte die Auflösung der Versorgungsverwaltung als staatlich nachgeordneter Bereich des damaligen Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales ohne Einbußen bei der Bearbeitungsqualität umgesetzt werden. Die daraus resultierende Sicherstellung der einheitlichen Rechtsanwendung in Nordrhein Westfalen war auch die entscheidende Voraussetzung dafür, dass bei den gegenüber der Verwaltungsreform kritisch eingestellten Sozialverbänden für ein notwendiges Maß an Akzeptanz geworben werden konnte.

Tätigkeit der Fachaufsicht

Die für das Land hieraus abgeleitete einer einheitlichen Rechtsanwendung erfolgt derzeit über die Ausgestaltung der Fachaufsicht durch das MAIS. Hierzu gehören zentrale Klärung von Grundsatz- und Rechtsfragen für die Anwender bei den Landschaftsverbänden, zeitnahe Informationen, Arbeitshilfen sowie Erlasse an die Landschaftsverbände über rechtliche Änderungen mit Auswirkungen auf das Soziale Entschädigungsrecht im gesamten Sozialleistungsrecht und anderen relevanten Rechtsgebieten, die Überprüfung der Rechtsanwendung anhand von Bürgereingaben und Petitionen, die Zusammenarbeit sowie die Abstimmung auf Bund-Länderebene.

Die einheitliche Rechtsanwendung wird ergänzt durch IT-Fachverfahren auf einer SAP - Plattform, mit denen sichergestellt wird, dass rechtliche Vorgaben landeseinheitlich in entsprechende Bescheide an Leistungsempfänger umgesetzt werden. Die notwendigen Kosten für den Betrieb, Pflege und für die Weiterentwicklung dieses Verfahrens trägt nach § 24 des Eingliederungsgesetzes das Land.

Die Landschaftsverbände erhalten dieses Angebot kostenfrei.

Mit der einheitlichen SAP-Fachanwendung werden im SER nahezu alle Verwaltungsverfahren und Vorgänge abgewickelt. Für diese komplexen und oftmals sehr unterschiedlichen Verfahren sind die Abläufe programmiert. Diese ausdifferenzierte Vorgangssteuerung ist eine enorme Arbeitshilfe für die Anwender und sichert gleichzeitig die landeseinheitliche Rechtsanwendung. Dies gilt insbesondere bei Rechtsänderungen, die ansonsten nur mit hohem Zeitverzug gegenüber den Leistungsempfängern umgesetzt werden könnten.

Mit wenigen Ausnahmefällen werden alle Rentenberechungen bei Beschädigten (Grundrente, Kleiderverschleißpauschale, Führzulage, Pflegezulage und Pflegebeihilfe, Schwerstbeschädigtenzulage, Ausgleichsrenten, Berufsschadensausgleich) und bei Hinterbliebenen (Grundrenten, Ausgleichsrenten, Elternrenten, Schadensausgleich und Pflegeausgleich) sowie einmalige Leistungen wie Sterbeund Bestattungsgeld sowie Heiratsabfindungen maschinell berechnet und in der Bescheidbegründung in Tabellenform dargestellt.

Außerdem werden mit der SAP-Software weitere Aufgaben und bundesgesetzliche Vorgaben (Rentenauskunftsverfahren, Meldungen an die BMASSozialdatenbank, Sterbedatenabgleich) zentral abgewickelt. Die turnusmäßigen Rentenanpassungen zum 01.07. eines Jahres sind beispielsweise soweit automatisiert, dass über 90 % der laufenden Rentenfälle ganz oder teilweise maschinell angepasst werden. Dadurch wird das Arbeitsaufkommen für die Sachbearbeiter bei den Landschaftsverbänden auf ein nicht zu vermeidendes Minimum begrenzt.

Die Wartung und Pflege der Software wird durch IT.NRW, Niederlassung Münster (vormals GGRZ Münster) wahrgenommen. Die fachlichen Vorgaben erstellt grundsätzlich das Fachreferat im Rahmen der Fachaufsicht. An der Schnittstelle zwischen IT.NRW und den fachlichen Vorgaben befindet sich das Dezernat 29.3

(PO) der Bezirksregierung Münster, welches u.a. als Übersetzer der fachlichen Vorgaben für die Programmierung bei IT.NRW fungiert. Nur so lässt sich ein reibungsloser Betrieb der SAP-Fachanwendung sicherstellen.

Vor diesem Hintergrund konnten die beiden Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen-Lippe die Aufgaben nach dem Sozialen Entschädigungsrecht von Anfang an sachgerecht erledigen.