Emschergenossenschaft

Da somit aufgrund der lediglich vorhandenen sachlich-inhaltlichen Legitimation in Form von Gesetzesbindung und staatlichen Aufsichtsrechten ein Defizit an demokratischer Legitimation entstehe, sei funktionale Selbstverwaltung verfassungsrechtlich nur beschränkt zulässig (vgl. Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. 20 Abs. 2 GG zu messen.

Das bedeutet im Bereich der funktionalen Selbstverwaltung nicht, dass dies im Wege einer lückenlosen personellen Legitimationskette vom Volk zum einzelnen Entscheidungsbefugten zu geschehen hat. Verbindliches Handeln mit Entscheidungscharakter ist den Organen von Trägern der funktionalen Selbstverwaltung aus verfassungsrechtlicher Sicht aber nur gestattet, weil und soweit das Volk auch insoweit sein Selbstbestimmungsrecht wahrt, indem es maßgeblichen Einfluss auf dieses Handeln behält. Das erfordert, dass die Aufgaben und Handlungsbefugnisse der Organe in einem von der Volksvertretung beschlossenen Gesetz ausreichend vorherbestimmt sind und ihre Wahrnehmung der Aufsicht personell demokratisch legitimierter Amtswalter unterliegt. Andererseits akzeptiert das Gericht in diesem Zusammenhang, dass die durch das Gesetz über die Emschergenossenschaft und den Lippeverband vorgesehene Aufsicht neben der Rechtsaufsicht nur Ansätze einer Fachaufsicht vorsieht.

Nur eine uneingeschränkte Fachaufsicht aber wahrt die Weisungsgebundenheit der Amtswalter bei der Erfüllung ihrer Verwaltungsaufgaben.

(3) Unabhängig hiervon ist diese Lockerung der verfassungsrechtlichen Maßstäbe (wie weit sie auch genau reicht) jedenfalls auf den Bereich der funktionalen Selbstvervvaltung beschränkt.

Hierunter versteht das Bundesverfassungsgericht einen historisch gewac.hsenen und von der Verfassung grundsätzlich anerkannten Bereich nicht-kommunaler Selbstverwaltung, der im Übrigen sehr heterogene Erscheinungsformen aufweist und zusammenfassend als funktionale Selbstverwaltung bezeichnet wird.

Ihr besonderes Kennzeichen ist die organisierte Beteiligung der sachnahen Betroffenen an den sie berührenden Entscheidungen. Jenseits dieses Bereichs funktionaler Selbstverwaltung sollen hingegen die bisherigen Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts weiterhin Beastand haben. Dies machen folgende Passagen des Urteils deutlich:

Außerhalb der unmittelbaren Staatsverwaltung und der in ihrem sachlich-gegenständlichen Aufgabenbereich nicht beschränkten gemeindlichen Selbstverwaltung [sie!] ist das Demokratiegebot offen für andere, insbesondere vom Erfordernis lückenloser personeller demokratischer Legitimation aller Entscheidungsbefugten abweichende Formen der Organisation und Ausübung von Staatsgewalt. [.. ] Im Rahmen der repräsentativ verfassten Volksherrschaft erlaubt das Grundgesetz auch besondere Formen der Beteiligung von Betroffenen bei der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben. Die funktionale Selbstverwaltung ergänzt und verstärkt insofern das demokratische Prinzip. Sie kann als Ausprägung dieses Prinzips verstanden werden, soweit sie der Verwirklichung des übergeordneten Ziels der freien Selbstbestimmung aller (vgl. 44, 125 <142>; Emde, Die demokratische Legitimation der funktionalen Selbstverwaltung, 1991, S. 356 f.) dient.

[..] Sowohl das Demokratieprinzip in seiner traditionellen Ausprägung einer ununterbrochen auf das Volk zurückzuführenden Legitimationskette für alle Amtsträger als auch die funktionale Selbstverwaltung als organisierte Beteiligung der sachnahen Betroffenen an den sie berührenden Entscheidungen verwirklichen die sie verbindende Idee des sich selbst bestimmenden Menschen in einer freiheitlichen Ordnung (Art. 1 Abs. 1 GG; dazu auch Maihofer, in: Handbuch des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland,

2. Aufl., 1994, S. 490 ff.).

Das demokratische Prinzip des Art. 20 Abs. 2 GG erlaubt deshalb [seil. aufgrund der das Demokratiegebot ergänzenden und verstärkenden Bedeutung von funktionaler Selbstverwaltung], durch Gesetz - also durch einen Akt des vom Volk gewählten und daher klassisch demokratisch legitimierten parlamentarischen Gesetzgebers - für abgegrenzte Bereiche der Erledigung öffentlicher Aufgaben besondere Organisationsformen der Selbstverwaltung zu schaffen.